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„Dinge brauchen ewig“Lindenthals Bezirksbürgermeisterin spricht über ihren Abschied aus dem Amt

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Eine Frau im schwarzen Kleid mit beigem Blumenprintmuster steht an einer Straße, an der viele Autos parken.

Cornelia Weitekamp wird das Amt der Bezirksbürgermeisterin von Lindenthal abgeben.

Cornelia Weitekamp wurde nur ein Jahr nach ihrem Eintritt in die Partei der Grünen zur Lindenthaler Bezirksbürgermeisterin und steht bei den kommenden Kommunalwahlen für das Amt nicht mehr zur Verfügung. Im Interview spricht sie über ihre Gründe sowie ihre Erfahrungen in der Kommunalpolitik.

Sie sind 2020 Bezirksbürgermeisterin von Lindenthal geworden. Wie ist das passiert?

Weitekamp: Ich bin erst mit meinem Renteneintritt im Dezember 2019 in die Partei der Grünen eingetreten. Ich bin zu den Treffen gegangen und habe schnell Menschen kennengelernt. Die damalige Fraktionsvorsitzende der Grünen in Lindenthal, Claudia Pinl, wollte dann aus Altersgründen aufhören. Als ich das Angebot bekam, ihr Amt zu übernehmen, dachte ich, wenn sich die Möglichkeit bietet, als Fraktionsvorsitzende etwas zu bewirken, mache ich das jetzt. Für mich war aber klar, dass die CDU stärkste Kraft werden würde. Am Wahltag war ich dann erst einmal konsterniert über das Ergebnis. Ich hatte Sorge, dass ich dieses Amt nicht ausfüllen könnte. Wir stellten aber die größte Fraktion und eine oder einer von uns musste das machen.

Was wollten Sie bewirken?

Ich hatte keine konkreten Pläne. Im Laufe der Zeit hat es dann Dinge gegeben, die mir am Herzen lagen, beispielsweise die Situation am Platz der Kinderrechte, wo sich die Anwohner über die Skater empört haben, die dort Lärm verursacht haben. Ich habe versucht, einen alternativen Ort für einen Skatepark zu finden, was gelungen ist. Die Realisierung hat ja jetzt fünf Jahre gedauert, bis es jetzt gerade einmal ein Provisorium gibt. Damit habe ich nicht gerechnet.

Und der Platz ist immer noch nicht entsiegelt…

Das sind die Dinge, die es mir schwer gemacht haben. Dinge, von denen ich – offensichtlich fälschlicherweise – annehme, dass sie schnell erledigt werden können, brauchen ewig. Wir haben die Entsiegelung vor drei Jahren auf der Basis einer Vorlage der Stadtverwaltung beschlossen, wonach der Platz entsiegelt und dafür von einem Landschaftsarchitekturbüro ein Plan erstellt werden soll. Es gibt ein Büro, das den Platz kennt und nur beauftragt werden muss. Das Geld war da. Und dann habe ich herausgefunden, dass dieser Beschluss irgendwo ziemlich weit unten im Stapel gelandet ist.

Haben Sie eine Erklärung dafür?

Nein. Die Argumentation der Stadtverwaltung, dass ja ein Mitarbeiter das Ganze begleiten muss, die leuchtet mir nicht ein. Es muss niemand acht Stunden am Tag daneben stehen, wenn andere die Arbeit machen. Das Geld steht mittlerweile nicht mehr zur Verfügung

Sie sind ja auch wegen der Klärung der Zuständigkeit über die Sperrung der Kitschburger Straße vor Gericht gezogen. Könnte man den Bezirksvertretungen in Köln nicht mehr Zuständigkeiten einräumen?

Ich habe schnell gelernt, dass die Regeln der Gemeindeordnung diesbezüglich für den Rat nicht veränderbar sind. Der Rat kann also nicht selbst entscheiden, dass er die Zuständigkeit für irgendeine Sache oder einen ganzen Katalog an die Bezirksvertretungen abgeben kann.

Man kann das Kräfteverhältnis zwischen Rat und Bezirksvertretungen also nicht ändern?

Man könnte vielleicht in der Gemeindeordnung einen Katalog aufnehmen, bei welchen Themen das möglich wäre. Den gibt es nicht. Das wäre aber schön. Das würde auch der Tatsache Rechnung tragen, dass es in Köln große Stadtbezirke mit 150.000 Einwohnern gibt, die Bezirksvertretung aber trotzdem nicht viel zu sagen hat. Ob das so richtig ist, das kann man sich ja durchaus einmal fragen.

Blick durch ein Gitter auf eine Platane, die nah an einem Gebäude steht

Eine Platane am Bahnhof Belvedere gefährdet das denkmalgeschützte Gebäude. Um die Frage, ob der Baum gefällt werden darf, streiten sich die Behörden.

Jetzt zu dem größten Streit im Stadtbezirk: Wie könnte Ihrer Meinung der Konflikt um die Fällung der Platane am Bahnhof Belvedere beendet werden?

Frau Schock-Werner hat mich ja freundlicherweise die Stimme der Vernunft genannt – aber nein. Warum verhindert das Grünflächenamt stets, dass Bäume gepflanzt werden, wo Leitungen liegen? Weil es die Erfahrung gemacht hat, dass die Leitungen kaputtgehen, wenn darüber Bäume stehen. Dann kann es aber doch nicht sein, dass ein so großer Baum so nah an einem Denkmal stehen bleibt. Wir kämpfen für jeden Baum. Es werden aber unendlich viele große Bäume gefällt, weil sie im Nahbereich einer Baustelle stehen. Die Baumschützer tanzen für meinen Geschmack an der Platane um das goldene Kalb. In der Bezirksvertretung Lindenthal sind da alle derselben Meinung.

Was war für Sie das Schöne am Amt der Bezirksbürgermeisterin von Lindenthal?

Ich habe sehr viele Menschen kennengelernt, die wirklich gute Sachen machen. Und aufgrund meiner Initiative beteiligen wir nun die Jugendlichen an der Arbeit der Bezirksvertretung.

Und warum möchten Sie nicht wieder Bezirksbürgermeisterin werden?

Man ist als Bezirksbürgermeisterin doch sehr fremdbestimmt. Diese ganzen Kontakte sind zwar schön, fordern aber auch sehr viel Zeit. Ich glaube aber schon, dass es wichtig ist, diese Termine wahrzunehmen. In fünf Jahren bin ich 76 und weiß nicht, wie lange es mir noch gut geht. Die zeitliche Belastung ist groß.

Was wird wichtig in Lindenthal?

Es ist nach wie vor wichtig, dass Weiden auch zu Lindenthal gehört und dass es dort auch soziale Probleme gibt. Das darf nicht immer unter den Teppich gekehrt werden. Was nach wie vor fehlt, ist eine soziale Beratung für die Menschen, die dort wohnen, vor Ort.

Wie geht es für Sie weiter?

Ich gehe davon aus, dass ich wieder Mitglied der Bezirksvertretung sein werde. Ich möchte mich für Lieblingsthemen einsetzen, wie beispielsweise die Pflege der Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Igny, vielleicht mithilfe unserer jungen Mitglieder, weil ich gerade so einen persönlichen Austausch über die Grenzen hinweg sehr wichtig finde.


Cornelia Weitekamp ist 71 Jahre alt und in Dortmund aufgewachsen. Sie kam zum Jura-Studium nach Köln und hat danach als Fachanwältin für Medizin- und Arbeitsrecht gearbeitet. Sie ist Mutter zweier Kinder und vierfache Großmutter. Weitekamp wohnt seit 1996 in Lindenthal.