Konzert in KölnFeine Fete oder Frechheit? - Der Auftritt von Avril Lavigne im Palladium

Lesezeit 3 Minuten
Avril Lavigne auf der Palladium-Bühne in Köln.

Avril Lavigne auf der Palladium-Bühne in Köln.

Pop-Punk-Ikone Avril Lavigne trat im Kölner Palladium auf. Doch ein Aspekt ihres Auftritts sorgte für große Verwirrung.

Man könnte jetzt schreiben, dass das eine Frechheit war. Oder eine feine Fete. Die Wahrheit liegt, so wie meistens, irgendwo dazwischen. Auch bei Avril Lavigne, die Mittwoch auf ihrer „Love Sux“ („Liebe nervt“)-Tour Station im Palladium machte. Der Laden ist ausverkauft, der Dresscode klar: leichtes Punk-Appeal, wahlweise mit kurzem Schottenfaltenrock zu Netzstrümpfen oder mit schwarzem Mini aus Leder oder Satin über transparenten schwarzen Strümpfen, die die Tattoos an den Beinen gut zur Geltung kommen lassen. Auch schwarze Hotpants aus ausgefranstem Jeansstoff sind erlaubt, all das, je nach Geschmack und Möglichkeit, kombiniert mit Sneakers oder Schnürstiefeln.

Mit 18 Jahren wurde die Frankokanadierin zur Ikone selbstbewusster, junger Frauen, 20 Jahre später ist sie das immer noch. Im Publikum sind viele, die kaum älter sind, als sie damals war, aber auch solche, die sich jetzt so langsam den 40 nähern. So wie sie. Ihren Markenzeichen ist Lavigne treu geblieben: glattes, vanilleblondes Haar mit Mittelscheitel, schwarz geschminkte Pandabär-Augen, nur den kurzen Rock hat sie gegen ein Sweatshirt getauscht, das so groß ausfällt, dass sie darin förmlich versinkt. Wodurch es dann doch wieder als Mini durchgeht.

Avril Lavigne in Köln: Setliste mit zehn Stücken

Die Frechheit: eine Setliste, die mit zehn Stücken und drei Zugaben extrem kurz ausfällt. Und, mit Blick auf die Uhr, noch kürzer. Der Hauptteil beginnt um 21.03 Uhr und ist um 22 Uhr zu Ende, die letzte Zugabe verklingt um 22.21 Uhr. Macht unterm Strich 78 Minuten. Minutenlang verschwindet Lavigne ganz von der Bühne. Was weitere 16 Minuten ergibt, die in Abzug zu bringen sind. Übrig bleibt gut eine Stunde Anwesenheit. Und die Frage: was hat sie in der Zeit, in der sie nicht war, bloß gemacht? Das Outfit gewechselt hat sie nicht. Das blieb bis zum Schluss das gleiche.

Die feine Fete: Superstimmung, angefangen vom ersten Stück „Bite me“. Alle tanzen, alle singen. Sogar hinter der Theke. Um den Dienst an diesem Abend muss es ein wildes Gerangel gegeben haben. Tolle Lightshow mit Laserpointern, Luftschlangen, Konfetti, bunten Riesenballons (nur die Feuerfontänen werden eingespielt). Lustiges Leinwand-Design mit geflügelten Herzen, rosaroten Totenköpfen und Hello-Kitty-Katzengesichtern. Eine blendend gelaunte Hauptdarstellerin, die keinen Moment Stillstand kennt, die förmlich übersprudelt vor Begeisterung – „I’m sssssso happy to be here!“ – und sich auch mit Gitarre und am Schlagzeug in Szene zu setzen weiß.

Herrliche Hymnen und bittersüße Balladen

Herrliche Hymnen („I’m a Mess“ oder „Love Sucks“), unverzichtbare Girlie-Gröhlis („Complicated“ und „Sk8ter Boi“) und bittersüße Balladen, von denen die wohl schönste „I’m With You“ ist. Als zweite Zugabe sorgt das inmitten der Partystimmung für einen Moment, der so berührend ist, dass 4000 Menschen den Atem anhalten.

Für eine traumhafte Überleitung zum Zugabenteil sorgt der Video-Einspieler zu „Head Above Water“. Ein filmisches, atmosphärisch ungemein dichtes Vorspiel mit Meer, Nebel, schroffen Klippen und Unterwasseraufnahmen, angesiedelt irgendwo zwischen „Highlander“ und „Avril, die kleine Meerjungfrau“.

Nach so viel Positivem gibt es, außer der Kürze des Konzerts, nur noch zwei Punkte zu beanstanden. Das Spice Girls-Cover „Wannabe“ zusammen mit phem aus dem Vorprogramm gerät zur peinlichen, hyperaktiven Zurschaustellung von Freundschaft. Und Lavignes Ansagen mit sich überschlagender Minnie-Mouse-Stimme sind nicht jedermenschs Sache.

Rundschau abonnieren