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Neues Justizzentrum Köln
Neubau wird zum Langzeitprojekt – Fertigstellung wohl erst 2040

Lesezeit 5 Minuten
Das 1981 eröffnete Hochhaus für Landgericht und Amtsgericht wird 2034 abgerissen.

Das 1981 eröffnete Hochhaus für Landgericht und Amtsgericht wird 2034 abgerissen.

Kölns neues Justizzentrum wird wohl frühestens 2040 fertig. Der Rundschau liegt ein Zeitplan vor, laut dem der Abriss des Hochhauses erst 2034 erfolgen soll.

Wie unfassbar aufwendig große Bauprojekte geworden sind, zeigen derzeit die beiden Mammutvorhaben des Justizministeriums in Köln. So wird der Abriss und Neubau des 24-stöckigen Justizzentrums an der Luxemburger Straße noch mindestens 15 Jahre bis zur Fertigstellung benötigen und am Ende deutlich über eine halbe Milliarde Euro kosten. Erst in der vergangenen Woche berichtete die Rundschau zudem über Zeitplan für Abriss und Neubau der Justizvollzugsanstalt in Ossendorf, der sich bei Dauer und Kosten in einem ähnlichen Rahmen bewegt.

Entscheidung im Architektenwettbewerb

Ähnlich wie beim Gefängnis vergehen auch beim Justizzentrum Jahrzehnte von der ersten Idee bis zur geplanten Fertigstellung. Die ersten Gespräche über einen Neubau des 1981 eröffneten Turms in Sülz datieren bereits auf 2009 zurück. 15 Jahre später soll nun der Architektenwettbewerb enden. Diesen Mittwoch, 10. April, und Donnerstag, 11. April, wird sich das Preisgericht in der zweiten Stufe auf ein Ergebnis einigen. Rund eine Woche später soll der Sieger des freiraumplanerischen Wettbewerbs erstmals den Medien und der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Der Sieger der ersten Stufe, des städtebaulichen Wettbewerbs, stehen bereits seit anderthalb Jahren fest: Die Düsseldorfer Architekten von HPP und die Vössing Ingenieurgesellschaft, ebenfalls aus der Landeshauptstadt. Im Oktober 2022 überraschte die Jury mit der Entscheidung für deren Entwurf ohne Hochhaus. Statt des Turms sollen fünf rechteckige Bauten entstehen, deren Kubatur nun mit der zweiten Stufe des Wettbewerbs gefunden werden soll.

Das neue Justizzentrum soll sich auf fünf Bauten (links) verteilen. Damit soll ein Übergang in den Grüngürtel geschaffen werden.

Das neue Justizzentrum soll sich auf fünf Bauten (links) verteilen. Damit soll ein Übergang in den Grüngürtel geschaffen werden.

Kurz vor dem Preisgericht liegt der Rundschau nun ein Zeitplan für Abriss und Neubau der Bauten auf dem Grundstück vor. Die neuen Gebäude sollen in zwei Abschnitten realisiert werden. Zunächst auf dem östlichen Teil: So soll der Abriss des H-förmigen Baus – in dem die Staatsanwaltschaft sitzt – im 1. Quartal 2028 beginnen und gut ein Jahr dauern. Anschließend soll ab dem vierten Quartal 2029 bis Ende 2033 der Neubau entstehen. In diesem Abschnitt entstehen drei der fünf künftigen Bauwerke.

Die Planung für das neue Justizzentrum.

Die Planung für das neue Justizzentrum.

Der Abriss des Justizturms, in dem Amts- und Landgericht beheimatet sind, soll nunmehr im vierten Quartal 2034 beginnen. Erst im vergangenen Oktober war bekannt geworden, dass der Rückbau frühestens 2031 starten könnte. Der neue Zeitplan sieht vor, dass der marode Turm im 1. Quartal 2036 dem Erdboden gleichgemacht sein wird. Der Neubau soll dann von 2036 bis Ende 2039 erfolgen. Abnahme, Inbetriebnahme und die Übergabe der Gebäude an die Justiz sind für das zweite Halbjahr 2040 angesetzt, die ersten Verhandlungen werden dort also frühestens am Ende der nächsten Dekade durchgeführt.

Fledermäuse und abstürzende Betonwinkel

Gründe für einen Neubau gibt es viele. Zum einen den schlechten baulichen Zustand des Justizzentrums. Die Rundschau berichtete immer wieder über Pleiten, Pech und Pannen vor Ort. Die spektakulärsten waren der Absturz eines vier Tonnen schweren Betonwinkels, der aus dem 18. Stock auf den Gerichtssaal 213 stürzte. Zwei Jahre später wurde er wiedereröffnet, nur um kurz darauf durch einen Wasserschaden erneut außer Gefecht gesetzt zu werden. 2021 fiel die Heizungsanlage aus und das Gebäude war einen Tag lang gesperrt. 2022 nisteten sich Fledermäuse im Haus ein.

Zudem reicht der Platz schlichtweg nicht mehr aus. In Leichtbauhallen sollen demnächst vier Sitzungssäle auf dem Parkplatz neben der Staatsanwaltschaft entstehen, zwei für das Amtsgericht, zwei fürs Landgericht. Dieses Provisorium soll bis zum Ende des 1. Quartals 2029 stehen bleiben. Die Leichtbauhallen machen dem eigentlichen Plan einen Strich durch die Rechnung. Denn ursprünglich war die Rede davon, dass auf dem Parkplatzgelände das erste neue Gebäude errichtet und die Staatsanwaltschaft dort vor dem ersten Abriss einziehen soll.

Interim nur einen Katzensprung entfernt

Die ehemalige Agentur für Arbeit wird derzeit von Investor Cresco Real Estate zum Interim umgebaut. Nach dem Auszug der Justiz sollen dort Apartments entstehen. Auf Anfrage der Rundschau erklärte der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW: „Auf die Ausführung der Sanierungsarbeiten hat der BLB NRW keinen unmittelbaren Einfluss. Der Umzugstermin ist abhängig vom Sanierungsfortschritt. Aktuell wird eine Fertigstellung für Mitte 2026 angestrebt. Ein Umzug der Justiz erfolgt nach Übergabe zeitnah.“

Neben Büros sollen im Interim auch Archivflächen, Seminarräume, eine Cafeteria, eine Bibliothek für die Angestellten der Justiz und eine Rechtsantragsstelle untergebracht werden, heißt es weiter. Der Kantinenbetrieb verbleibe im Sitzungssaaltrakt des Bestandsgebäudes. Zudem sei geplant, die Verhandlungssäle bis zur Fertigstellung der neuen Sitzungssäle zu betreiben.

Kosten von mehr als einer halbe Milliarde Euro

Bei der Frage nach den Kosten gab es bisher nur eine Antwort: Schweigen. Nun liegen Kostenrichtwerte vor, allerdings mit dem Stand von Ende 2022 und lediglich für die Kostengruppen 300 und 400. Damit sind Bauwerk und Bauwerkkonstruktion gemeint (KG300), die für beide Bauabschnitte 316.441.183 Euro betragen sollen. Die Kosten für die technischen Anlagen (KG400) werden mit 135.617.650,01 Euro veranschlagt. Das macht zusammen eine Summe von 425.058.833 Euro und einem Cent. Angesichts der starken Steigerungen bei Baupreisen der vergangenen Jahre könnte sich diese Summer zum einen seit 2022 bereits verändert haben, zum anderen bei der langen Dauer bis 2040 noch deutlich steigen.

Diese beiden Kostengruppen sind in der Regel die aufwendigsten. Noch nicht mit eingerechnet sind dort die Kostengruppe 200, zu der vor allem die Abrissarbeiten gehören, und die Kosten für unter anderem Außenflächen, Ausstattung und auch Finanzierung. Am Ende dürfte also eine Summe von weit über einer halben Milliarde Euro stehen. Beim geplanten Abriss und Neubau der JVA in Ossendorf rechnete der BLB NRW zuletzt mit Baukosten (KG200-600) in Höhe von gut 466 Millionen Euro, die Endsumme wird ebenfalls über 500 Millionen Euro betragen. Das Land NRW investiert somit in den nächsten 16 Jahren insgesamt deutlich mehr als eine Milliarde Euro in den Standort Köln, wo nicht nur das größte Gefängnis des Landes steht, sondern auch der größte Gerichtskomplex von NRW: Das Justizzentrum.

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