„Veedelstrommler“ heißt die Veranstaltung, die alle zwei Wochen im Haus Andreas stattfindet. Das Clarenbachwerk lädt dazu auch Gäste aus ganz Köln ein.
„Je lauter, desto besser“Senioren mit Demenz treffen sich zum Trommeln

Der Veranstaltungssaal des Haus Andreas ist gefüllt mit älteren Trommlern und Trommlerinnen.
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Der Mann in der Mitte gibt den Rhythmus vor. „Eins, zwei, drei, Stop!“, sagt er, begleitet von Schlägen auf eine Art Glocke. Die älteren Menschen um ihn herum klopfen auf Hand- oder Standtrommeln passend mit. Schnell haben sie den Takt heraus. Nikolas Geschwill wechselt in einen Vierertakt. Die Senioren und Seniorinnen folgen problemlos. Dabei haben sie alle eines gemeinsam: ein Problem mit dem Gedächtnis.
Das hindert sie aber nicht daran „Veedelstrommler“ zu sein. So nennt sich die Veranstaltung, die der Musiktherapeut Jochen Ten Hoevel alle zwei Wochen an Demenz erkrankten Bewohnern und Bewohnerinnen des Clarenbachwerks sowie den Besuchern und Besucherinnen der dortigen Tagespflege anbietet. Heute findet sogar ein offener „Drum Circle Event für Menschen mit Demenz“ statt, zu dem alle betroffenen Kölner und Kölnerinnen eingeladen sind.
Rhythmusgefühl bleibt lange erhalten
Daher ist der Saal im Haus Andreas des Clarenbachenwerks an diesem Tag rappelvoll. Viele Gäste sind im Heinrich-Püschel-Haus zu Hause, das einen Schwerpunkt auf die Pflege demenzkranker Menschen gelegt hat. Auch Frans De Becker will heute trommeln. Der Senior kommt in Begleitung seiner Tochter, besucht normalerweise eine andere Tagespflege. Er sei immer musikbegeistert gewesen, habe leidenschaftlich Gitarre gespielt. So viel weiß der Mann noch. Das Gitarre-Spielen will nicht mehr so richtig klappen, aber Trommeln geht. „Je lauter, desto besser“, sagt De Becker und strahlt.

Ein Mitarbeiter des Clarenbachwerks unterstützt eine Trommlerin dabei, den Takt zu finden.
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Franziska Heidemann vom Förderprogramm „Lange fit durch Musik“ des Bundesverbandes Chor und Orchester, der das Projekt Veedelstrommler unterstützt, kann das erklären: „Rhythmische Fähigkeiten bleiben noch sehr lange erhalten“, sagt sie. „Musik gilt als Königsweg für Menschen mit Demenz. „Sie spricht sehr unterschiedliche Regionen im Gehirn an, abgesehen von den kognitiven, vor allem die emotionalen.“ Die würden zunehmend zur zentralen Wahrnehmungsebene.
Diese Erfahrung hat auch Projektleiter Jochen Ten Hoevel gemacht. „Wir haben beim Trommeln keinen Liederkanon, auf den wir zurückgreifen müssen, keine Texte, an die man sich erinnern muss.“ Die Moderation im Kreis funktioniere zumeist über Körpersprache. Der Rhythmus würde oft spontan entstehen, im Moment. Selbst ängstliche und schüchterne Menschen, die aufgrund ihrer Demenz sehr in sich zurückgezogen seien, würden im Trommelkreis aufblühen. „Das Trommeln weckt eine kindliche Freude.“ Andrea Wehlert, Leiterin des Heinrich-Püschel-Hauses teilt die positive Erfahrung: „Die Menschen sind mit Begeisterung dabei“, schildert sie. „Zum Teil werden sie dadurch mobiler, wacher, orientiert, wirken zugewandter und sind viel kommunikativer.“ Das Clarenbachwerk möchte die „Veedelstrommler“ langfristig fest in seinem Programm etablieren und möglichst viele Menschen teilhaben lassen.
In der Tagespflege Heinrich Püschel Haus des Clarenbachwerks, Neuer Grüner Weg 25, findet einmal monatlich der Gesprächskreis „Leben mit Demenz“ für Angehörige, Freunde von Betroffenen und alle Interessierten statt. Die Teilnahme ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich. Der nächste Termin ist Freitag, 21. November, 15 bis 16.30 Uhr. Weitere Informationen gibt es telefonisch unter 0221-4985-8070 oder per Mail an tagespflege.hph@clarenbachwerk.de
