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HilfsprojektSülzer Kinderärztin hilft als „German Doctor“ in Kenia

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Das Bild zeigt Helena Sauter mit dem Team der Ambulanz vor der Rolling Clinic (LKW im Hintergrund)

Das Bild zeigt Helena Sauter mit dem Team der Ambulanz vor der Rolling Clinic.

Helena Sauter ist Kinderärztin an der Uniklinik und hat sechs Wochen in einer Ambulanz in Kenia gearbeitet – und möchte das wieder tun.

Unbekümmert stürmte der kleine Junge bei jedem Besuch der Krankenstation ins Behandlungszimmer und setzte sich direkt auf den Schoß von Helena Sauter. Die Sülzerin und Kinderärztin der Uniklinik freut sich darüber, dass der Arztbesuch für den Kleinen offensichtlich ein Abenteuer war. Ein Grund für das Vertrauen ihrer jungen Patienten in Kenia war wohl auch die Dankbarkeit ihrer Eltern und der gesamten Bevölkerung, dafür, dass es an ihrem Wohnort Athi River, eine Stunde entfernt von der Hauptstadt Nairobi, die medizinische Ambulanz gibt.

Sauter war sechs Wochen als Teil des Ärzteteams der „German Doctors“ dort. Sie haben die Krankenstation vor fünf Jahren aufgebaut, mit einem nachhaltigen Ansatz: „Wir kaufen das Material, das wir benötigen, vor Ort“, erzählt die 33-jährige Kinderärztin. „Wir fördern lokale Kräfte und bilden sie aus.“ So ist die Ambulanz dauerhaft mit kenianischen Mitarbeitern besetzt. Jeweils drei „German Doctors“ sind dabei ebenfalls im Einsatz.

Der Smog verursacht Atemwegserkrankungen

Die Krankenstation, bestehend aus mehreren Behandlungsräumen, einem kleinen Labor und einer Notaufnahme, ist mittlerweile etabliert. „Jeden Morgen warten dort bereits bestimmt 50 bis 100 Menschen“, schildert Sauter. Geduldig würden sie viele Stunden ausharren, bis der Arzt oder die Ärztin Zeit für sie hat. Vier Tage in der Woche sind Ärzteteams aber auch mit einer rollenden Ambulanz unterwegs an entferntere Orte, deren Bewohner und Bewohnerinnen es sich zeitlich oder finanziell nicht leisten können, zur Ambulanz zu reisen.

Helena Sauter bei der wöchentlichen Fortbildung mit dem Team

Helena Sauter bei der wöchentlichen Fortbildung mit dem Team

Die Mitarbeiter kümmern sich um Groß und Klein. Die Kinderärztin war aber mit den jungen Patienten befasst und ihren gesundheitlichen Problemen. Oft seien es die üblichen Wehwehchen, wie Husten und Schnupfen, erzählt Sauer. Viele Atemwegserkrankungen werden aber durch die Lebensbedingungen verursacht, denn Athi River ist voll von Staub. Aufgewirbelte Erde mischt sich mit Qualm aus den Fabriken, sodass ständig Smog herrscht.

Hygienische Verhältnisse führen zu Magen-Darm-Infektionen

Die Stadt ist durch die Nähe zu Nairobi und die Industri­alisierung, der Ansiedlung von Zementfabriken und Stahlindustrie, explodiert. Gut bezahlte Arbeit gibt es jedoch nur für die Wenigsten. Die meisten der rund 70.000 Menschen in den Slums arbeiten als Tage­löhner und leben in notdürftig gebauten Häusern aus Wellblech und Lehm, ohne Dinge wie eine Krankenversicherung.

Eine Kanalisation gibt es nicht. Wasser muss teuer gekauft werden. Die schlechten hygienischen Verhältnisse hinterlassen bei der Bevölkerung ihre Spuren: Magen-Darm-Erkrankungen gibt es sehr häufig, erzählt Sauter. Sie könnten kurzfristig lebensbedrohlich sein, weil sehr viele Kinder unterernährt seien. Langfristig würde die Unterernährung die motorische und geistige Entwicklung verzögern. Das geschwächte Immunsystem begünstige Infekte.

Nachhaltige Hilfe bei erwarteter Zunahme von HIV-Erkrankungen

Im Projekt steuere man nachhaltig dagegen: „Das Team versucht, die Eltern mithilfe eines Suaheli-Dolmetschers oder -Dolmetscherin aufzuklären“, erzählt Sauter. „Es gibt eine Ernährungsberaterin vor Ort. Einmal in der Woche findet auch ein Kochkurs mit den Familien statt. Eine Physiotherapeutin kann bei motorischen Defiziten unterstützen.“

Auch an Tuberkulose litten einige Kinder, und an HIV. „Als ich vor Ort war, hat die amerikanische Regierung gerade die Hilfeprogramme von USAID eingestellt“, erzählt die Kinderärztin. Das Projekt sei unmittelbar betroffen gewesen, weil es mit Partnerorganisationen zusammenarbeite, die von USAID gefördert wurden. „Personal musste von einem auf den anderen Tag freigestellt werden und ihre weitere Finanzierung ist seither ungewiss“, sagt Sauter.

Für die Familien vor Ort habe das dramatische Folgen: „Die mit HIV infizierten Menschen sind darauf angewiesen, regelmäßig ihre Medikamente zu bekommen“, so die Ärztin. Geschehe das nicht, würden deutlich mehr Mütter das Virus auf ihre Kinder übertragen. „Die HIV-Infektionen vor Ort werden jetzt drastisch steigen.“ Sauter möchte gerne wieder dabei sein, um zu helfen – und das Team wiederzusehen. Seine Arbeit hat sie beeindruckt: „Alle dort sind sehr motiviert und gehen sehr wertschätzend miteinander um.“