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Kitschburger Straße in LindenthalStreit um autofreie Zone und Zuständigkeit der Behörden

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Gesperrte Kitschburger Straße mit Fahrradfahrerin und Fußgängern.

Die Kitschburger Straße in Köln-Lindenthal führt durch den Stadtwald und ist am Wochenende gesperrt.

Der Streit um die Zuständigkeit über die Kitschburger Straße geht weiter. Die Bezirksvertretung möchte sie komplett sperren, die Kölner Verwaltung nur an Wochenenden. Welches Gremium ist wann zuständig?

Soll die Kitschburger Straße in ihrem Verlauf durch den Stadtwald nun dauerhaft für den Autoverkehr gesperrt werden oder nicht? Diese Frage hat bereits viele Menschen und politische Gremien mehrfach beschäftigt. Anwohner und Bürgerinitiativen wie die Initiative Autofreie Kitschburger setzen sich dafür ein, andere Bürger und Nachbarn sind dagegen – und so fielen auch die politischen Beschlüsse aus.

Streit um Zuständigkeit in Köln-Lindenthal

Die Bezirksvertretung Lindenthal beschloss vor einiger Zeit mit knapper Mehrheit, dass der motorisierte Individualverkehr nicht nur – wie bislang – an den Wochenenden, sondern auch werktags von der Straße verbannt wird. Dann erklärte der Verkehrsausschuss der Stadt Köln die BV für nicht zuständig, eine solche Entscheidung zu treffen – und beschloss, dass die Kitschburger Straße an den Wochentagen für den Autoverkehr geöffnet bleibt.

Die Bezirksvertretung Lindenthal möchte sich jetzt dagegen zur Wehr setzen. Sie wird aufgrund des Streits über die Sperrung der Kitschburger zunächst den Hauptausschuss des Stadtrates zur Klärung anrufen. Wenn dieser befindet, dass der Verkehrsausschuss für die Entscheidung zuständig war, wird die BV gegen die Entscheidung den Rechtsweg beschreiten und anwaltlich prüfen lassen, welche Erfolgsaussichten eine Klage hat. Das hat sie in ihrer vergangenen Sitzung beschlossen.

Fragen um die generelle Zuständigkeitsordnung in Köln

Die Bezirkspolitik möchte damit ein Exempel statuieren. Das Zuständigkeitsgerangel um die Kitschburger Straße soll als konkreter Anlass dienen, um einmal grundsätzlich zu klären, welches Gremium wann entscheiden darf. Zwar sind deren Kompetenzen in der Zuständigkeitsordnung der Stadt Köln festgelegt. Diese lässt aber Interpretationsspielraum.

Nach der Zuständigkeitsordnung sind die Bezirksvertretungen für Entscheidungen über solche Straßen zuständig, die nicht über den Bezirk hinausgehen. In dem Abgrenzungskatalog zu der Zuständigkeitsverordnung sind Beispiele für Straßen mit überörtlicher Bedeutung genannt wie Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Daneben sind einzelne Straßen in den Bezirken aufgeführt, für die der Verkehrsausschuss ebenfalls zuständig ist.

Die Kitschburger Straße ist keine Bundes-, Landes- oder Kreisstraße und auch nicht im Straßenkatalog genannt. Nach Ansicht des Verkehrsausschusses und Auskunft der Verwaltung hat sie allerdings trotzdem überbezirkliche Bedeutung, weil sie Teil des „Vorbehaltsnetzes“ für die Feuerwehr sei. Dabei handelt es sich um ein gesamtstädtisches Netzwerk von großen Straßen, die möglichst jederzeit ohne Einschränkungen befahrbar sein müssen.

Diskussionen über Gültigkeit des Gerichtsurteils

In einem Urteil aus dem Jahr 2001 hatte das Verwaltungsgericht der Kitschburger Straße eine überbezirkliche Bedeutung zugesprochen, weil sie Teil des Vorbehaltsnetzes sei. So hatte das Gericht den Verkehrsausschuss für zuständig angesehen. Auf dieses Urteil berufen sich Verkehrsausschuss und Verwaltung.

Es ist allerdings bereits über 20 Jahre alt. Und seit 2009 gibt es ein neues Vorbehaltsnetz, in dem die Kitschburger Straße nicht mehr enthalten ist. Daher möchten die Bezirksvertreter den Beschluss des Verkehrsausschusses und seine Begründung nicht hinnehmen. „Aufgrund der geänderten Faktenlage hat die Kitschburger Straße keine Bedeutung mehr, die über den Stadtbezirk hinausgeht“, sagt Roland Schüler (Grüne), Verkehrsexperte der BV Lindenthal „damit ist das Gerichtsurteil als Grundlage für die Beurteilung der Situation hinfällig.“

Lindenthaler Bezirksvertretung fordert mehr Mitspracherecht

Friedhelm Hilgers, Vorsitzender der SPD-Fraktion und zugleich Mitglied der Kommission „Stärkung der Bezirke“ bei der Oberbürgermeisterin, erläuterte das allgemeine Anliegen der Bezirksvertretung: „Wir bemühen uns darum, dass unsere Rechte nicht beschnitten, sondern ausgeweitet werden“, so Hilgers. Im Ergebnis dürfe der Stadtrat nur über solche Dinge entscheiden, die eindeutig im gesamtstädtischen Interesse liegen. Alles andere, das im Stadtbezirk beurteilt werden kann und in die örtliche Zuständigkeit fällt, sollten auch die Bezirksvertretungen entscheiden.

Marliese Berthmann (CDU) sprach sich allerdings dagegen aus, den Streit um die Kitschburger Straße zum Präzedenzfall für die Klärung werden zu lassen: „Wir benötigen dringend Klarheit“, sagte sie, „aber wir alle wissen, wie lange es gedauert hat, bis wir zu einer Entscheidung über die Kitschburger Straße kamen. Ich halte es für unklug, dass ausgerechnet an diesem Beispiel dieses Verfahren eröffnet wird.“ Ihre Parteikollegin, die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker, sah das anders: „Die Neuordnung der Zuständigkeiten ist ein lernender Prozess. Es treten unklare Situationen auf, und die müssen unbedingt geklärt werden.“

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