Wilfried Schmickler zu Gast in Köln-Nippes„Einen Beitrag leisten zur Verfreundlichung der Welt“

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Wilfried Schmickler sitzt in einem Cafe in Köln

Wilfried Schmickler ist bereit für den nächsten Auftritt

Er gilt als die Axt auf der Kabarettbühne. Zwar ist die Schlagzahl Wilfried Schmicklers altersgemäß moderater geworden, aber die Axt ist noch scharf. Am Donnerstag ist er in der Kulturkirche zu Gast.

„Die Welt ist im Fluss und ich fließe hinterher“, bringt es Wilfried Schmickler auf den Punkt. Seine Bühnenprogramme, die ihn über Jahrzehnte zu einem der deutschlandweit bekanntesten und profiliertesten Polit-Kabarettisten machten, sind immer Momentaufnahmen, die sich von Auftritt zu Auftritt verändern. Das gilt auch für sein aktuelles Programm „Es hört nicht auf“, mit dem er am Donnerstag, den 30. März ein Heimspiel in der Nippeser Kulturkirche hat.

Handyklingeln lässt ihn kalt

Was die aktuelle Tagespolitik betrifft, gab es seit den ersten Aufführungsterminen im vergangenen Jahr schon einige Aktualisierungen. Andere Programmteile, etwa zum Thema Umweltpolitik, haben dagegen länger Bestand. Diese „zeitlosen“ Passagen sind es dann auch, die es auf die gleichnamige CD geschafft haben, welche voraussichtlich am 4. Mai erscheint. Entstanden ist sie als Mitschnitt während seiner Auftritte. Die Live-Atmosphäre auf der Bühne, so Schmickler, sei einfach anders als bei Texten, die im Studio eingesprochen werden. Wobei er mit dem Publikum grundsätzlich nicht interagiert. „Wenn im Zuschauerraum ein Handy klingelt, muss ich das nicht von der Bühne aus kommentieren – es passiert einfach.“ Auch Zwischenrufer im Publikum ignoriert er konsequent.

Die Einschläge kommen näher

Obwohl Schmickler auf der Bühne immer sehr bestimmt wirkt – belehren will er sein Publikum nicht, sondern unterhalten. „Ich habe nicht den Anspruch, mehr zu wissen oder schlauer zu sein als andere. Es geht mir vielmehr um Haltung, um Respekt, um Toleranz – und darum, einen kleinen Beitrag zu leisten zur Verfreundlichung der Welt.“ Schaut man sich die Entwicklung Europas in den vergangenen Jahren an – vom Brexit bis zum Überfall auf die Ukraine – hat man durchaus den Eindruck, dass die Einschläge näher kommen, nachdem man sich – verglichen mit anderen Teilen der Welt – in Deutschland lange relativ sicher fühlen konnte. Wie wirkt sich das auf einen politischen Kabarettisten wie Schmickler aus? „Offen gesagt, habe ich in all den Jahren die Verhältnisse nie als besonders stabil empfunden. Wer ein bisschen genauer hinschaute, sah immer auch, dass die relative Ruhe, in der wir lange lebten, erkauft war mit dem Elend in anderen Teilen dieser Welt. Auch die Bedrohung durch Atomwaffen war und ist immer latent vorhanden.“

Die Stimmung wird aggressiver

Dass die breite Masse heute aber alarmierter ist als noch vor wenigen Jahren, nimmt er durchaus wahr – und noch etwas anderes: „Die Stimmung ist aggressiver geworden. Der Wille, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, schrumpft zusehends. Dieses Schwarz-Weiß-Denken macht mir Sorgen.“ So sei es heute zum Beispiel nicht möglich, sich kritisch zu den Waffenlieferungen an die Ukraine zu äußern, ohne sofort als „Putin-Versteher“ verunglimpft zu werden. Bereits 2016 nannte Schmickler sein damaliges Programm „Das Letzte“, was natürlich Anlass für Spekulationen gab. Vor gut zwei Jahren dann ereilte ihn und seinen „Mitternachtsspitzen“-Bühnenpartner Herbert Knebel dasselbe Schicksal wie zuvor bereits Christine Westermann, Gerburg Jahnke und andere bekannte WDR-Gesichter: Sie sollten Platz machen für jüngere Kollegen. Bekanntlich nahm daraufhin auch Moderator Jürgen Becker seinen Abschied. Denkt Schmickler, inzwischen 68 Jahre alt, bereits über seinen Rückzug von der Bühne nach, oder hält er es mit der Devise: „Solange ich noch neue Ideen habe, mache ich weiter“? „So ist es“, sagt er, „Noch gehört das zu meinem Leben, noch habe ich etwas beizutragen.“ Allerdings, fügt er hinzu, geschehe das heute in einem deutlich moderateren Tempo als noch vor ein paar Jahren. 

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