GroßbauprojekteStadt Köln steckt im Sanierungsstau

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Die Abbildung zeigt eine Visualisierung der geplanten neuen Historischen Mitte gleich nebem dem Römisch-Germanischen Museum am Roncalliplatz. Die Historische Mitte ist in moderner Fächerarchitektur geplant mit einer Glasfront im Untergeschoss zur Straße. Auch der Dom ist hinter dem Museum zu sehen.

Wichtige Bestandteile der Großprojekte-Liste sind die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums sowie die geplante Historische Mitte.

Rückblick: Überall in der Stadt sind sie zu finden: Großbauprojekte. Die Verwaltung steckt im Sanierungsstau, privaten Investoren gehen die Neubauten nicht schnell genug. Die Krönung in diesem Jahr: Eine Liste der teuersten Projekte der Stadt mit prognostizierten Kosten von 7,7 Milliarden Euro. 

Wo die Kölner auch hinsehen: Überall finden sie Baustellen, von Brücken, Bibliotheken oder auch den Bühnen mit der Oper. Und wenn es keine Instandsetzungen sind, sind es Großbaustellen von Museen oder Schulen. Die Stadt hat zu viele Aufträge, das hat Baudezernent Markus Greitemann im Rundschau-Interview bestätigt. Wie viele es sind und wie teuer das alles wird, das hat eine Liste aller Großprojekte gezeigt, die die Verwaltung im November der Politik vorgelegt hat. Aber nicht nur die Stadt will bauen, auch Investoren, und einer sorgte in diesem Sommer besonders für Aufsehen.

DEVK droht mit Wegzug

Der Versicherer DEVK droht im August mit dem Wegzug aus Köln. Das Neubauvorhaben am Standort in Riehl geht den Verantwortlichen zu langsam. Ein Aufschrei in der Politik, weil rund 22 Millionen Euro Gewerbesteuer jährlich dadurch flöten gehen könnten? Fehlanzeige. Die Entscheidung über einen Architektenwettbewerb wird zunächst vertagt – Politik in der Großstadt. Der Wettbewerb ist mittlerweile beschlossen worden, größer und teurer als eigentlich geplant. Vermutlich deswegen treibt mittlerweile auch der Investor das Projekt wieder langsamer voran. Es wird spannend, ob der Wettbewerb 2023 über die Bühne geht.

Dabei kam immer wieder ein Thema zur Sprache, das der Stadt und auch dem Baudezernat förmlich im Nacken saß: Die Höhenentwicklung. Das neue Konzept kommt erst in zwei Jahren, heißt es. Bis dahin läuft alles wie bisher: Einzelfallentscheidungen. Außer beim Lindgens-Areal im neuen Mülheimer Süden, da hat der Investor WvM Immobilien grünes Licht von der ständigen Jury für ein Hochhaus mit 20 Stockwerken bekommen – ohne Wettbewerb. Ende des Jahres war das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen.

Diskussion um Großprojekte-Liste

Noch gar nicht wirklich begonnen hat dagegen die Diskussion bei den gewaltigen Bauvorhaben der Stadt. Unterm Strich stehen dort 7,7 Milliarden Euro für Brücken und Schulen, auch eine unterirdische Lösung für die Ost-West-Stadtbahn findet sich auf der Liste – Kostenprognose hier: 906,8 Millionen Euro. Doch das ist nicht mal das teuerste Vorhaben. Das sind zwei Schulbaupakete, die zusammen 2,4 Milliarden Euro kosten sollen. Die Frage kommt auf, was die Stadt sich überhaupt leisten und umsetzen kann? Besonders in Zeiten von steigenden Preisen, der Energiekrise und des Ukraine-Kriegs.

Doch was bedeuten fast acht Milliarden Euro eigentlich für eine Metropole wie Köln? Als die Liste dem Rat vorgestellt wurde, hat die Grünen-Fraktionsvorsitzende Christiane Martin erklärt: „Sieben Milliarden, auf 15 Jahre gerechnet, ist in einer Stadt wie Köln nicht exorbitant.“ CDU-Parteichef Bernd Petelkau hat gesagt: „Es besteht kein Zweifel, dass Köln keine Luxusprojekte hat, sondern nur notwendige.“

Doch was ist notwendig? Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat im Rundschau-Interview betont: Schulbau, Brückesanierungen und mehr. Sie hatte der Politik die Liste unbedingt vorlegen wollen, damit sichtbar wird, wie viel der Stadtrat in jüngster Zeit beschlossen hat. Christian Joisten (SPD) hat es so formuliert: „Es gibt keine zwei Meinungen, dass alles, was sanierungsbedürftig ist, auch getan werden muss.“

Spannend wird es, wenn die politische Diskussion darüber, welche Projekte möglicherweise doch gestrichen werden können, im nächsten Jahr Fahrt aufnimmt. Besonders bei der FDP stand die Historische Mitte dabei hoch im Kurs. Doch eigentlich kommt es nur auf eine Frage an, und die hat Heiner Kockerbeck (Die Linke) auf den Punkt gebracht: „Welche Projekte sind wichtig für die Bürger dieser Stadt?“

Keine Ende der Steigerungen in Sicht

Doch nicht nur Rekers Liste sorgte 2022 für Aufsehen. Baudezernent Greitemann hat die aktualisierte Kostenprognose für das Römisch-Germanische Museum vorgestellt: 91,2 Millionen Euro statt zuvor 41,7 Millionen; eine Steigerung von 120 Prozent. Kostensteigerung gab es auch bei den Bühnen der Stadt. Mittlerweile hat die Prognose inklusive aller Risiken 660 Millionen Euro erreicht, soll aber noch überarbeitet werden.

Auf diese aktualisierte Prognose, aber auch auf die neue Berechnung für das Museum im Quartier (MiQua) dürfen die Kölner besonders gespannt sein. Beide sind für Anfang des Jahres angekündigt. Beim neuen jüdischen Museum hatte die Stadt immerhin gute Nachrichten: Im Dezember wurden die Verträge mit dem neuen Stahlbauer unterzeichnet. Den Vorgänger hatte die Stadt wegen Qualitätsmängeln ein Jahr zuvor gefeuert.

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