In Köln und ganz NRW wird es ernst: Bis Ende Mai finden Abi-Prüfungen für den letzten G8-Jahrgang in NRW statt.
„Ich muss direkt weiterlernen“Wie Kölner Schüler den Startschuss für Abitur-Klausuren erleben

Die Deutsch-Klausur markierte den Anfang: Gestern starteten die Abitur-Prüfungen in NRW.
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Abitur zu machen, ist ein Marathon, kein Sprint. Den ersten Abschnitt haben schätzungsweise um die 4000 Kölner Schülerinnen und Schüler am gestrigen Dienstag hinter sich gebracht. Als Erstes stand die Klausur im Fach Deutsch an. Nun folgen bis zum 21. Mai noch zwei weitere schriftliche Prüfungen, bevor danach die mündliche Prüfung ansteht. Die lang ersehnten (und manchmal gefürchteten) Zeugnisse gibt es Anfang Juli.
Befreit fühlt sich der 19-jährige Raphael Gbekou gestern trotzdem schon, als durch das Tor seiner Schule, dem Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Buchheim, in die Freiheit läuft. „Ich bin erleichtert, endlich habe ich es hinter mir“, freut er sich nach seiner Deutsch-Klausur im Grundkurs. „Obwohl ich sagen muss, dass wir allein durch den Unterricht gut vorbereitet waren.“ Für ihn geht es mit der nächsten Woche weiter. Dann steht eine Klausur in einem seiner beiden Leistungskurse an. Die zweite ist direkt am nächsten Tag.
Enger Zeitplan und erstmals Hörverstehen
Raphael bleibt von dem verschont, was die Landesschülervertretung NRW kritisiert hatte: Wegen enger Terminierung kommt es dazu, dass je nach Wahl der Abifächer alle drei Klausuren innerhalb von vier Tagen geschrieben werden müssen. Die betroffene Fächerkombi – eine Geisteswissenschaft, Englisch und Mathematik – sei zudem nicht unüblich.
Die 17-jährige Leonie hat gestern ebenfalls die Grundkursklausur in Deutsch hinter sich gebracht. Für sie steht der gleiche Prüfungsplan wie bei Raphael an. Auch wenn es schlimmer geht, findet sie diesen sehr eng getaktet. „Ich muss jetzt direkt weiterlernen. Da bleibt wirklich keine Zeit, einmal kurz zu entspannen.“
Sorgen mache ihr gerade vor allem die Englisch-Klausur in der kommenden Woche. Denn seit diesem Jahr beinhaltet die Abiturprüfungen in allen modernen Fremdsprachen auch Aufgaben bei, denen Hörverstehen gefragt ist. Dabei werden Schüler auf Basis einer Audiodatei geprüft. Das könne für sie eine besondere Herausforderung werden, sagt Leonie.
Wenn alles geschafft ist, möchte sie erstmal ein sogenanntes „Gap Year“ machen, sich also ein Jahr lang Zeit nehmen, bevor sie in die Ausbildung oder das Studium startet. „Meine Freundinnen und ich wollen zusammen an einem sozialen Projekt teilnehmen.“ Wo ihr beruflicher Weg hingehen soll, wisse sie noch nicht. Daher peile sie auch keine bestimmte Abinote an, um sich für einen bestimmten Studiengang zu qualifizieren.
Letzter G8-Jahrgang hinterlässt eine Lücke
In die Karten spielen könnte den diesjährigen Abiturientinnen und Abiturienten, die sich für ein „Gap Year“ entscheiden, dass sie der letzte G8-Jahrgang in NRW sind. Sie haben also 12 Schuljahre absolviert, während die Stufe unter ihnen bereits nach G9 lernt, also 13 Jahre hat. 2026 dürften also nicht so viele Menschen aus NRW an die Unis drängen wie sonst.
Im kommenden Jahr werden bis auf Personen, die eine Klasse wiederholt oder die Schule gewechselt haben, keine Menschen ihr Abi machen. Auch an den Kölner Schulen wird es also voll werden. In der Vergangenheit gab die Stadt an, dass rund 4300 Personen länger an den Kölner Gymnasien bleiben, während rund 4600 Fünftklässler nachrücken wollen. Für das Schuljahr 2026/27 braucht es demnach zusätzlichen Platz und Lehrkräfte.
Für Leonie und Raphael spielen diese Probleme keine Rolle mehr. Obwohl: Für Raphael soll es nicht lange dauern, bis er wieder in den Kosmos Schule zurückkehrt. „Ich will Lehramt an der Uni Köln studieren.“ Dafür müssen natürlich die Noten stimmen. Seinen diesjährigen Tanz in den Mai opfere er also dem Lernen. Auch wenn das gefühlte Sommer-Wetter diese Entscheidung bestimmt nicht leicht macht.