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Kölner EhrenamtspreisMit dem FriedhofsMobil 15-mal um die Welt - Josef F. Terfrüchte für sein Engagement geehrt

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Josef F. Terfrüchte ist der Gründer des Kölner FriedhofsMobils.

Josef F. Terfrüchte ist der Gründer des Kölner FriedhofsMobils.

Josef F. Terfrüchte ist der Gründer des „Kölner FriedhofsMobils“. Seit mehr als 25 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich für den kostenlosen Fahrdienst, der Hinterbliebene zum Friedhof begleitet. Jetzt bekommt er dafür den Ehrenamtspreis der Stadt Köln.

Vor mehr als 25 Jahren bekam Josef F. Terfrüchte einen Anruf von einer alten Dame aus Mülheim. Er erinnert sich noch genau an diesen Tag, es war ein Freitagnachmittag. Sie erzählte ihm, dass sie es körperlich nicht mehr zum Grab ihres Mannes schaffe. Zwischen dem Melatenfriedhof und Mülheim liegen rund acht Kilometer – ein unzumutbarer Mammutmarsch für die Trauernde. Familienmitglieder, die sie begleiten wollten, gab es nicht. Auch öffentliche Verkehrsmittel und Taxis seien keine Option gewesen. Ersteres zu umständlich, Letzteres zu teuer. Also blieb sie allein zu Hause. Terfrüchte, der zu der Zeit noch Geschäftsführer der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner war, erkannte das gesellschaftliche Ausmaß des Problems und entschloss sich, eine Lösung zu finden. Die Idee des „Kölner FriedhofsMobils“ war geboren.

Kostenloser Fahrdienst

Mit dem Ziel „Menschen Nähe zu schenken, wo sonst Leere ist“, machte sich der Ehrenamtler an die Arbeit und gründete den Verein „Senioren Servicedienste Köln“. Zwei Jahre später, im April 2002, nahm das Kölner FriedhofsMobil den Betrieb auf. Bis heute steht der kostenlose Fahrdienst von Montag bis Freitag zur Verfügung. Finanziert wird er durch Spenden. Wegen der hohen Nachfrage wurde 2019 ein zweites FriedhofsMobil angeschafft, das auch Rollstühle transportieren kann. „Das sind über 1600 Fahrten, die wir jährlich machen. Wir sind in den letzten Jahren bestimmt schon 15-mal um die Welt gefahren“, schätzt der Gründer.

Terfrüchte war über 20 Jahre lang Vereinsvorsitzender. Vor zwei Jahren hat der 74-Jährige die Position in jüngere Hände abgegeben. Trotzdem betont er: „Mein Herz schlägt weiterhin für die Senioren Servicedienste Köln, und ich werde auch in Zukunft ehrenamtlich unterstützen, wo ich nur kann.“ Für sein langjähriges Engagement erhält er in diesem Jahr den Ehrenamtspreis „KölnEngagiert“ in der Kategorie „Einzelpersonen“. Er habe nichts von der Nominierung gewusst und sich umso mehr über die Nachricht gefreut: „Ich fühle mich geehrt, dass ein Ehrenamt im Bereich Friedhof so viel Wertschätzung erfährt. Wir leisten etwas für die Bürgerinnen und Bürger, indem wir sie aus der Einsamkeit und sozialen Isolierung herausholen. Auch, wenn es nur für einen Tag mit dem FriedhofsMobil ist.“

Laut Terfrüchte gebe es keinen vergleichbaren Service in Deutschland. „Wir sind kein Taxi-Unternehmen, sondern ein Shuttle besonderer Art“, findet er. Denn das Angebot sei einzigartig in seiner Intensität und Organisationsstruktur. Es umfasst alle 59 Friedhöfe im Kölner Stadtgebiet und bringt die Seniorinnen und Senioren von der Haustüre direkt ans Grab – und wieder zurück. Möglich wird das durch eine Ausnahmegenehmigung der Stadt Köln, die den zwei hauptamtlichen Fahrern erlaubt, auf das Friedhofsgelände zu fahren. Das ist essenziell, weil die Mitfahrenden im Durchschnitt älter als 85 Jahre und in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Falls nötig, helfen die beiden Fahrer auch bei der Grabpflege und leisten emotionalen Beistand.

Terfrüchte selbst sei schon als Kind immer mit seinem Vater auf dem Friedhof gewesen, um die Gräber der Großeltern zu pflegen. So entwickelte er bereits früh eine Affinität für Friedhofskultur. Dass er einmal der Geschäftsführer der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner wird und sein Berufsleben größtenteils der Friedhofsarbeit widmet, hätte der studierte Agrarwirt nicht gedacht. Dass er zudem viele Stunden seines Privatlebens in das Kölner FriedhofsMobil investieren wird, noch weniger. Heute ist der Rentner froh darüber. Er resümiert: „Ich habe das Thema Friedhof auf dem Tablett getragen und ich habe gemerkt, dass der Friedhof mehr ist als nur eine Grabstätte. Er ist ein Kulturort, er ist ein Ort für Trauernde und er ist ein Ort für Liebende. Das heißt, der Friedhof steht mitten im Leben.“

Kommunale Fürsorgepflicht

Deshalb sieht Terfrüchte den Fahrdienst auch als kommunale Fürsorgepflicht. Das FriedhofsMobil ermögliche nicht nur einen sonst undenkbaren Friedhofsbesuch, sondern lasse die Mitfahrenden an der Gesellschaft teilhaben. Sie machen eine Art Stadtrundfahrt und können den alltäglichen Wahnsinn, der auf den Straßen und in der Großstadt passiert, kurzzeitig wieder miterleben. Terfrüchte erinnert sich gerne an eine alte Dame, die ihm begeistert erzählte: „Ich habe endlich noch mal den Dom gesehen!“ Es sind solche Aussagen, die dem Ehrenamtler am meisten bedeuten. Sie zeigen, wie wichtig das Kölner FriedhofsMobil für Hinterbliebene ist.

Die kostenlosen Fahrten von Montag bis Freitag, zwischen 9 und 17 Uhr, gelten für alle 59 Friedhöfe im Kölner Stadtgebiet. Telefonische Terminvereinbarungen unter 0221/569 10 48 17.