Neue HörfunkanlageIm Schauspiel Köln kommen auch Hörgeschädigte zu ihrem Genuss

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Überzeugte sich im Depot des Schauspiels von den Vorteilen der Technik: Eva Eder, Mitglied im Deutschen Schwerhörigenbund (DSB) traf Manuel Poell, Leiter der Tonabteilung im Schauspiel Köln. Er zeigte die neue WLAN-basierte Höranlage.

Überzeugte sich im Depot des Schauspiels von den Vorteilen der Technik: Eva Eder, Mitglied im Deutschen Schwerhörigenbund (DSB) traf Manuel Poell, Leiter der Tonabteilung im Schauspiel Köln.

Eine neue Hörfunkanlage mit WLAN-Technik im Schauspiel soll es auch schwerhörigen Menschen ermöglichen, alles mitzubekommen. Die Lautstärke lässt sich dabei ganz individuell regeln.

„Ich habe das akustisch nicht verstanden“, sagt Eva Eder, Mitglied im Deutschen Schwerhörigenbund Köln (DSB) während eines Gesprächs mit Manuel Poell, Leiter der Tonabteilung des „Schauspiel Köln“. Kurzes Innehalten – dann können beide herzhaft über diesen Einwand lachen. Denn eigentlich sind die beiden zusammengekommen, damit Eva Eder alles verstehen kann. Und das ist gelungen, wie erste Tests beweisen.

Manuel Poell und sein Team haben eine WLAN-basierte Höranlage der Firma Sennheiser für die Bühnen des Schauspiels installiert. Was für Eva Eder einst frustrierend war, kann nun zum Genuss werden: ein Theaterbesuch.

„Barrieresensibles Theater“ heißt das Projekt

Doch das war nicht immer so. Theaterbesuche waren für sie über viele Jahre eine leidvolle Erfahrung. Wegen ihrer Hörbeeinträchtigung hat sie sie in der Regel vermieden. Der Genuss eines Bühnenstückes wurde Eva Eder immer mehr entzogen. Ihre Schwerhörigkeit hat sich über Jahre entwickelt, schließlich mied sie das Theater ganz. Warum den Besuch auf sich nehmen, wenn nichts verstanden werden kann?

Die neue Technik ebnet ihr nun den Weg zum Kölner Schauspiel. Im wahrsten Sinne des Wortes. „Barrieresensibles Theater“ heißt das Gesamtprojekt, zu dem auch die   WLAN-basierte Höranlage gehört. Barrieresensibel heißt für das Theater, besondere Rücksicht auf alle Menschen mit Benachteiligungen zu nehmen. In ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen finden deshalb direkt am Haus Parkplätze. Auch ebenerdige Toiletten gehören dazu, ebenso wie Plätze für Rollstuhlfahrer im Zuschauerbereich.

Als Manuel Poell vor zweieinhalb Jahren zum Schauspiel in Mülheim kam, gab es noch keine funktionierende Anlage, die einen Theaterbesuch für hörbeeinträchtigte Menschen möglich machte. Für ihn war klar: „In einem städtischen Kulturbetrieb muss auch das Hörerlebnis inklusiv sein.“

Seit Anfang des Jahres wird die neue Unterstützung genutzt. Doch woran sollte Poell festmachen, dass die Anlage auch wirklich ihren Zweck erfüllt? Er selbst hat keine Hörbeeinträchtigung. Da kommt Eva Eder ins Spiel. Mit dem DSB war sie im Oktober vergangenen Jahres in einer Testaufführung für die neue Höranlage und ist seitdem begeistert. Doch ein begeisterter Tester reicht noch nicht. „Jeder hat unterschiedlich starke Grade der Hörbeeinträchtigung, verschiedene Geräte und individuelle Empfindungen“, erklärt Eder. Die Tonabteilung möchte daher die Anlage mit mehreren Betroffenen gemeinsam weiterentwickeln und optimieren. Poell und sein Team haben sich für die WLAN-basierte Anlage entschieden, da sie davon ausgehen, dass es in Zukunft immer mehr Hörhilfen mit Bluetooth- und einer WLAN-Funktion geben wird.

Die Anlage ist so ausgelegt, dass jeder Betroffene sein eigenes Hörgerät und Smartphone nutzen kann. Damit falle laut Eder die erste Schwelle des Nachfragens schon mal weg.

So funktioniert es

Von zu Hause aus kann bequem die Smartphone-App „Sennheiser Mobile Connect“ heruntergeladen werden. Dann kann die Stimme der Akteure sowie die Atmosphäre des gesamten Raums individuell reguliert und verstärkt werden. Besitzen die Besucherinnen und Besucher kein eigenes Smartphone oder Bluetooth-kompatibles Geräte, gibt es im Schauspiel voreingestellte Geräte zum Ausleihen. Poell betont, dass die Betroffenen gerne jederzeit vor Ort nachfragen könnten, das Team hilft weiter. Auf der Website des Schauspiel Kölns gibt es zusätzlich eine genaue Anleitung für die Höranlage mit passendem Video. „Auch ohne Smartphone-Kenntnisse braucht man keine Hemmungen haben, einfach mal vorbeizuschauen und es auszuprobieren“, sagt Eva Eder.

Soweit funktioniert die Technik auf der Nutzerseite. Damit der Ton bei den Besuchern mit Höreinschränkungen ankommt, sind die Theatersäle mit Mikrofonen versehen, welche die Akustik des Raums aufnehmen. Noch besser wird das Hörerlebnis, tragen die Schauspielerinnen und Schauspieler sogenannte Microports. Damit sei die Hörqualität besser, da nur die Stimmen der Darstellenden und nicht der gesamte Saal zu hören ist, erklärt Manuel Poell.


Reinhören

Am Mittwoch gibt es das neue Hörerlebnis bei der Aufführung von „Johann Holtrop“, inszeniert von Schauspiel-Chef Stefan Bachmann (es gab Dienstag nur noch Restkarten). Für bestmögliche Hörqualität tragen die Schauspielerinnen und Schauspieler Microports während der Darbietung.

Welches Stück mit welcher Technik begleitet wird, ist ebenfalls auf der Internetseite des Schauspiel Köln nachzulesen. (LV)

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