Konkretes Vorhaben in KölnRadfahrer sollen den Rheinufertunnel nutzen können

Lesezeit 5 Minuten
20210428_tb_Rheinufertunnel_004

Ein Radweg durch den Rheinufertunnel: Dieses Projekt will das Verkehrsdezernat 2024 angehen.

Köln – Der jüngste Versuch liegt mal gerade ein Jahr zurück. Damals sollten Radfahrer den Rheinufertunnel als „Umleitung“ für die Baustelle auf der Uferpromenade nutzen dürfen. Vor allem die Bezirksvertretung Innenstadt und die Kölner Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) machten sich dafür stark. Einer von mehreren Vorstößen in den vergangenen Jahren, die Doppelröhre auf der Straße Am Leystapel als Nord-Süd-Route für Radfahrer zu öffnen. Doch stets winkte die Stadtverwaltung ab. Nicht machbar. Zu gefährlich. Eine Ablehnung also für alle Zeiten? Nein. Auf Nachfrage der Rundschau bestätigt die Verwaltung nun: „Bei der Generalsanierung des Tunnels Rheinuferstraße wird die Möglichkeit einer Radwegführung in dem Tunnel einbezogen.“

Zeitplan sieht Sanierung für 2024 vor

Was nach Zukunftsmusik klingt, ist tatsächlich gar nicht so weit weg. Erst kürzlich hat das Verkehrsdezernat seinen Zeitplan für die Tunnelsanierungen vorgestellt. 2024 ist demnach der Rheinufertunnel dran. Unmittelbar werden Fahrradfahrer ab diesem Jahr aber den Tunnel nicht in den Blick nehmen können. „Es sind die bau- und betriebsrechtlichen Maßgaben aus der Tunnelrichtline zu beachten und zudem die dem Tunnel vorgelagerten Bereiche zu untersuchen, mit dem Ziel, die Verkehre möglichst konfliktfrei und leistungsfähig zu führen“, heißt es aus der Verwaltung.

Vor allem das Wort „leistungsfähig“ lässt Christoph Schmidt vom ADFC Köln aufhorchen. Das könnte die Sollbruchstelle für das Projekt werden. Denn wie sollen die Räder durch die Röhren geführt werden, ohne das der Pkw- und Lkw-Verkehr eingeschränkt wird? „Klar wird es dort enger, wenn beispielsweise ein Streifen rausgenommen wird“, sagt Schmidt. Dennoch steht für ihn fest: „Um den Tunnel kommen wir nicht herum.“ Denn die bisherige Nord-Süd-Passage führe die Radfahrer über die Uferpromenade: „Also durch eine Fußgängerzone“, so bezeichnet es der ADFC-Experte. Aber welcher Radfahrer fährt denn gerne durch einen lauten und dunklen Tunnel, in Konkurrenz zu 40-Tonnern? Schmidts Lösungsansätze: „Eine Röhre für Radfahrer, die unter der Decke verläuft.“ Das würde auch das Problem mit der starken Steigung am nördlichen Tunnelmund lösen. Denkbar sei auch eine Röhre für den Umweltverbund– also für Bussse und eben Räder – und eine für den motorisierten Individualverkehr – also für Autos und Laster.

Rundweg ablehnen will selbst der Auto-Club ADAC eine Radführung durch den Rheinufertunnel nicht. „Das muss aber definitiv baulich getrennt sein“, sagt der Verkehrsexperte Roman Suthold. Im Zweifel würde er dafür auch noch Platz im Tunnel sehen. „Eventuell könnte man die jetzigen Fahrstreifen verschmälern.“

Die Leistungsfähigkeit als Maßstab

Die Leistungsfähigkeit des Rheinufertunnels und damit der gesamten Rheinuferstraße ist für Teresa De Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU, die Kernfrage des Projekts. „Köln ist kein Dorf. Wir können hier nicht alles mit dem Lastenrad transportieren“, sagt sie. Die Rheinuferstraße sei die wichtigste Verbindung zwischen Niehler Hafen und der Industrie im Süden. Eine der großen Wirtschaftsachsen Kölns eben. Darum: „Von mir wird es keine Zustimmung geben, sobald ein Fahrstreifen wegfallen soll.“ Was aber nicht unbedingt gegen einen „Tunnel im Tunnel“ sprechen würde.

Ein uneingeschränktes „Ja“ zu dem Vorhaben kommt von Max Pargmann, verkehrspolitischer Sprecher von Volt. „Wir wollen dort für den Radverkehr eine Achse schaffen“, sagt er. Geht es um Sicherheitsfragen, gibt er zu bedenken, dass Fahrräder mit Elektromotor, für die ein Nummernschild vorgeschrieben ist, jetzt schon durch den Tunnel fahren müssen. „Natürlich ist der Rheinufertunnel nicht die angenehmste Strecke, aber das Problem könnte die Sanierung ja lösen“, so Pargmann.

Das könnte Sie auch interessieren:

Hinter dem Projekt steht auch Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. „Wie bei der Sanierung der Rheinuferpromenade sehr deutlich wird, sind die Radverbindungen auf der Nord-Süd-Achse rar.“ Der Tunnel sei vielleicht nicht optimal zum Radfahrern. „Er kann aber zu einer wichtigen von mehreren Nord-Süd-Strecken werden.“

Sollte die Tunnelsanierung vorgezogen werden?

Und Wahlen geht sogar noch etwas weiter als andere Befürworter des Vorhabens. „Nach Planungsstart für die Sanierung des Rheinufertunnels wird es nach bisheriger Schätzung acht Jahre bis zur Umsetzung brauchen“, sagt er. Beginnt die Planung wie von der Verwaltung vorgesehen im Jahr 2024, wäre der Rheinufertunnel somit frühestens 2032 mit dem Fahrrad zu durchfahren. „Für mich stellt sich da die Frage, ob wir die Sanierung des Rheinufertunnels nicht vorziehen sollten“, so Wahlen.

Kommentar zum Projekt: Ein teurer Wunsch

Ausgesprochen ist es schnell: Rheinufertunnel für den Fahrradverkehr frei geben. Um so langwieriger dürfte es wohl werden, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Denn technisch wird diese Maßnahme ein Großprojekt werden.

Seit dem verheerenden Feuer im Gotthardtunnel im Jahr 2001 müssen Tunnelanlagen hochkomplexe Technikbauwerke sein. In seinem Bestand genügt der Rheinufertunnel den Richtlinien bei Weiten nicht mehr. Mit seiner Sanierung muss er aber alle Auflagen erfüllen. Wer sich von dem Umfang ein Bild machen möchte, der schaue sich den Lövenicher Tunnel an.

Eine Röhre für Radfahrer, die unter der Tunneldecke verläuft, um die Steigung am nördlichen Tunnelmund auszugleichen, dürfte alleine schon mit den erforderlichen Fluchtwegen nicht kompatibel sein. Sollte das dann sogar noch unter der Maßgabe erfolgen, dass keine Spur wegfallen darf, müsste der Tunnel wohl tiefer gelegt werden. Bei jetziger Deckenhöhe ist kaum eine handbreit Luft nach oben, wenn ein 40-Tonner durch fährt.

Da muss die Frage erlaubt sein, ob ein viele Millionen verschlingender Umbau die Passierbarkeit per Rad wert ist.

Rundschau abonnieren