Julian Braun kombiniert seine Faszination für Musik und Typografie in preisgekrönten Kunstprojekten. Aktuell ist er auf der Suche nach einem Kölner Atelier.
Kölner KünstlerJulian Braun gewinnt Manufactum-Staatspreis NRW

Julian Braun
Copyright: Julian Braun
„Erstmal war ich einfach baff. Und ich habe mich unfassbar gefreut“, erzählt Julian Braun. Er hat gerade den Manufactum-Staatspreis für angewandte Kunst und Design im Handwerk gewonnen in der Kategorie Bild- & Druckmedien. „Ich mache zwar schon sehr lange Design und Kunst. Aber ich habe mich lange nicht getraut, das zu zeigen“ führt er fort. Als er mit 16 aus der Realschule kam, hat er sich überall beworben. Als Mediengestalter und gestaltungstechnischer Assistent. Genommen wurde er nicht. „Das hat mir so ein bisschen den Stecker gezogen.“
Musik als Türöffner zur Kunstwelt
Was nicht heißen soll, dass Braun die Flinte ins Korn genommen hätte. Zunächst stand die Musik im Vordergrund, auch ein wenig gegen den Widerstand seiner Eltern. Heute hat er sich als Singer und Songwriter einen Namen gemacht, der gebürtige Mellener spielt Konzerte mittlerweile weit über seine Wahlheimat Köln aus. Letztendlich waren es dann die selbst gestalteten Cover seiner Musikprojekte, die Braun wieder zur Kunst führten. Zunächst für seine eigenen Veröffentlichungen, später auch für andere.
Gewinn mit begehbarem Gedicht „Dunkel war’s, der Mond schien helle“
Ausgezeichnet wurde Braun für seine Interpretation des Gedichts „Dunkel war’s, der Mond schien helle“. Konzipiert als begehbares Gedicht, faszinierte Julian Braun das Spiel der Gegensätze im Text. Sie ließen sich wunderbar übertragen auf die handgearbeiteten Linol-Drucke, 15 Einzelblätter. Eingereicht hatte Braun dazu eine weitere Fassung in Heftform sowie die originale, geschnittene Linoldruckplatte des Titelblattes. Die Jury überzeugte vor allem der „experimentelle, textbezogene Umgang mit Schrift und die Komposition der einzelnen Blätter in ihrer typografischen Vielfalt“. Die als „Typografiken“ bezeichneten Drucke machten den hohen Stellenwert von Schriftgestaltung qualitativ und gestalterisch erfahrbar.
Faszination für Schrift und Sprache im Zentrum
„Ich schreibe gerne, habe viel mit Schrift und Sprache zu tun und finde wahnsinnig spannend, was das bewirken kann“, erklärt Braun. Nach einer Lehre als Orthopädie-Mechaniker und dem Nachholen des Abiturs peilte er kurz eine klassische Studien-Laufbahn an, merkte aber schnell, dass das nicht seine Welt war – eigentlich mehr ein Schulbetrieb als alles andere“. Bis er schließlich auf Gut Rosenberg einen Platz fand, der Akademie für Handwerksdesign der Handwerkskammer Aachen. „Hier geht es freier, experimenteller zu“, sagt Braun.

Dunkel war's, der Mond schien helle: Julian Brauns Interpretation des bekannten Scherzgedichtes eines unbekannten Autors.
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Das Examen hat er vor ziemlich genau einem Jahr in Druckgrafik gemacht. Auch hier hatte ihn die vermeintliche Gegensätzlichkeit unterschiedlicher Sujets beeindruckt, das spiegelbildliche Arbeiten – die Vorlagen müssen schließlich alle spiegelverkehrt gefertigt werden. Und mittlerweile studiert er dann doch wieder, diesmal allerdings Bildende Kunst an der Alanus-Hochschule in Alfter – „ich mache eben alles irgendwie umgekehrt, von hinten nach vorne“, lacht der 35-Jährige.
Typografie als roter Faden in Brauns Schaffen
Die Typografie, sagt Braun, wird ihn immer beschäftigen. Sie sei so etwas wie ein roter Faden. Sein besonderes Augenmerk richtet er im Moment auf Installationen: Wie bewegt man sich, wie stellt man Dinge im Raum dar und forciert vielleicht auch die ein oder andere Interaktion mit den Rezipientinnen und Rezipienten. Dass der Staatspreis einer der bedeutendsten seiner Art in Deutschland ist, lässt sich unter anderem auch an seiner Dotierung ablesen: 10.000 Euro stehen den sechs Preisträgerinnen und Preisträgern jeweils zur Verfügung.
Es ist schade, dass sich Köln von Berlin so die Butter vom Brot hat nehmen lassen.
Die sollen eins zu eins wieder investiert werden, ein ganz billiges Vergnügen war die Kunst schließlich noch nie. Auch wenn er mittlerweile vor allem in der Kombination mit seiner Musik ganz gut davon leben kann. Doch ein Problem bleibt: Der junge Vater sucht wie so viele andere Künstler in Köln dringend ein bezahlbares Atelier. Die Drei-Zimmer-Wohnung beherbergt drei Personen, den Musikbereich, das Atelier, in dem auch Brauns Partnerin als Kunstlehrerin ihren Platz braucht.
Viel Hoffnung hat er da aber nicht, jedenfalls was die Stadt angeht: „Es ist schade, dass sich Köln von Berlin so die Butter vom Brot hat nehmen lassen und viele wichtige Projekte eingestampft hat.“ Zu wenige Ateliers, zu wenig Proberäume, zu wenig Förderung – das habe Berlin letztlich stark gemacht. „Das hätte Köln als die eigentliche Kunststadt gar nicht nötig gehabt“, findet Braun.