Verwaltungsposse in LindenthalKölner warten 30 Jahre auf einen Radstreifen

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Fahrt auf dem endlich vollendeten Radstreifen

Sülz  – Es war einmal – vor 30 Jahren. 1990, als der Bezirksbürgermeister noch „Bezirksvorsteher“ hieß, damals Hubertus Frysch, und ein auf der Fahrbahn markierter Radstreifen einer Revolution glich, begann das, was nun ein Happy End fand. Der Fahrradstreifen, der damals unter der Leitung von Frysch von der Bezirksvertretung Lindenthal auf der Berrenrather Straße zwischen Militärring und Sülzgürtel beschlossen, zunächst aber nur zwischen Militärring und Neuenhöfer Allee markiert wurde, ist endlich vollendet. Gerade wurde die Farbe für den Restabschnitt aufgetragen.

Kölner Verwaltung war nicht überzeugt 

Der Beschluss, der dieser Arbeit zugrunde liegt, gleicht längst einer Legende. Nur wenige erinnern sich noch dunkel daran. Im World-Wide-Web sind keinerlei Spuren davon mehr zu finden. Nur in den Papierarchiven gibt noch ein alter Artikel Auskunft darüber: Nachdem das Bezirksparlament 1990 beschlossen hatte, dass auf der Fahrbahn der Berrenrather Straße ein Fahrradschutzstreifen aufgetragen werden soll, schien die Stadtverwaltung zunächst wenig überzeugt davon, den Radverkehr auf die Straße zu verlegen.

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Der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete am 6. August 1992, als die Grünen mit einem roten Teppich für den Radstreifen demonstrierten... 

Nachdem sie den Beschluss zwei Jahre lang nicht umgesetzt hatte, griff die Politik zu einem etwas drastisch-anschaulichen Mittel, um ihre Vorstellung von einer modernen Lösung für das Miteinander von motorisiertem und pedalbetriebenem Verkehr zu veranschaulichen: Damals rollten Vertreter der Grünen einen einige Meter roten Teppich für die Radfahrer aus und stellten ein handgemaltes Radwegschild auf.

Polizei kam vorbei

Die Besatzung eines Streifenwagens, der zufällig vorbeikam, setzte der ungewöhnlichen Demonstration zwar schnell ein Ende. Der Textilstreifen nebst Schild musste schnell wieder verschwinden. Drei Jahre später entschloss sich die Stadtverwaltung allerdings, trotzdem den Vorschlag der Politik umzusetzen. Es sollte ein Test sein, ob eine solche Markierung die gleiche Sicherheit bietet, wie ein getrennter Radweg. Entscheidend waren aber vor allem die Kosten, denn mit rund 80 000 Mark war die Markierung die deutlich günstigere Alternative zu dem Bau eines getrennten Weges für die Radfahrer.

Erleichterung der Politiker

Mittlerweile sind Schutzstreifen für Radler auf der Fahrbahn längst kein Experiment mehr, sondern Standard, während die Pflicht, angelegte Radwege zu benutzen, in Köln seit sieben Jahren aufgehoben ist. Die steigende Zahl der Radfahrer in Köln benötigt zunehmend mehr Raum. Um so größer ist die Erleichterung der Bezirkspolitiker darüber, dass der Schutzstreifen zwischen Militärring und Sülzgürtel nun endlich komplettiert wird: „Fast 30 Jahre nach einem Beschluss können wir uns darüber freuen, dass er umgesetzt wird“, kommentiert Roland Schüler von Bündnis 90/Die Grünen.

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„Die Freude wäre natürlich noch größer, wenn solche Dinge grundsätzlich schneller gehen könnten.“ Das wünsche sich die Politik auch für den längst beschlossenen Umbau der Berrenrather Straße zwischen Gürtel und Universitätsstraße. Sechs Jahre sind nun immerhin vergangen, seit die erste Bürgerwerkstatt stattfand, in der das Konzept erarbeitet wurde. Die Politiker und Bürger hoffen nun, dass daraus nicht wieder Jahrzehnte werden.

Warum die Verspätung?

Warum es überhaupt so lange gedauert hat, dafür kennt Grünen-Bezirksvertreter Roland Schüler den Grund: „Anfang der 90er Jahre hat die Verwaltung angegeben, dass man den Schutzstreifen dort nicht markieren könne, weil die Straßenbahn dort verkehrte. Sie hatte dort eine Wendeschleife.“ Doch die gab es nach ein paar Jahren nicht mehr. Man habe es dann einfach trotzdem nicht umgesetzt, ohne weitere Begründung. Warum der Streifen nun aufgetragen wurde? „Das ist jetzt einfach ein Trostpflaster dafür, dass der lange schon geplante und beschlossene Umbau der Berrenrather Straße 2020 immer noch nicht erfolgt ist“, meint Schüler.

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