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Vogelspinne macht ‚Plopp‘Die Kölner Tierhelfer und ihre aufregendsten Einsätze

Lesezeit 5 Minuten
Eine Vogelspinne.

Eine Vogelspinne.

Rund 400 Einsätze haben die Tierhelfer der Kölner Feuerwehr pro Jahr. Sie stehen schon mal zwischen 90 Katzen in einer Wohnung oder fischen mehrere Aquarien leer. Und nicht selten fließen Tränen nach dem Einsatz.

Acht haarige, rot und schwarz gestreifte Beine, ein Handteller großer Körper: Die Vogelspinne auf dem Gehsteig hatte der Frau einen tüchtigen Schrecken eingejagt. Beherzt hatte ein Nachbar einen Eimer über das Tier gestülpt − und die Feuerwehr gerufen. „Dann machte es so komisch ,plopp’ als wir einen Pappdeckel unter den Eimer geschoben und ihn umgedreht haben“, sagt Feuerwehrmann Holger Schnell. Er ist seit gut 25 Jahren auf dem Tiertransport der Kölner Berufsfeuerwehr unterwegs. Unzählige Tiere von Spinnen, Schlangen, Echsen und Schildkröten über Vögel bis hin zu einem Pony hat er eingefangen. „,Plopp’ hat es noch nie gemacht.“ Kein Wunder. Die Spinne war aus Plastik. „Aber gut gemacht“, unterstreicht der 55-Jährige.

Schwein in der Etagenwohnung

„Heftig war die Wohnung mit den über 90 Katzen. Den Einsatz hatten wir beide zusammen“, erinnert sich Einsatzleiter Josef Nehler. Verfilzt und nicht eben freundlich empfingen die Perser die Männer vom Tiertransport. „Die Besitzerin war ins Krankenhaus gekommen, Nachbarn hatten uns alarmiert“, sagt Nehler. Dass ein Halter in die Klinik oder in ein Seniorenheim kommt, gehört zu den Gründen, weshalb der Tiertransport ausrückt.

Tierhelfer der Feuerwehr Köln. Im Hintergrund das Fahrzeug mit der Aufschrift „Tiertransport“.

Viel unterwegs mit großem Besteck: Josef Nehler (l.) und Holger Schell.

Die Feuerwehrleute befördern die Tiere in ein Tierheim. Dafür nutzen sie einen Transporter mit einem eingebauten Metallkäfig, in den ein kleines Pony passen könnte. Drinnen ist eine Unmenge Zubehör: unterschiedliche Schlingen an Teleskopstangen, Greifzangen, Haken, um die sich Schlangen wickeln können, dicke ellenbogenlange Schutzhandschuhe, Leckerlis zum Locken von Katzen und Hunden, Fang- und Wurfnetz, eine „Schlangenkiste“ aus Plexiglas, ein bissfester Anzug, Maulkörbe, Leinen, ein Falknerhandschuh, Drahtkäfige in diversen Größen, Bolzenschneider … „Oft müssen wir improvisieren“, sagt Schnell. Meist gilt der Einsatz Hunden oder Katzen. Aber nicht nur. „Die Leute halten alles Mögliche in ihren Wohnungen“, weiß Schnell. „Kollegen haben mal ein Schwein aus einer Etagenwohnung geholt“, ergänzt Nehler.

Spezialgeräte im Fahrzeug.

Viele Spezialfahrzeuge wie Greifzangen stehen in dem Einsatzfahrzeug zur Verfügung

Über die Jahre haben die beiden sich viel Wissen angeeignet. Denn eigentlich haben die Feuerwehrfrauen und -männer der Wache 8 in Ostheim – außer einer Sicherheitseinweisung – keine Spezialausbildung. Täglich wird ein Zweierteam von ihnen für den Einsatz auf dem Transporter eingeteilt. „Meist kombiniere ich einen erfahrenen Kollegen mit einem jüngeren“, sagt Nehler. „Man lernt immer noch dazu. Wussten Sie beispielsweise, dass es Kampffische gibt?“, sagt Schnell. „In einer Wohnung, deren Mieter vor dem Gerichtsvollzieher geflüchtet war, standen lauter Aquarien. Für mich waren da bunte Zierfische drin.“ Die Fische wurden für den Transport„zusammengekippt“. Der Zoohändler allerdings schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Gott sei Dank haben wir die richtigen Fische zusammengetan. Wir haben im Prinzip kein Opfer gehabt“, sagt Schnell. Das sieht auf der menschlichen Seite bei den Einsätzen nicht immer so aus. „Unsere langen Handschuhe schützen uns zwar vor den Krallen von Katzen, aber die können da an den Fingern durchbeißen“, sagt Schnell. Auch vor Schwänen hat er Respekt. Nie den Schnabel loslassen.

Respekt vor Schwänen

Das weiß jetzt auch der Kollege, der mit fünf Stichen an der Stirn genäht werden musste. „Und das Hinterteil weg vom Körper. Die Schwäne fangen sofort an zu koten, wenn man sie hochhebt“, ergänzt Nehler. „Tiere in Not“ kann vieles heißen: Fundtiere, Verletzte oder Sicherstellungen. Letztere werden durch Ordnungsamt, Veterinäramt oder Polizei angeordnet. Nicht selten handelt es sich um illegal importierte Welpen aus dem Ausland oder Hunde, die nicht ordnungsgemäß angemeldet sind. Vor kurzem mussten die Feuerwehrleute einem Mann seinen Schäferhund, der gebissen hatte und nicht angemeldet war, wegnehmen. „Da sind Tränen geflossen“, sagt Schnell. Tränen der Rührung dagegen gibt es, wenn Tiere wieder zu ihrem Besitzer zurückfinden. „Da jeht einem dat Hätz op“, strahlt Urkölner Schnell.

In der Regel bleibt sein Herz aber auf Distanz. „Normalerweise verlieben wir uns nicht in die Tiere. Sonst hätte ich ja einen Zoo zu Hause“, sagt der Familienvater. Weder er noch sein Einsatzleiter haben ein Haustier. Der Tiertransporter rückt häufig aus. „Die Leute rufen viel öfter an als früher“, sagt Schnell. Und oft ist es falscher Alarm. „Man muss nicht für jede Katze anrufen. Es gibt sehr viele Freigänger. Solange das eine zutrauliche, wohlgenährte Katze ist, sollte man sie einfach lassen“, rät Nehler. „Die Katze, die auf den Baum gekommen ist, kommt auch runter“, sagt Nehler. Zumindest meistens. Nur einmal mussten er und ein Kollege wirklich mit der Drehleiter anrücken. Ein echter Notfall ist es, wenn Katzen in einem gekippten Fenster hängenbleiben. Dann können Nerven abgeklemmt werden. Der Tiertransport steuert dann eine Tierarztpraxis an. Bisweilen gehe die Tierliebe zu weit, sagt Nehler.

Die trifft vor allem Wildtiere. „Wenn im Frühjahr Jungvögel auf dem Boden sind, versorgen ihre Eltern die noch weiter. Man darf sie nur nicht anfassen“, sagt Schnell. Verlorene Entenjungen, verletzte Schwäne, Tauben oder Igel, verirrte Marder oder Füchse − all das gehört zu fast alltäglichen Meldungen. „Früher hat man noch selbst gehandelt oder den Nachbarn gefragt. Jetzt wählt man ruckzuck die 112.“ Im Frühjahr, wenn Jungtiere unterwegs sind und im Sommer, wenn die Leute mehr und länger draußen sind, gibt es die meisten Einsätze. „Eine weitere Hochzeit ist Anfang Januar. Dann werden Hamster, Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse auch einfach in Kartons auf die Straße gestellt“, sagt Nehler, „Da ist eigentlich sicher, dass das Weihnachtsgeschenke waren.“


Gechippte und registrierte Tiere finden ihren Halter wieder

„Das Chiplesegerät ist unser wichtiges Utensil“, sagt Feuerwehrmann Holger Schnell. Damit kann bei gechippten und registrierten Tieren die Nummer ausgelesen und der Halter ausfindig gemacht werden. Unbedingt beachten müssen Halter, dass das Tier auch bei Tasso, Findefix oder IFTA registriert wird und sie genehmigt haben, dass offizielle Stellen die Daten auslesen dürfen. Erst wenn diese Genehmigung auch erteilt ist, kann die Feuerwehr direkt den Halter kontaktieren. Er kann das Tier dann abholen, bevor es ins Tierheim gebracht wird. (dha)