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„Kein Angs vör Jespenster“Kasalla bringt Herzensprojekt mit Mut zum Unperfekten auf die Theaterbühne

Lesezeit 3 Minuten
Auch als Putzkolonne sind die Musiker von Kasalla auf der Bühne zu sehen.

Auch als Putzkolonne sind die Musiker von Kasalla auf der Bühne zu sehen.

Die Musiker sind vielleicht nicht die allerbesten Schauspieler, haben aber jede Menge Herz ins Projekt, ins Bühnenbild und die Requisite gesteckt.

Obwohl das Drehbuch bereits vor der Corona-Pandemie geschrieben wurde, bleibt auch Jahre später Raum für eine kurzfristige Anpassung an jüngste Ereignisse. „Hier riecht's irgendwie verbrannt“, sagt Geisterjäger Joe, als er mit seinen Partnern den mit Geheimnissen gespickten Keller des fiktiven Historischen Theaters betritt. Eine Anspielung auf das Feuer, das am Sonntagabend im Keller der Stadthalle ausgebrochen war. Bleibende Schäden gab es glücklicherweise nicht, sodass die Musiker von Kasalla ihren dreitägigen Ausflug auf die Theaterbühne wie gewohnt antreten konnten.

Über zehn Jahre ist es her, dass die Band sich erstmals aus einer Schnapsidee heraus an einem Theaterstück probierte. Das Format wurde zur Band-Tradition und konnte nach einigen Jahren in der Volksbühne am Rudolfplatz nur durch die Pandemie gestoppt werden. Nun ist das Herzensprojekt von Kasalla mit drei Auftritten in der Stadthalle in Mülheim zurück. „Kein Angs vör Jespenster“ heißt das Werk aus der Feder von Keyboarder Rene „Ena“ Schwiers, das sich, anders als der Titel es vermuten lassen könnte, eindeutig an ein erwachsenes Publikum richtet. Mit den vielen popkulturellen und gesellschaftlichen Bezügen können die wenigen Kinder im Publikum sichtlich wenig anfangen.

Kasalla in der Stadthalle: Im Theater spukt’s

Im Theater spukt’s also, die etwas trottelige Geisterjäger-Truppe ist nach den missglückten Versuchen von Kammerjäger, Kirchenvertreter und Wunderheiler die letzte Hoffnung des Intendanten, gespielt von Gast-Darsteller Simon Pearce. Der ist nicht nur Comedian, sondern auch richtiger Schauspieler, was dem Stück und den Laien-Darstellern mächtig guttut. In seinen mit ansteckender Freude gespielten Rollen als selbstverliebter Theater-Macher und auch als bayerischer Hausmeister nimmt er vor allem in den Anfangsminuten sowohl Stück als auch Schauspiel-Kollegen an die Hand.

Simon Pearce als bayerischer Hausmeister.

Simon Pearce als bayerischer Hausmeister.

Des Rätsels Lösung kommen die Geisterjäger aber nur mühsam näher. Anführer Rusty Champmann (Bastian Campmann) versucht zwar, die Ermittlungen voranzubringen, doch der dauergenervte Joe (Flo Peil) schimpft in einer Tour über die „scheiße zusammengelötete“ Geisterjäger-Ausrüstung des Technik-Nerds Lenard. Der schreckhafte Herby (Sebastian Wagner) würde am liebsten schnell das Weite suchen und Hausgeist und Maskottchen Schnodder (Nils Plum) denkt immer nur ans Essen.

Musik und Theater für Kasalla-Feinschmecker

Die Handlung ist übersichtlich, was nicht weiter schlimm ist. Denn das Unperfekte ist Teil des Konzepts, das selbstverständlich auch das weitestgehend unkritische Publikum einkalkuliert. Zu großen Teilen besteht es aus engsten Kasalla-Fankreisen. Requisiten, die nicht da stehen, wo sie gebraucht werden, diverse Texthänger oder Lachanfälle abseits des Drehbuchs fallen da nicht negativ ins Gewicht. Es überwiegt die Freude, die geliebte Band auf unbekanntem Terrain beobachten zu können. Spaß haben ganz offensichtlich auch die Musiker. Die sind vielleicht nicht die allerbesten Schauspieler, haben mit ihren vielen Unterstützern aber jede Menge Herz und Detailverliebtheit ins Projekt, ins Bühnenbild und die Requisite gesteckt.

Und schließlich kehrt die Band immer wieder auch zu ihrer Kernkompetenz zurück, in dem sie mit ihren eigenen Titeln den Soundtrack zum Geschehen liefert, ohne das Theaterprojekt in ein Musical zu verwandeln. Mal passen die Songs mehr in die Geschichte. Mal weniger. Manchmal auch gar nicht. Schön fürs Fan-Herz und Kasalla-Feinschmecker: Der Ausflug in die Stadthalle gibt auch Titeln eine Bühne, die sonst sowohl im Karnevals-Kontext als auch auf Vollkonzerten der Band hintenüberfallen. Die Mutmach-Lieder „Alles weed jot“ oder „Hür niemols op ze singe“ sind zwei von vielen versteckten Kasalla-Perlen. Das schwungvolle „Aff jeiht die wilde Fahrt“ kündigt Campmann selbst als „selten gespielte“ Nummer an. So selten offenbar, dass der Frontmann beinahe an einer Stelle zum Refrain ansetzt, an der keiner vorgesehen ist.