Rund 300 MitgliederTraditionsverein KG Frohsinn erlebt eine ungeahnte Wiederbelebung

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Gemeinsame Stärke: Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn unterstützte die KG Frohsinn, Tanja Wolters ist die neue Präsidentin und hat sich mit ihrem Vorstand hohe Ziele gesetzt.

  • „Et Hätz schleiht em Veedel“ lautet das Sessionsmotto. Doch wie kräftig ist der Herzschlag des Karnevals in den Stadtteilen?
  • In einer Serie suchen wir nach Antworten.
  • Dieses Mal: Wie die KG Frohsinn im Angesicht ihrer letzten Session ungeahnt auflebt.

Köln – Das Ende war schon beschlossene Sache. 2020 noch einmal im Rosenmontagszug mitgehen, das war es dann mit der KG Frohsinn von 1919. Der Lauf der Zeit eben: Kein Nachwuchs. Das Vereinsleben blutete aus. Schließlich maß die einst so stolze KG mit ihren Wurzel im Griechenmarktviertel nur noch 20 Mitglieder. Doch es kam anders. Die KG Frohsinn ist der Shooting-Star der Session. Ein Jecken-Start-up.

100 Jahre Geschichte – und dann einfach aus und vorbei? In seiner Verzweiflung wandte sich das letzte Häuflein Getreuer ans Festkomitee. Ein Hilfegesuch. Und tatsächlich, Präsident Christoph Kuckelkorn dachte kurz nach, und da kam ihm auch schon eine potenzielle Retterin in den Sinn. Ein Energiebündel. Tanja Wolters. Unternehmerin. Vollblut-Jeck. Karneval von Kindesbeinen an. Allein acht Jahre tanzte sie bei den Roten Funken. „Ich kannte die KG durch zahlreiche Verbindungen“, sagt sie. Dort Präsidentin zu werden, das konnte sie sich durchaus vorstellen.

Sommerfest gibt den Startschuss

Im Januar 2019 hatte sie ein Gespräch mit dem damaligen 1. Vorsitzenden Michael Schmitz. „Das hat direkt gepasst“ , erinnert sich Tanja Wolters. Die „Frohsinnler“ standen für all das, was auch ihr am Karneval wichtig ist. Ein Familien-Verein mit Tradition. Die Wunschliste der Ur-Frohsinnler wurde von Demut diktiert. Mal wieder eine Sessionseröffnung feiern. So wie einst. Oder mal wieder ein Sommerfest.

Tanja Wolters packte gleich an. Schritt eins: Außerplanmäßige Jahreshauptversammlung. Sie scharte ein 13-köpfiges Vorstandsteam von Freunden und Bekannten um sich. Schritt zwei: Planung eines Sommerfestes. „Wir hatten keine Ahnung, wie wir kalkulieren sollten“, sagt Stephanie Wersig, Sprecherin der KG. Alle haben im Freundeskreis ein bisschen getrommelt. Der Veranstaltungsort lieber nicht so groß. Ein Kleingarten. Das Vorstandsteam ging mal so von 100 Gästen aus – in der Hoffnung, nicht auf der Hälfte der Würstchen sitzen zu bleiben. Die Sorge war unbegründet. Es kamen 200. „Während und nach dem Fest sind viele von ihnen eingetreten“, sagt Wolters. Das war die Initialzündung. Die erste Vorahnung, das kann hier etwas werden. Und es wurde. Groß.

Mundpropaganda brachte 700 Gäste

„Okay, dann die Sessionseröffnung“, dachte sich das Team nach dem Sommerfest. Mit einem Kleingarten wird es nicht mehr getan sein, das war nun klar. Sie buchten das Café in der Halle Tor 2. Die Planung: 400 Gäste. Das Programm: Dank vieler Sponsoren beachtlich für eine KG im Todeskampf. De Hüppemötzjer, Paveier, Torben Klein. Großangelegte Werbung gab die Vereinskasse nicht her. Also Mundpropaganda. Es kamen 700. Das Foyer musste noch mitgenutzt werden.

Dort, im Foyer, stand ein roter Motorroller. Den hatten die „Frohsinnler“ mitgebracht. Und er kann als Symbol dafür genommen werden, was der Motor ihres Erfolgs ist: Die Liebe zum Karneval, die sich authentisch immer wieder Bahn bricht. Entdeckt hat ihn der Vorstand am Rande eines Fototermins für die Internetseite. Bei der Sessionseröffnung wurde er zum Selfie-Hit. Auf der aktuellen Spange der „Frohsinnler“ sitzt Tanja Wolters an seinem Lenker, hinter ihr der ehemalige 1. Vorsitzende Michael Schmitz. Beide sausen der Zukunft entgegen.

„Der Prinz hatte vor Rührung feuchte Augen“

Was sollte nach dieser Sessionseröffnung noch kommen? Der Stammtisch im Höhnerstall. Proppenvoll. Das Kinderdreigestirn war dar, denn Kinderbauer Emil ist der Sohn von KG-Sprecherin Stephanie Wersig. Auch das amtierende Dreigestirn kam. Die Frohsinnler übergaben ihm eine Spende von 1111,11 Euro für das soziale Projekt eines barrierefreien Rosenmontagswagens. „Der Prinz hatte vor Rührung feuchte Augen“, berichtet Wolters. Das alles – Scheck, Atmosphäre, Historie – machten Eindruck. Prinz Christian II., Bauer Frank und Jungfrau Griet traten in die KG Frohsinn ein.

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Und jetzt? Der Gürzenich? „Ja“, antwortet Tanja Wolters mit ernster Miene auf die eigentlich nicht ernst gemeinte Frage. „Für 2021 ist eine Gesellschaft von ihrem Termin im Gürzenich abgesprungen“, erklärt sie. „Den übernehmen wir.“ 10. Januar. Zwei Tage nach der Prinzenproklamation.

Und wo soll das noch hinführen? Kommen die „Ur-Frohsinnler“ da überhaupt noch mit? „Mir ist klar, wie müssen eine Grenze ziehen“, sagt Wolters. 310 Mitglieder hat die KG nun schon wieder. Und wie sich das mit den „Ur-Frohsinnlern“ verhält, das kann Stephanie Wersig erklären: „Bei unserer Sessionseröffnung sah ich eine ältere Dame aus unserer KG, ihr rollten Tränen übers Gesicht. Ich bin zu ihr gegangen, habe sie gefragt, ob es ihr denn so schwer falle, dass jetzt alles ein bisschen anders sei. ,Oh, nein’, wehrte sie ab. Ihr Mann sei früher Präsident der KG Frohsinn gewesen. ,Wie glücklich wäre er heute, hätte er das noch erleben können.’“

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