„Jeder Mensch kann Kölner werden“ richtet sich vor allem an Auswärtige. Der Erfinder steht nur noch selten auf der Bühne.
Über 150 VorstellungenKöln-Show ist seit Jahren ein Dauerbrenner im Senftöpfchen

Imi und Köln-Experte: Schauspieler Hagen Range auf der Bühne des Senftöpfchens.
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Wäre heute ein Programm über Goslar – wer geht da hin? Aber bei der Show über Köln ist das Senftöpfchen ausverkauft. Es ist heiß, die Lüftung aus den 80er Jahren ächzt - drissejal. Das kleine legendäre Theater im Herzen der Kölner Altstadt verteilt am Eingang Fächer. Es gibt kühle Drinks. Und schon ist jeder mittendrin in der „Hauptstadt der Misswirtschaft“, wie Kabarettist Hagen Range es nennt. „Seid Ihr bereit?“ Applaus, Jubel. „Jeder Mensch kann Kölner werden – in nur 90 Minuten“.
Ursprünglich für auswärtige Besucher und kurze Laufzeit geplant lockt der heitere Blick auf die Millionenstadt, wo „wir gar nichts auf die Reihe kriegen“, mit ihrem unbändigen Jeföhl, der Sangesfreude seiner Bewohner auch viele Kölner an. Und Bergheim, Olpe und sogar Rheda-Wiedenbrück sind sozusagen Umland. Range ist in ständigem Dialog mit seinem Publikum, während er die drei Kölner Ks – Klüngel, Kölsch und Karneval zugespitzt aufs Korn nimmt.
Robert Griess ist der Erfinder der Köln-Show
Seit Jahren ist die Köln-Show ein Dauerbrenner im Senftöpfchen. Deutlich über 150 Shows sind bereits über die kleine Bühne des Theaters gegangen. Erfunden hat das Programm der Kabarettist und Autor Robert Griess. Als Basis diente sein Buch „Köln – satirisches Handgepäck“. Der Inhalt auf der Bühne wird immer wieder dem aktuellen Geschehen in der Stadt angepasst. Den Großteil der Köln-Show-Termine im Senftöpfchen überlässt der Erfinder inzwischen aber dem „kölschen Urgestein“ Kerstin Kallewegge, die unter anderem lange Jahre im Bonner Springmaus-Theater mitwirkte. Und eben Hagen Range, Schauspieler, Kabarettist, Karnevalist, Stadtführer – und ein waschechter Imi.
Wenn's gefällt „bitte Alaaf rufen“, erklärt Range. Wenn nicht, dann auch, damit es wieder besser wird. Gelächter, Jubel, Applaus und Alaaf-Rufe wechseln sich fortan ab. Aus der hintersten oberen Ecke ruft ein gebürtiger Kölner nach beinahe jedem Satz lautstark Alaaf. Die Dame daneben kommt aus dem Osten Berlins. Und Range reagiert sofort: Hier in Köln sieht es aus wie in der DDR vor der Wende, habe ihm mal ein Sachse gesagt. Und dann knöpft er sich alles vor, was in Köln eben gerade nicht klappt: Baustellen, KVB, marode Brücken – „deckt Euch mit Schlauchbooten ein. Ab 2026 können wir über den Rhein nur noch rudern.“ Alaaf.
Dann ist der Klüngel dran. „Seil-schaften sind wichtig“. „Echte Fründe“, halt. Und wenn der Fußball-Klub Mist baut, gibt es eine Ziege, die Schuld ist. Daher der Name Sündenbock. „Klüngel ist Chefsache“ sagt Range und schiebt nach, dass es da ja auch noch den „Vertuschungs-Maximus“ gäbe, Kardinal Woelki. Alaaf. „Hallelujah“ ruft einer. „Von mir aus auch das.“
Welthauptstadt der Tolenranz und der Lieder
Aber Köln ist auch so liebenswert: Alle Wege führen zum Dom, die schönste Kirche des Planeten: „Mer losse der Dom in Kölle“. Es sei die Welthauptstadt der Toleranz. Und der Lieder: Gefühlt zwei Millionen davon gäbe es über Köln. „Und die können die auch alle. Da simmer dabei.“ Das Publikum stimmt ein. „Wir feiern immer.“ Und im Notfall helfen zehn Kölsch und ein „Absacker am Stadtarchiv“.
Im Senftöpfchen ist die Luft inzwischen zum Schneiden. „Warm hier drin,“ bekennt Range. Eine Lösung dafür gäbe es vielleicht 2150. Bis dahin werde geprüft. Aber die Zuschauer halten verbissen durch, lassen sich in ihrer Begeisterung nicht beeinträchtigen. Alaaf. Auch auf ein Helau aus der „Klitsche bei Neuss, wie heißt die noch gleich?“, reagiert Range sofort. „Du kommst aus Düsseldorf nach Köln, um Spaß zu haben. Versteh ich. Trotzdem mutige Ansage. Aber: wir sind tolerant.“ Und dankbar, wie Antonia Kassen vom Senftöpfchen der Rundschau sagt. „An so einem warmen Tag in den Sommerferien ausverkauft zu sein, dafür sind wir sehr dankbar.“ Mit der Stadt Köln, dem Vermieter sei man in guten Gesprächen über eine bessere Klimaanlage. Aber es sei schwierig.