Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Neues MusterraumprogrammWarum Köln beim Schulbau in Zukunft abspecken muss

Lesezeit 3 Minuten
Eine Sitzlandschaft in einer Schule.

Wunderschön: Ein Lerncluster im sanierten Hansa-Gymnasium

Schulbau in Köln ist ein ambitioniertes Projekt. Jetzt will es sich die Stadt etwas leichter machen.

Die Stadt Köln möchte ihr Musterraumprogramm für den Schulbau abspecken. In der Sitzung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung am Montag sollen die Mitglieder einer entsprechenden Beschlussvorlage der Verwaltung zustimmen. Künftig soll statt der ambitionierten Kölner Schulbauleitlinie mit dem „Musterraumprogramm 2023“ das Musterraumprogramm des Städtetages NRW zum Tragen kommen.

Hintergrund ist laut Verwaltung die „zunehmende Flächenkonkurrenz in der stetig wachsenden Metropole Köln“. Sprich: Es gibt nicht mehr genug Platz. Aber auch die Kostensteigerung im Schulbau, die (wie berichtet) um rund 1,1 Milliarden Euro für rund 60 Maßnahmen auf 2,8 Milliarden gestiegen ist, dürfte Hintergrund der Überlegungen sein.

Der Vorsitzende des Schulausschusses, Dr. Helge Schlieben (CDU) zeigt für den Vorschlag der Verwaltung Verständnis. Gegenüber der Rundschau sagte Schlieben: „Wir können uns nicht alles gleichzeitig leisten. Wir arbeiten immer noch Fehler der Vergangenheit ab. Ich bin bereit zur Prioritätensetzung. Wir hatten mit der Schulbauleitlinie einige ,nice to have‘-Dinge. Aber auch nach dem Musterraumprogramm des Städtetags NRW werden wir genauso wie andere Städte weiterhin tipptopp-Schulen bauen.“

Ähnlich sieht es Baudezernent Markus Greitemann. Mit Blick auf die eingesparten Quadratmeter und damit Baukosten, betonte er auf Rundschau-Nachfrage, für Schülerinnen und Schüler werde es „in keinem Fall Einschränkungen“ geben, wenn das „Musterraumprogramm 2025“ umgesetzt werde. 

Sorge um Raum für Inklusion

Das sieht der schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck, anders. „Gute Bildung braucht gute Räume“, sagt er. Er kritisiert vor allem, dass Therapie- und Förderangebote durch die Änderung an Raum und damit an Wirkung verlören. „Besonders Kinder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf werden die Leidtragenden sein – doch betroffen sind alle Schülerinnen und Schüler, die auf ein lernförderliches Umfeld angewiesen sind“, sagt Seeck, „Inklusion, individuelle Förderung, kreative Lernprozesse – all das darf nicht auf dem Papier stehen. Es muss baulich mitgedacht und finanziell unterlegt sein.“

Auch der Verein Mittendrin, der sich für Inklusion einsetzt, kritisiert: „Für Gemeinsames Lernen wird die Fläche für individuelle Förderung in Zukunft nur noch 60 Quadratmeter statt 72 Quadratmeter pro Zug betragen, obwohl jetzt schon alle klagen, dass die Räume für Differenzierungsangebote, Teambesprechungen und Therapien zu knapp sind.“

Dass sich Köln von seiner ambitionierten Schulbaurichtlinie verabschiedet, stößt bei den Grünen auf Wehmut. „Ein gutes Gebäude ist ein zweiter Pädagoge“, betont Bärbel Hölzing.  Sie sieht aber auch, dass der hohe Standard Kosten provoziert hat. „Dem Vorschlag der Verwaltung, künftig das Musterraumprogamm an die Handreichung des Städtetags NRW anzupassen, werden die Grünen im Schulausschuss  voraussichtlich unter dem Vorbehalt kleinerer Änderungen zustimmen“, so Hölzing.

CDU, Grüne und Volt wollen im Schulausschuss einen Änderungsantrag einbringen, der einen Multifunktionsraum zusätzlich fordert und einen Raum für die SV. „Hier greifen wir eine Anregung der Bezirksschülervertretung auf. Allerdings soll der Raum demnächst nur noch 20 statt bisher 40 Quadratmeter Fläche haben. Laut Städtetag-Empfehlung wäre er ganz entfallen“, erläutert Schlieben. 

FDP trägt Vorschlag mit

Auf ungeteilte Zustimmung stößt das neue Musterraumprogramm bei der FDP. „Wir haben uns mit den pädagogischen Maßstäben Blei an die Füße gebunden“, findet Stefanie Ruffen, schulpolitische Sprecherin der FDP. Die Kostensteigerung überrasche sie nicht. „Das hat einfach mit der allgemeinen Entwicklung zu tun. Das Problem scheint aber zu sein, dass das Geld für die Mieten fehlt, die die Schulverwaltung an die Gebäudewirtschaft zahlt. Folgekosten wurden scheinbar nicht bedacht oder kommuniziert“, so Ruffen.

Dass die Richtlinie für den Schulbau in Köln angepasst wird, scheint klar. Oliver Seeck kündigt an: „Trotz unserer inhaltlichen Kritik wollen wir den dringend benötigten und schleppenden Schulbau in Köln nicht noch mehr aufhalten. Deshalb werden wir uns aus Verantwortung für den Schulneubau enthalten – wenngleich wir die Kürzungen ausdrücklich nicht gutheißen.“