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Kölner SchulenWelche Auswirkungen die Sitzordnung in den Klassen hat

Lesezeit 4 Minuten
Die Sitzordnung hat großen Einfluss auf die Dynamik innerhalb der Schulklassen in Köln (Symbolbild).

Die Sitzordnung hat großen Einfluss auf die Dynamik innerhalb der Schulklassen in Köln (Symbolbild).

„Reih und Glied“ oder lieber ein „U“? Sitzordnungen sind wichtig für das Lernklima in Kölner Schulen − Ahuti Alice Müller erklärt, warum.

Tür auf und losgestürmt. Wenn es darum geht, wer wo sitzt im Klassenzimmer, kommen Schülerinnen und Schüler in Nullkommanix auf Touren. Der Run auf die vermeintlich besten Plätze scheint seit Generationen unverändert. Wer sitzt neben wem? Eine Frage, die kaum jemanden kaltlässt.

Zu Recht, wenn man Ahuti Alice Müller glaubt. Die Kölner Diplom-Architektin und Coachin beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Raum. Im Rahmen der Lehrerausbildung gibt sie Workshops zur Bedeutung und Wirkung von Räumen als Lehr- und Lernort und deren Einfluss auf den Lernerfolg.

„Sitzordnungen haben unsichtbare Wirkungen“, sagt Müller. Wer sitzt vorne, wer hinten, wie sind die Konstellationen? „Nach wie vor ist die U-Form bei den Lehrerinnen und Lehrern mit am beliebtesten“, sagt sie. Doch welche Sitzordnung ist für welches Lehr- und Lernformat passend? „Wird eine angstfreie und freundliche Lernatmosphäre geschaffen, die interaktiv ist oder wird mit der Sitzordnung die Kommunikation und die Kooperation der Lernenden verhindert?“, fragt die Fachfrau in ihren Seminaren. Und sie gibt zu bedenken: „Häufig wird die Sitzordnung einfach übernommen und nicht entsprechend des Lehrformates mit einem anderen Setting neu gestaltet.“

Spätestens wenn der Unterricht zäh werde oder jemand massiv stört, sei es Zeit, über die Sitzordnung nachzudenken. Die Störerin oder den Störer alleine vom angestammten Platz zu verbannen, wie es in der Praxis noch oft geschieht, hält Müller für keine gute Idee. „Territorialität, der eigene Raum, der gewählte Sitzplatz ist etwas, was Menschen wichtig ist. Wenn das genommen wird, kann das einen emotionalen Tiefschlag bedeuten und zur Ausgrenzung führen. Wenn jemand stört, fühlt er sich meist unwohl und sitzt nur auf einem ungünstigen Platz“, sagt Müller.

Schulen in Köln: Neben dem besten Freund nicht immer die beste Platzwahl

Besser könnte es in so einem Fall sein, die gesamte Ordnung zu verändern, und so in die Gruppendynamik der Schüler einzuwirken. Mit Nummern oder Losen scheint das am gerechtesten. Dass Freunde in der Schule zusammen hocken − und teilweise die Lehrkräfte eher als Störenfriede ihrer trauten Zweisamkeit empfinden − ist nichts, was zum Lernerfolg beiträgt.  

Studien haben gezeigt, dass sich Kinder, die nebeneinandersitzen, eher anfreunden. Unterschiede in der sozialen Herkunft, im Geschlecht, im Grad der Extro- und Introvertiertheit oder bei Talenten und Interessen können durchaus bereichern. „Gerade an weiterführenden Schulen kann es belebend und anregend sein, immer wieder mal neue Plätze zu wählen und sich in der Gruppe neu zu formieren“, findet Müller.

Weiterer Pluspunkt: Körperliche Bewegung korrespondiere mit geistiger Beweglichkeit. „Durch mehr bewegtes Lernen wird der menschliche Organismus besser durchblutet, die Prozesse im Körper laufen dynamischer ab, und die Informationsverarbeitung wird dadurch verbessert. Sobald man in Bewegung kommt, regt das das Denken an“, sagt Müller. So könne es sehr hilfreich sein, wenn beispielsweise Schülerinnen und Schüler in Zweiergruppen über die Flure gingen und dabei ein Thema erarbeiteten. Klar sei aber auch, dass es unterschiedliche Lerntypen gebe. Verschiedene Lernzonen seien deshalb gut.

Sitzordnungen: Leichte Möbel für mehr Flexiblität

Sind die Möbel leicht und beweglich, ist das hilfreich für flexible Lehr- und Lernformen.„So können Lehrkräfte leichter und schneller die Sitzordnung ändern − einen Kreis oder Halbkreis bilden, Gruppen zusammenstellen, um die Interaktion zu fördern. Wohingegen für konzentriertes Arbeiten Einzeltische das bessere Setting sind“, findet Müller.

Dass der „Raum der dritte Pädagoge“ sei, werde immer noch nicht genug berücksichtigt. „Das Bewusstsein für Räume als Lehr- und Lernort sollte durchaus geschärft werden.“


Feste Räume für die Lehrkräfte

In der Regel bleiben die Schülerinnen und Schüler in ihrem Klassenzimmer und die Lehrkräfte kommen zu ihnen. Es geht aber auch anders. Das Konzept „feste Räume für Lehrkräfte“ wird an einigen, eher wenigen, Schulen praktiziert. Die Schülerinnen und Schüler wechseln den Raum, um sich beispielsweise in Deutsch, Englisch oder Mathe unterrichten zu lassen.

Die Auswirkungen dieses Konzepts sieht die Coachin Ahuti Alice Müller positiv. Durch das Konzept habe die Lehrkraft eine Position, die mehr Respekt verschaffe. Das „Territorialität“ sei eine andere, wenn man einen Raum ganz für sich habe, als wenn man als Lehrkraft in eine Klasse kommt. Zudem sind alle Arbeits- und Unterrichtsmaterialien in einem Raum. Die Lehrkräfte haben so eine bessere Möglichkeit, den Raum für den Unterricht vorzubereiten. In Köln wird das Prinzip der „Lehrkräfte-Räume“ beispielsweise am Johann-Gottfried-Herder Gymnasium in Buchheim praktiziert.