Ein 54-Jähriger steht wegen mutmaßlichem Totschlag in Köln vor Gericht, nachdem eine Frau aus dem Fenster sprang. Sie wies zudem Dutzende Stichverletzungen auf.
Prozess in KölnFrau springt in Todesangst aus dem Fenster – 54-Jähriger vor Gericht

In Köln-Mülheim ereignete sich das tödliche Drama. Nun muss sich der überlebende Mann vor Gericht verantworten.
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Im Oktober 2024 stürzt in Buchheim eine Frau (38) aus ihrem Küchenfenster im vierten Obergeschoss und schlägt auf den dort verlaufenden Fußweg auf. Der Körper der Frau ist mit Messerstichen übersät. Wenig später stürzt auch noch ein Mann (54) aus demselben Fenster. Auch er schlägt auf den Bürgersteig auf, auch er weist einen Messerstich im Bauchbereich auf.
Während die Frau trotz Wiederbelebungsversuchen durch Sanitäter noch vor Ort verstirbt, überlebt der Mann mit zahlreichen Knochenbrüchen schwer verletzt. Seit Freitag steht dieser Mann nun vor dem Landgericht. Während die Staatsanwaltschaft die Tat als Totschlag wertete, wies die 11. Große Strafkammer die Prozessparteien darauf hin, dass aus ihrer Sicht auch ein Mord aus niedrigen Beweggründen vorliegen könne. Demnach könne „übersteigertes Besitzdenken in Bezug auf die Geschädigte“ ein mögliches Tatmotiv gewesen sein.
Sachverständiger: Eine sterbende Frau, die gesprungen ist
Laut Anklage soll es am Nachmittag des 17. Oktober in der gemeinsam bewohnten Wohnung in Buchheim zu einem Streit zwischen dem späteren Opfer und dem Angeklagten gekommen sein. Zwei Tage zuvor, so heißt es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, soll sich die 38-Jährige von dem Mann getrennt und ihn zum Verlassen der Wohnung aufgefordert haben. Im Verlauf des Streits soll der 54-Jährige ein Küchenmesser mit rund 20 Zentimeter langer Klinge genommen und damit mindestens 26 Mal auf die Frau eingestochen haben, um sie zu töten.
„Die Geschädigte sah in ihrer Todesangst lediglich die Möglichkeit aus dem Küchenfenster der im vierten Obergeschoss gelegenen Wohnung zu springen, da der Angeschuldigte ihr den Weg zur Wohnungstür versperrte“, sagte der Staatsanwalt. Die Frau habe das Fenster geöffnet und sei über den Fensterrahmen gestiegen, während der Angeklagte ihr in den Rücken gestochen und das Rückenmark verletzt habe. Die Geschädigte sei dann aus dem Fenster gestürzt, was der Angeklagte billigend in Kauf genommen habe. „Anschließend versetzte sich der Beschuldigte mit dem Tatmesser einen einzelnen Stich in den Oberbauch, stieg ebenfalls auf die Fensterrahmen und ließ sich nach kurzem Zuwarten in die Tiefe fallen“, hieß es in der Anklage weiter.
Insgesamt wurde die 38-Jährige von mindestens 26 Messerstichen verletzt, die über den Bauch-, Brust-, Schulter- und Nackenbereich verteilt waren, wie der rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Markus Rothschild ausführte. Zudem wurde die Frau von mindestens zwei heftigen Messerhieben am Kopf getroffen. Darüber hinaus erlitt die Frau auch einen Stich in den Intimbereich. Sowohl die Stichverletzungen als auch der Sturz aus dem Fenster seien jeweils für sich tödlich für die 38-Jährige gewesen: „Im Grunde genommen, war es eine sterbende Frau, die da abgestürzt ist“, sagte Rothschild.
Auch der Angeklagte wurde schwer verletzt. Dem Vernehmen nach hatte der Mann sich rückwärts aus dem Fenster fallen lassen. Der 54-Jährige erlitt schwerste Knochenbrüche. Akute Lebensgefahr bestand bei dem Angeklagten dennoch lediglich aufgrund des selbst zugefügten Messerstichs, mit dem er seine Leber verletzt hatte. Der Prozess wird fortgesetzt.