Für Musik zu brennen reicht nicht. Bei vielen Bands scheitert es an Orten zum Proben oder zum Auftreten.
Junge MusikerUnter diesen Problemen leiden junge Bands in Köln

Die Band Easy Easy mit Luis Seinsche, Merdi Mavuidi, Carlo Lüdorf, Robin Frank, Julien Schenk (vl.).
Copyright: Eno de Wit
Im stickigen Keller in Nippes stapeln sich Gitarren, Kabel und Verstärker. Zwischen Schlagzeug und Boxen stehen dicht gedrängt sieben Musiker. Einmal pro Woche probt hier die Band Easy Easy. Viel Platz ist nicht, aber wer in Köln Musik machen will, muss nehmen, was er kriegen kann.
„Man muss richtig Glück haben“, sagt Sänger Carlo Lüdorf. „Es gibt kaum Proberäume, und noch weniger bezahlbare.“ Köln gilt als Kulturmetropole mit Clubs, Festivals und Musikschulen. Doch wer als junge Band hier Fuß fassen will, stößt schnell an Grenzen. Drei aufstrebende Bands; Easy Easy, Soda Frizzante und Flora Chroma erzählen, was Köln als Musikstandort für sie bedeutet und was sie stört.
Problem junger Bands: Proberäume
Wer in Köln einen Proberaum sucht, braucht viel Zeit, genug Geld und Glück. „Ein kleiner Raum kostet schnell 500 Euro im Monat“, sagt Florin, Schlagzeuger von Flora Chroma. Für junge Bands, die kein bis wenig Geld mit ihrer Musik verdienen, ist das kaum zu stemmen. Auch die Band Soda Frizzante kennt das Problem. „Früher haben wir uns einen Raum mit einer anderen Band geteilt, das war trotzdem teuer und viel zu eng“, erzählt Sänger Luki Schneider. Heute proben sie im Keller eines Elternhauses.
Die Band Easy Easy konnte sich über den Tipp eines Nachbarn einen Raum in Nippes sichern. „Das war Zufall“, sagt Carlo. „Die meisten Bands finden nichts.“ Dass die Lage angespannt ist, weiß auch die Stadt. Laut einer Erhebung der Stadt fehlen in Köln zwischen 70 und 100 Proberäume. Popkulturreferent Till Kniola bestätigt das Problem: „Wir wissen, dass die Nachfrage nach günstigen Räumen bei jungen Bands enorm ist.“ Die Stadt versucht, gegenzusteuern. In der Delmenhorster Straße und der Silcherstraße in Ehrenfeld entstehen aktuell rund 30 neue Räume.
Zudem unterstützt die Stadt auch private Initiativen: Wer bestehende Räume mit Schallschutz oder Brandschutz aufbereitet, kann Fördergelder beantragen. 300.000 Euro stellt die Stadt jährlich bereit, 100.000 ist die Höchstfördersumme pro Projekt. Voraussetzung: Die Räume müssen mehrere Jahre lang als Proberäume genutzt werden und die Mietpreisgestaltung muss fair sein. „Damit können wir die strukturellen Probleme nicht vollständig lösen“, räumt Kniola ein. „Aber wir versuchen, innerhalb unserer Möglichkeiten neue Räume zu schaffen und bestehende zu sichern.“
Kaum Bühnen für den Nachwuchs
Neben Platz zum Proben fehlt es an Möglichkeiten, das Ergebnis zu zeigen. „Köln hat ein Locationproblem“, sagt Soda Frizzante-Drummer Theo Nigges. „Es müssen mehr Möglichkeiten geschaffen werden, vielleicht auch mal ein Festival, bei dem neue Bands eine Bühne kriegen.“ In anderen Städten funktioniere das besser, finden auch die anderen Bandmitglieder: „In Hamburg bietet zum Beispiel das Reeperbahn Festival jungen Künstlern große Sichtbarkeit. Das gibt es in Köln zu selten“, sagt Jan Woltering. Abgesehen vom c/o pop Festival gäbe es nicht genug Gelegenheiten, um sich einem größeren Publikum zu präsentieren. Viele kleine Clubs wie das Blue Shell oder das Tsunami bieten Pay-to-Play-Konzerte an. Dabei müssen die Bands Tickets vom Veranstalter kaufen, um sie dann an Besucher weiterzuverkaufen. Können sie nicht alle Tickets verkaufen, bleiben sie allerdings auf den Kosten sitzen. „Am Anfang nimmt man alles mit, um sich ein Netzwerk aufzubauen“, sagt Florin von Flora Chroma. „Aber es ist frustrierend, wenn man teilweise sogar draufzahlt, um spielen zu können.“
Die Stadt verweist auf eigene Programme, die jungen Bands Auftrittsmöglichkeiten bieten sollen. Dazu gehören die Konzertreihe „Support Your Local Heroes“, der „Instant Music Club“ im Kunsthaus Rhenania sowie Veranstaltungen wie die „Klubnacht“, das c/o pop Festival oder Projekte wie „Zivilisation der Liebe“. „Unser Ziel ist es, jungen Musikern früh Bühnenerfahrung zu ermöglichen“, sagt Kniola. „Wir fördern Formate, bei denen Newcomer neben etablierten Acts auftreten können. Gleichzeitig unterstützen wir Veranstalter, die sich für Nachwuchsbands einsetzen.“ Die Stadt habe allerdings begrenzte Handlungsmöglichkeiten: „Wir legen Wert darauf, uns nicht in das Programm von geförderten Festivals einzumischen, wir fördern sie, geben aber inhaltlich nicht vor.“

Die Band Soda Frizzante (vl.) Louis, Schneider, Theo Nigges, Luki Schneider, Jan Woltering.
Copyright: Soda Frizzante
Kampf um Fördergelder
Von der Stadt wünschen sich die Musiker mehr finanzielle Unterstützung und vor allem niedrigere Einstiegshürden. „Fördermittel wären super, damit man die Musik professioneller machen kann“, sagt Luki Schneider. „Aber viele Programme sind für kleine Bands kaum zugänglich.“ Oft erhalten Musiker nur eine Förderung, wenn sie einen Eigenanteil einbringen. Doch das können sich viele junge Bands nicht leisten. „Projekte müssen zudem oft innerhalb eines Jahres umgesetzt werden, was neben dem Beruf schwer zu stemmen ist“, erklärt Carlo Lüdorf.
Till Kniola verweist auf eine Reihe von Förderprogrammen: „Der Kölner Holger Czukay Preis ist die höchstdotierte Pop-Auszeichnung Deutschlands. Neben dem Hauptpreis vergeben wir seit 2023 einen mit 2500 Euro dotierten Zukunftspreis speziell für vielversprechende, junge Musiker.“ Darüber hinaus bietet die Stadt Produktionsförderungen, mit denen gezielt Projekte von Bands, Labels oder Produzenten unterstützt werden. Bewerben könnten Bands sich einfach über das Online-Portal der Stadt. Die Nachfrage übersteigt allerdings das Angebot. 2025 konnten laut der Stadt aus 91 Anträgen für künstlerische Produktionen nur 22 zur Förderung ausgewählt werden.
Zwischen Frust und Heimatgefühl
Die Mitglieder der drei Bands stammen ursprünglich nicht aus Köln. Trotzdem fühlen sie sich hier zu Hause. „Wir würden uns immer wieder für Köln entscheiden“, sagt Soda Frizzante-Sänger Luki. „Köln ist unsere Heimat“, stimmt auch Carlo von Easy Easy zu. Die kleine Szene habe auch Vorteile, findet Leander von Flora Chroma, man könne sich schnell einen Namen machen: „Köln ist auch für alternative Musik dankbar.“
Das Wichtigste für junge Bands? „Kontakte, du musst Leute kennen. Man muss dreist sein und nerven“, sagt Carlo. „Irgendwann erinnern sie sich an dich.“ Bis dahin gilt: Weiter proben, im stickigen Keller in Nippes.

Die Bandmitglieder von Flora Chroma (vl.) Florin, Yannik, Dominik und Leander
Copyright: Flora Chroma