ProduktherkunftKölner Metzger kritisieren neue Regeln bei Auszeichnungen

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Die Brüder Sebastian und David Friedrichs (r.) achten in ihrer Familienmetzgerei besonders auf artgerechte Haltung und Transparenz.

Die Brüder Sebastian und David Friedrichs (r.) achten in ihrer Familienmetzgerei besonders auf artgerechte Haltung und Transparenz.

Eine Metzgerei in Sülz informiert ihre Kunden genau über die Herkunft ihrer Produkte – doch was das Gesetz vorsieht, geht ihnen nicht weit genug.

Die Landwirtschaft hat es gefordert, die Politik verordnet, die Fleischer müssen es umsetzen: Seit Februar sind sie dazu verpflichtet, die Herkunft vom Kotelett oder Lammfilet in der Theke anzugeben. Kein Problem für die Brüder Friedrichs, die in Sülz und Rodenkirchen „Friedrichs – die Metzgerei“ betreiben. „Wir haben schon immer auf Transparenz gesetzt“, sagt Sebastian Friedrichs. Das Rindfleisch stammt vom elterlichen Hof im Oberbergischen, Schwein und Geflügel aus dem Sauerland und das Lammfleisch von einem Schäfer in Waldbröl. Rindfleisch müsse schon seit dem Jahr 2000 ausgezeichnet werden, „seit dem Rinderwahnsinn“, das unverpackte Fleisch von Schwein, Lamm, Ziege oder Geflügel komme jetzt neu hinzu.

Bei den Friedrichs bleiben da keine Fragen offen. Ein Schild an der Kasse im Sülzer Verkaufsraum gibt Auskunft: „Unser Schweinefleisch wird in im Sauerland von Bauer Korte aufgezogen und im nahen Unna geschlachtet“, heißt es da zum Beispiel. Auch für Rind, Lamm und Geflügel wird genau angegeben, wo die Tiere aufgewachsen und geschlachtet worden sind. Zusätzlich finden sich die Informationen auf Schildern in der Auslage. Damit genügen die Friedrichs nicht nur den Anforderungen der neuen Kennzeichnungspflicht in Deutschland, sondern gehen sogar darüber hinaus.

Kritik: Nicht genug Aussage darüber, wie das Tier gelebt hat

Denn nach dem Gesetz würde es schon reichen, das Herkunftsland und das Land, in dem geschlachtet wurde, zu nennen. „Aufzucht: Deutschland; Schlachtung: Deutschland“ zum Beispiel. Oder „Aufzucht: Neuseeland. Schlachtung: Neuseeland“. Die deutschen Landwirte erhoffen sich dadurch eine Stärkung des heimischen Marktes. Doch was haben die Kundinnen und Kunden davon? „Die können jetzt entscheiden, ob sie Fleisch kaufen wollen, das um den halben Globus geschippert worden ist“, sagt Sebastian Friedrichs. „Aber sie wissen noch nichts über die Haltungsform.“ Das Bundeslandwirtschaftsministerium setzt darauf, dass Verbraucher wegen der hiesigen Standards in Tier- und Umweltschutz zum Fleisch aus Deutschland greifen werden. Friedrichs reicht das nicht: „Das Tier kann dann immer noch aus einem großen Mastbetrieb in Schleswig-Holstein oder aus einem kleinbäuerlichen Betrieb in der Region kommen.“

Er und sein Bruder eröffneten 2018 die Metzgerei in Sülz, um ihren Eltern eine neue Absatzmöglichkeit für ihr Rindfleisch zu eröffnen. Der Hof in Niederasbach ist biozertifiziert, aber die Brüder Friedrichs werben nicht damit. Auch bei der Auswahl der Partnerbetriebe für Schweinefleisch und Geflügel haben sie keinen Wert auf ein Bio-Siegel gelegt – dafür aber sehr wohl auf die artgerechte Haltung der Tiere. Ob die Tiere gutes oder schlechtes Futter bekommen haben, viele Antibiotika oder keine, ob sie großen Stress bei der Schlachtung hatten – das alles, sagt Sebastian Friedrichs, „sieht man am Fleisch“.

Verarbeitetes Fleisch bleibt weiter ohne Kennzeichnung

Auf dem elterlichen Hof werden die Rinder geboren, leben ein Jahr auf der Weide und werden im zehn Kilometer entfernten Schlachthof geschlachtet. Steak, Braten oder auch Wurst – was die Friedrichs in Köln anbieten, kommt zum großen Teil aus eigener Produktion. Und damit sind wir beim zweiten Kritikpunkt von Sebastian Friedrichs an der neuen Kennzeichnungspflicht: Sie gilt nur für unverarbeitetes Fleisch. Wurst, Schinken oder das fertig gewürzte Gyros in der Auslage fallen nicht darunter.   „Da ist an entscheidender Stelle an der Umsetzung gespart worden“, sagt Sebastian Friedrichs. So könnte sich hinter den marinierten Lummersteaks in der Supermarkttheke zum Beispiel immer noch billiges Importfleisch aus China verbergen, ohne dass die Kunden davon wüssten. Verbraucherschützer teilen seine Kritik: So fordert die Verbraucherzentrale, die nationale Kennzeichnungspflicht auf verarbeitetes Fleisch und die Gastronomie auszudehnen.


Die Hinweispflicht

Seit 1. Februar gibt es neue Auszeichnungsregeln für die Fleischtheke. Die wichtigsten Fragen: Was ist neu? Bei Fleisch von Schwein, Lamm, Ziege und Geflügel, das unverpackt und unverarbeitet oder als Hackfleisch angeboten wird, muss das Land der Aufzucht und der Schlachtung angegeben werden. Diese nationale Kennzeichnungspflicht gilt für Supermärkte, Metzgereien, Hofläden und Wochenmärkte. Was galt bisher? Laut EU-Recht muss seit 2015 die Herkunft von unverarbeitetem, verpacktem Fleisch (Schwein, Lamm, Ziege, Geflügel) auf der Packung angegeben werden. Wo gilt die Kennzeichnungspflicht nicht? Egal ob verpackt oder unverpackt: Sobald das Fleisch verarbeitet ist, muss die Herkunft nicht mehr angegeben werden. Das gilt für Wurst, Schinken oder marinierte Fleischstücke. Was ist mit Rindfleisch? Die Herkunft von Rindfleisch muss als Folge der BSE-Ausbrüche in den 1990ern schon seit dem Jahr 2000 angegeben werden – und zwar auch das Geburtsland. Das gilt gleichermaßen für unverpacktes wie für verpacktes Fleisch. Verarbeitetes Rindfleisch fällt jedoch nicht darunter. (sas)

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