Nie zu alt für den jungen LookKölner holt Hochbetagte vor die Kamera

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Der 93-jährige Rudolf Stember als Model

„Man ist niemals zu alt, um jung zu sein“, sagt Stephan Pick in seinem schicken Fotostudio in Buchheim. Der 57-Jährige hat Stars wie Mario Adorf, Thomas Gottschalk und Dennis Hopper in Szene gesetzt. Seit Kurzem gehört auch Rudolf Stember in die Reihe seiner Fotomodelle. Die Aufnahmen zeigen ihn mit Jeanshose, Baseballkappe, Kapuzenjacke und Sneakers, wahlweise mit Jeansjacke und lang baumelndem Hemd - und immer in lässigen Posen. Nicht erwähnenswert soweit, wäre Rudolf Stember nicht 93 Jahre alt.

Der Fotograf und der Rentner kennen sich seit Langem. Nachdem die Corona-Pandemie ihren Schrecken verloren hatte, wollte Rudolf Stember, seit seiner Kindheit am Deutzer Bebelplatz zu Hause, raus aus seinen vier Wänden und in der Innenstadt neue Klamotten kaufen. Ein Wunsch, der Stephan Pick schwer beeindruckte: „Die meisten in seinem Alter erzählen nur von Ärzten, Krankheiten und Sterben, er sagte: Nochmal einkleiden bitte.“ 

Mode für Senioren gefällt ihm nicht

Doch mit der Mode, die für seine Generation angeboten wird, hadert der agile Senior: „Was die anderen Leute anziehen, interessiert mich überhaupt nicht.“ Selbst viel Jüngere als er, also etwa 70-Jährige, zögen immer das Falsche an. Stoffhosen mit gebügelten Umschlägen am unteren Ende des Hosenbeins etwa. „Nee“, sagt der zweifache Großvater, der eher auf Jeans steht: „Das kann man heute nicht mehr tragen.“ So entstand die Idee, das auszuprobieren, was die Modeabteilungen ausreichend anbieten: Sachen für 25- bis 40-Jährige. Die Fotosession weitab von alt machenden Farben à la „Rentnerbeige“ machte Stephan Pick und Rudolf Stember eine Menge Spaß. Allein durch die hippe Brille sei „Rudi“ ein komplett anderer Typ geworden, sagt der Fotokünstler: „Kleider machen nicht nur Leute, Kleider machen auch jung.“

Diese Erfahrung wolle er nun auch anderen Senioren zuteilwerden lassen. „Es wäre gut, wenn sich ältere Leute melden, die zwischen 80 und 100 Jahre alt sind“, erklärt Stephan Pick das geplante Foto-Projekt. Auch sie wolle er cool vor seiner Kamera posieren lassen, denn „nach Corona müssen die Alten auch mal wieder raus“. Das Statement, das er mit seinen Aufnahmen wiederum an die heutige Influencer-Generation senden will, lautet: „Du kriegst auch mal graue Haare.“ Schönheit und Jugend seien eben vergänglich.

Die Mode der Jugend natürlich erst recht. Als Rudolf Stember 17 war, also kurz nach dem Krieg, waren noch dreiviertellange Kniebundhosen aktuell, auch Knickerbocker genannt. Viel zu melden hatte der junge Rudi aber nicht bei der Klamotten-Wahl: „Die Mode wurde diktiert von der Mutter, die guckte sich um, was die Jungs tragen. Das ist heute anders.“ Aber auch Rudolf Stember kennt seine modischen Grenzen. Jeans mit Löchern etwa seien für ihn ein absolutes No-Go.

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