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Fußball-EM in KölnWelche Rolle Inklusion bei der Euro 2024 im Sommer spielt

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Helferinnen und Helfer: Auf dem Heumarkt warb die Stadt im Sommer um Volunteers für die Fußball-Europameisterschaft 2024. Inklusion soll eine besondere Rolle spielen.

Helferinnen und Helfer: Auf dem Heumarkt warb die Stadt im Sommer um Volunteers für die Fußball-Europameisterschaft 2024. Inklusion soll eine besondere Rolle spielen. 

Auch Menschen mit Behinderung sollen sich Willkommen fühlen bei der Fußball-EM. Im Sportamt der Stadt arbeiten zwei Menschen mit Sehbehinderung. Mit ganz besonderer Sicht auf das Turnier.

Klar hat Marcel Wienands im Sommer am „B2 Run“ rund um das Rheinenergie-Stadion teilgenommen. Konditionell ist das für ihn kein Problem, optisch jedoch schon. Denn Wienands ist vor zehn Jahren erblindet. Den Lauf hat er an der Seite eines Kollegen bewältigt, jeder von ihnen hielt das Ende eines etwa 30 Zentimeter langen Schlüsselbandes. „Er hat mich durch die Strecke manövriert, das war ein absolut verbindendes Erlebnis“, sagt Wienands. Ein einfaches Unterfangen war das nicht, denn rund 19 000 Läuferinnen und Läufer knubbelten sich auf der Strecke.

Marcel Wienands unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit des städtischen Sportamts. Inklusion spielt in der Stadtverwaltung eine immer stärkere Rolle – der Anteil der Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung ist auf 9,3 Prozent gestiegen, und liegt damit deutlich über der gesetzlich vorgeschriebenen Quote von fünf Prozent. „Wertschätzung und Verständnis sind die entscheidenden Faktoren. Wir wollen das Thema noch stärker im Arbeitsalltag integrieren“, wünscht sich Markus Löhrer, Abteilungsleiter im Personalamt der Stadt.

Die beiden Sehbehinderten Marcel Wienands (r.) und Manuel Beck gehören im Sportamt zum Vorbereitungsteam der Euro 2024. Inklusion ist eines der Kernthemen der deutschen Bewerbung.

Die beiden Sehbehinderten Marcel Wienands (r.) und Manuel Beck gehören im Sportamt zum Vorbereitungsteam der Euro 2024. Inklusion ist eines der Kernthemen der deutschen Bewerbung.

Auch die Fußball-Europameisterschaft 2024 soll im Zeichen von Inklusion, Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit stehen. Köln ist einer von zehn Austragungsorten, bei der Auswahl der mehr als 1000 Volunteers sollen viele Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden. Und auch das Sportamt vertraut in der Vorbereitungsphase auf die Expertise solcher Personen. Eine davon ist Manuel Beck, ebenfalls sehbehindert. Und sportbegeistert.

Das Stadion ist das eine. Das gesamte Drumherum einer Europameisterschaft das andere. „Es geht mir vor allem um die Beratung für die Gestaltung der Fanzonen und des Public Viewings“, erklärt Beck. Denn auch Public Viewing und Sehbehinderung müssen sich nicht ausschließen. Geplant ist die Live-Kommentierung der Spiele in der Fanzone am Tanzbrunnen in englischer und deutscher Sprache für blinde Fußballfans. „Es geht auch um Barrierefreiheit und die Gestaltung von Veranstaltungsbereichen“, sagt er. Auch beim „Final-4“ der Handball Champions League und dem Fanfest beim DFB-Pokalfinale der Frauen gehörte er bereits zum Organisationsteam.

Sonderausstattung am Schreibtisch

In der Stadtverwaltung sind Schulungen für Führungskräfte angeboten worden, um den Arbeitsalltag inklusiver zu gestalten. „Wir sind schon sehr gut aufgestellt. Es geht aber beispielsweise auch darum, die Auswirkungen von bestimmten Erkrankungen zu erklären“, sagt Markus Löhrer. Er selbst habe früher öfters mal einen autistischen Kollegen freundlich auf dem Flur gegrüßt, ohne zu ahnen, welchen Stress selbst ein solch kurzer sozialer Kontakt auslösen kann.

Der Arbeitsplatz von Marcel Wienands im Sportamt ist mit einer Sprachausgabe ausgestattet, die Texte in Sprache umwandelt. Wienands verfasst selbst Pressetexte und schreibt gelegentlich Reden für die Oberbürgermeisterin – etwa für den Inklusionstag. Nur wenn er Fotos zu seinen Texten finden will, benötigt er die Hilfe seiner Kolleginnen und Kollegen.

Manchmal geht es auch darum, gehörlosen Mitarbeitenden einen störungsfreien Arbeitsplatz zu verschaffen. Bürotüren im Stadthaus sind dann teilweise mit einer optischen Klingel ausgestattet, damit Gehörlose nicht erschrecken, wenn plötzlich jemand im Büro neben ihnen steht, sie aber das Klopfen nicht hören konnten. An solchen Arbeitsplätzen werden Anrufe in Schrift übersetzt – Arbeitsalltag in der Stadtverwaltung. „Oft sind auch Ärzte oder ein zusammenhängendes Gesundheitsmanagement involviert“, erklärt Markus Löhrer.

Das erste von insgesamt fünf EM-Spielen in Köln wird am 15. Juni 2024 ausgetragen. Welche Mannschaften in der Stadt spielen, wird im Dezember ausgelost. In vielen Besprechungsrunden sitzen Marcel Wienands und Manuel Beck mit am Tisch. „Wenn wir da sind, wird das Thema Inklusion automatisch mitgedacht“, hat Wienands festgestellt.