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Täglich hartes TrainingTrommler der Band Yamato geben Einblicke in ihre kräftezehrenden Shows in Köln

Lesezeit 4 Minuten
Die kleinsten Trommeln müssen regelmäßig unter großer Anstrengung neu gespannt werden.

Die kleinsten Trommeln müssen regelmäßig unter großer Anstrengung neu gespannt werden.

Bis zu 500 Schläge pro Minute macht jeder Musiker auf der Bühne. Ein Blick hinter die Kulissen vor ihren Auftritten in der Philharmonie. 

Es war eine existenzielle Frage, die die japanischen Taiko-Trommler der Band Yamato zu ihrer neuen Show „Hito No Chikara - Die Macht der menschlichen Stärke“ geführt hat. „KI und ChatGPT gewinnen heute immer mehr an Bedeutung, fast jeder nutzt sie und das in fast allen Bereichen des Lebens. So schafft diese Technologie auch eine gute, nahezu perfekte Musik. Die Technik ist dem Menschen oft überlegen und es stellt sich mir die Frage, warum wir dann als Taiko-Ensemble überhaupt noch weitermachen“, sagt Masa Ogawa, der sein Kollektiv vor mehr als 30 Jahren im Dorf Asuka in der Provinz Nara gegründet hat. 

„Der von Menschen erzeugte Klang der Trommeln ist einzigartig, da er der Sound der Seele ist. Diesen Klang, der dem Herzschlag des Menschen ähnelt, hört man nicht nur, man fühlt ihn auch. Er erfasst den ganzen Körper“, erklärt der künstlerische Leiter. „Wir interagieren mit unserem Publikum und spenden diesem unsere spirituelle Energie, die gerade jetzt in schwierigen Zeiten eine große Bedeutung hat. Die Macht der menschlichen Stärke ist einzigartig und kann durch keine noch so perfekte Technologie ersetzt werden.“

Das Ensemble tourt mit seinen Shows durch die ganze Welt. Im Rahmen des Kölner Sommerfestivals gastieren die Trommler vom 15. bis zum 20. Juli in der Philharmonie. Darauf freut sich Ogawa besonders: „Das ist unser neuntes Gastspiel. Im Sommer haben wir in der Philharmonie immer eine ganz besondere Atmosphäre, die Leute gehen von Anfang an mit und geben uns sehr viel Energie zurück. Das liegt auch an diesem ganz besonderen Saal. Die Bühne liegt ganz unten und über uns sitzen die Leute, die uns aufgeregt erwartet haben. Bei jedem Gastspiel besteigen wir gemeinsam den Turm des Doms. Das genießen wir sehr.“

Alles, was rund um die Tour passiert, übernehmen die Ensemblemitglieder selbst: „Wir laden gemeinsam die Trucks mit den 35 verschiedenen Trommeln sowie die anderen Instrumente aus und bringen diese zur Bühne. Auch die Drumsticks werden von uns selbst geschnitzt.“

Rund 500 Kilo wiegt die größte Trommel der Band.

Rund 500 Kilo wiegt die größte Trommel der Band.

Der Ungeübte erkennt schnell, welche Kraft und Perfektion es an den teils riesigen Trommeln braucht und wie schnell die eigene Kondition ihr Ende erreicht. So ist die größte Trommel, die aus einem einzigen, 400 Jahre altem Baumstamm geschnitzt wurde, 500 Kilo schwer und hat einen Durchmesser von 1,70 Meter. 

Jeder Trommler verbringt übrigens bis zu zehn Stunden am Tag an seinem Instrument und verliert pro Show etwa zwei bis drei Kilo Körpergewicht – kein Wunder, werden doch Spitzenfrequenzen von bis zu 500 Schlägen in der Minute erreicht.

Um diese Leistung erbringen zu können, braucht es ein strenges Regiment. Die Tage während der Gastspiele laufen immer gleich ab. Um 6 Uhr stehen die Musiker auf, um eine halbe Stunde später bis zu zehn Kilometer zu laufen. Nach dem gemeinsamen Frühstück beginnt das Krafttraining, in das auch die kleinen zwölf Kilo schweren Shime-Daiko-Trommeln einbezogen werden. „Ab etwa zwölf Uhr sind wir dann im Theater und proben für unseren Auftritt am Abend.“

Den traditionellen Sound der Taiko-Trommeln entdeckt auch die junge Generation in Japan zunehmend für sich. „Taiko wird in unserem Land immer populärer, so gibt es inzwischen viele junge Trommler. Der Ursprung dieser Musik liegt in der Religion und ihren Ritualen in den Tempeln und an den Schreinen. Später entstanden die ersten professionellen Ensembles wie Yamato, die weltweit unterwegs sind. Das hat das Interesse vieler junger Menschen geweckt. Für sie ist das einfach coole Musik. Wir müssen aber auch den Respekt vor den Instrumenten und der Tradition immer bewahren“, erklärt Ogawa.

Das Gastspiel in der Kölner Philharmonie ist für die Yamato-Trommler ein Highlight. Künstlerischer Leiter des Ensembles ist Masa Ogawa (Mitte).

Das Gastspiel in der Kölner Philharmonie ist für Yamato ein Highlight. Künstlerischer Leiter des Ensembles ist Masa Ogawa (Mitte).

Die jüngsten Mitglieder seines Ensembles sind Anfang 20. „Wir veranstalten in Japan keine Castings. Die interessierten Trommler kommen einfach zu uns und sehen, ob sie Teil unserer Gemeinschaft werden möchten. Oft haben sie unsere Shows schon als Kinder selbst gesehen und wurden durch diese inspiriert. Wenn sie später ein professionelles Ensemble suchen, kommen sie zu uns.“

Auf ihren Touren rund um den Globus leben die Trommler stets zusammen. „Wir haben eine sehr enge Verbindung zueinander. Wir kennen uns ganz genau, das hilft auch auf der Bühne dabei perfekt synchron zusammen zu agieren. Ohne diese Gemeinschaft würde unsere Show nicht funktionieren. Bei den Auftritten entsteht dann ein Gefühl, das uns mit unserem Publikum vereint.“

Ogawa erinnert sich auch gerne an die Anfänge seiner Gruppe: „Bei mir ging es vor 32 Jahren einfach darum, eine coole und energiegeladene Performance zu schaffen. Damals haben wir einfach überall gespielt, auf der Straße genauso wie auf Festivals. Der Taiko-Sound verbindet und vereint die Menschen, darauf vertrauen wir voll und ganz. Dabei stehen nicht wir Trommler im Vordergrund, sondern nur der Klang der Trommeln.“


Die Yamato-Trommler gastieren vom 15. bis 20. Juli im Rahmen des Kölner Sommerfestivals in der Philharmonie. Karten gibt es ab rund 60 Euro online.