Element of Crime präsentierte in Köln auf ihrer ausverkauften „Unscharf mit Katze“-Tour ein mitreißendes Konzert voller Nostalgie.
Kölner PhilharmonieElement of Crime treffen mitten ins Herz

In Würde gealtert: Element of Crime gastierten in der Philharmonie
Copyright: Felix Zimmermann
Wann ist man alt? Wenn man sich darüber freut, dass eine Band noch eine Homepage hat und darauf, mit stoischer Unbelehrbarkeit, ihrer Vita das Erscheinen einer neuen LP, für Langspielplatte, hinzufügt? Wenn man sich bei einem Konzert ein T-Shirt kauft, auf dem steht „Too old to die young“? Oder schon 1999, zumindest akustisch, durch die Straßen von Berlin getaumelt ist, so als wär’ man jung und schön? Bei Menschen, auf die das alles zutrifft, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie Mittwochabend in der Kölner Philharmonie waren. Um sich beim großartigen Konzert von Element of Crime kein bisschen alt zu fühlen.
Alter ist ja ohnehin ziemlich relativ. Selbst einer wie Ansa Sauermann, Sänger, Songschreiber und ein guter Freund der Band, der das Vorprogramm bestreitet, singt mit zarten 36: „Bin alt geworden, aber sterben werd’ ich jung.“ Was ein herber Verlust wäre. Denn der noch in der DDR geborene Dresdener, der jetzt in Wien lebt, ist tatsächlich, wie von Sven Regener angekündigt, ein wunderbarer Musiker. Und weil es in seinem Repertoire zwar richtig saftige Gassenhauer gibt, wie den Publikums-Hit „Frühstück um 10“, aber auch so poetische Beschwörungen von der Kraft der Zweisamkeit wie „Ich beruhige deine Schatten, du besiegst meine Angst“. Zwei Zeilen, die durchaus auch von Element of Crime sein könnten.
Zwei Stunden, 18 Stücke, sechs Zugaben
Das Kölner Konzert im Rahmen der „Unscharf mit Katze“-Tour ist restlos ausverkauft, und bei dem mordsmäßigen Jubel, der Sven Regener entgegen schallt, so bald er das erste Mal die Bühne betritt, weiß man auch warum. Seit der ersten, 1986 erschienenen, Langspielplatte (!), damals noch komplett auf Englisch, sind 40 Jahre vergangen. Und viele, wenn nicht gar die meisten im Publikum, waren von Anfang an dabei. Haben, vielleicht, zeitweilig, die Band aus den Augen verloren, sich aber immer wieder neu verliebt. Wenn nicht schon bei Charly Hübner Film „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ über Element of Crime und die Musikszene der 1980er in Berlin, der 2024 in Arthouse-Kinos lief, dann jetzt und hier.
Fast zwei Stunden, 18 Stücke und sechs Zugaben lang, durchpulst die – Sorry, aber der muss jetzt sein! - kriminelle Energie der Bremer den Konzertsaal wie Strom ein Kraftwerk. In dessen Mittelpunkt Sven Regener steht. Noch immer haut er die Silben so lässig raus, als seien das Dartpfeile, die er wirft, ohne dabei hinzugucken – und jedes Mal garantiert ins Schwarze zu treffen. Mitten ins Herz. „Unscharf mit Katze“ heißt der erste dieser zielsicheren Würfe mit ohne Anstrengung. Wilde Begeisterung. Und eine nicht ganz ernst gemeinte Replik des Frontmanns: „Ja. Wir spielen noch'n Lied und dann mal sehn – bis jetzt ging es ja ganz gut.“

Tolle Szenerie: Element of Crime in der altehrwürdigen Philharmonie
Copyright: Felix Zimmermann
Mit „Jung und schön“, „Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang“ und „Weil es schön war“ geht es dann, im Regenerschen Duktus, „ganz gut“ weiter. Will heißen: fantastisch. Der Motor, der diese Seelen-Schiffschaukel zwischen Melancholie und Liebesseligkeit, Pop und Chanson, warmen Orten und kalten Straßen antreibt, stottert kein bisschen. „Ferien von dir“, „Dunkle Wolken“ und „Ohne dich“, Don’t You Smile“, „Am Ende denk ich immer nur an dich“. „Ein Hotdog unten am Hafen“ und „Vier Stunden vor Elbe 1“. Man möchte sie alle aufzählen. Alle. Alle Stücke, die dieser Glücksgenerator gebiert.
Der aber eindeutig katzenlastig ist. Eigentlich sollte das letzte Album ja auch „Unscharf mit Katze heißen“, so wie jetzt die Tour. Aber nach „Schafe, Monster und Mäuse“ (2018) und „Lieblingsfarben und Tiere“ (2014) schon wieder ein Tier? Felis catus hat die Setliste dennoch infiltriert. Nicht nur als Untermieterin der letzten Zugaben „Weißes Papier“, „Alles in Ordnung“ oder „Dieselben Sterne“: „Überall waren Katzen!“ Wir sind von Katzen besessen! Aber andererseits nicht schlecht – Katzen sind beliebt, das kann man auch im Internet sehen.“ Element of Crime kann man da auch anschauen. Aber live ist allemal schöner.