Die Kinderschutzambulanz im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße kümmert sich um Kinder, bei denen der Verdacht oder der Nachweis einer Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.
Auf Spenden angewiesenKinderschutzambulanz betreut mehr als 200 Kinder pro Jahr

Das Team der Kinderschutzambulanz und mit dem Chef der Kinderklinik, Professor Dr. Michael Weiß: (v.l.) Dr. Birte Mack-Detlefsen (Oberärztin Kinderchirurgie), Michelle Rohde (Diplompsychologin) und Dr. Maren Friedrich (Oberärztin Kinder- und Jugendmedizin).
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Vernachlässigung, sexuelle, psychische oder körperliche Gewalt: 2022 haben die Jugendämter in Deutschland mehr als 62.000 solcher Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt. „Jedes Jahr wächst diese Zahl, die Tendenz ist steigend“, sagt Dr. Maren Friedrich, Leiterin der Zentralen Notaufnahme im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße. „Weggucken ist keine Alternative.“ Um das Kindeswohl noch intensiver zu schützen, hat sie zusammen mit ihrer Kollegin Dr. Birte Mack-Detlefsen, Oberärztin in der Kinderchirurgie, vor zweieinhalb Jahren die Kinderschutzambulanz im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße eröffnet. Der Bedarf ist hoch: Im ersten Jahr kamen knapp 40 Kinder in die Ambulanz, mittlerweile kommen mehr als 200 Kinder im Jahr, bei denen der Verdacht oder der Nachweis einer Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.
Eine Kinderschutzgruppe, die sich um stationär aufgenommene Kinder mit einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung kümmerte, gab es schon lange an der Amsterdamer Straße. Die Aufgaben der Ambulanz gehen jedoch noch darüber hinaus. „Wir sind ansprechbar für Kinder und Eltern, aber auch für niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte, sowie Institutionen wie Kindergärten, Schulen und das Jugendamt“, erklärt Maren Friedrich. Das niederschwellige Angebot kann ohne Überweisung genutzt werden. Auch können Familien in uneindeutigen Fällen über einen längeren Zeitraum präventiv betreut werden, um regelmäßige Untersuchungen durchzuführen.
Schrank zur Spurensicherung
Bevor Maren Friedrich ein Kind untersucht, erklärt sie den Kindern zuerst alle Schritte an einer Stofftiergiraffe. „Entscheidend ist, was das Kind möchte“, sagt die Ärztin. Bei Verdacht auf sexuellen Kindesmissbrauch werden mithilfe eines Kolposkops, eine Art Mikroskop für gynäkologische Untersuchungen, fotografisch Spuren gesichert. „Das betrifft alle Altersgruppen, vom Säugling bis zum Teenager“, so Friedrich. In dem massiven Schrank, der im Untersuchungszimmer steht, werden die gesicherten Spuren aufbewahrt - für die Kriminalpolizei, die dann eingeschaltet wird, wenn sich ein Verdacht bestätigt. In vielen Fällen von sexuellem Missbrauch kommt die Ärztin selbst in ihrer Freizeit ins Krankenhaus und führt die wichtigen Untersuchungen durch.
Im interdisziplinären Team der Kinderschutzambulanz arbeitet neben der fachärztlichen Kollegin Dr. Philine Geller auch Diplompsychologin Michelle Rhode. Über das gemeinsame Spielen gewinnt sie oft das Vertrauen der Kinder. „Wenn ein Kind Verletzungen hat, zum Beispiel Hämatome oder ein Knochenbruch, die nicht zu den Erklärungen der Eltern passen, schauen wir genauer hin“, erklärt Rohde. „Aber auch, wenn es andere Auffälligkeiten gibt, die auf eine Vernachlässigung hindeuten.“ Das kann eine nicht adäquate Bekleidung sein, deutliches Untergewicht oder auch besonders viel Karies an den Zähnen. Ärzte, Rechtspsychologen, Sozialdienst und Jugendamt beraten dann oft gemeinsam, wie es weitergeht. Auch der Austausch mit der Rechtsmedizin an der Kölner Uniklinik und dem dort angegliederten Kompetenzzentrum Kinderschutz im Gesundheitswesen sei sehr hilfreich. „Dass die Kinder nicht durchs Netz fallen, dass alle Institutionen miteinander sprechen und dass sie sich austauschen - das ist das Entscheidende im Kinderschutz“, so Friedrich.
Der blaue Fleck selbst ist in ein paar Minuten medizinisch behandelt - aber das Problem des blauen Flecks kann einen Monat oder ein Jahr oder ein halbes Leben beinhalten, wenn es um Gewalt, vielleicht sogar in mehreren Generationen geht.
Viele Fälle sind zeitintensiv, alles muss genauestens dokumentiert werden. Obwohl die Kinderschutzambulanz an das Kinderkrankenhaus angegliedert ist, können einzelne Fälle dennoch nicht ausreichend von den Krankenkassen abgerechnet werden. Daher ist die Kinderschutzambulanz auf Spenden angewiesen. „Für die individuellen Patientenkontakte und Untersuchungen gibt es kein Refinanzierungssystem. Der blaue Fleck selbst ist in ein paar Minuten medizinisch behandelt - aber das Problem des blauen Flecks kann einen Monat oder ein Jahr oder ein halbes Leben beinhalten, wenn es um Gewalt, vielleicht sogar in mehreren Generationen geht“, erklärt der Chef der Kinderklinik, Professor Michael Weiß. Ohne Spenden sei vor allem der Personalschlüssel nicht zu halten.
Benefiz-Orgelkonzert
Die Kölner Rotary-Clubs haben sich zusammengeschlossen und eine gemeinsame Benefizveranstaltung zugunsten der Kinderschutzambulanz in der Kinderklinik Amsterdamer Straße organisiert.
Am Donnerstag, 11. Januar, findet im Kölner Dom ein Orgelkonzert mit Domorganist Winfried Bönig statt. Gespielt werden Stücke unter anderem von Mozart, Bach und Händel. Moderiert wird der Abend von Domkapitular Dominik Meiering.
Beginn ist um 20.15 Uhr. Der Eintritt ist frei. Bei Bestellung der Einlasskarten über kölnticket wird jedoch um eine Spende zugunsten der Kinderschutzambulanz gebeten.