Zehn Menschen wurden im Kölner Rathaus deutsche Staatsbürger. Wir erzählen ihre Geschichten.
„Nur so gehören sie ganz dazu“Bundespräsident überreichte Einbürgerungsurkunden im Kölner Rathaus

Was für ein Moment: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier inmitten von Menschen, die gerade deutsche Staatsbürger geworden sind.
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Aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhielten zehn Kölnerinnen und Kölner gestern im Rathaus im feierlichen Rahmen ihre Einbürgerungsurkunde. „Ein langer und nicht immer einfacher Weg kommt jetzt an sein Ziel“, sagte der Bundespräsident. „Ich kann nicht bei allen mehreren 10.000 Einbürgerungen, die wir zum Glück jedes Jahr vornehmen, dabei sein. Aber ich weise ausdrücklich als Staatsoberhaupt darauf hin, wie wichtig und richtig es ist, dass Menschen, die schon lange in unserem Land leben und hier bleiben möchten, auch Bürgerinnen und Bürger werden. Nur so gehören sie ganz dazu. Nur so können sie unsere Demokratie mitgestalten.“
Zuvor hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Menschen, „die aus nahezu allen Kölner Stadtbezirken kommen“ persönlich begrüßt und ihnen zugewandt gesagt: „Die Kölner Erfolgsgeschichte ist mit Zuwanderung untrennbar verbunden. Heute schreiben Sie, die heute eingebürgert werden, diese Geschichte fort.“
„Deutschland wird auch in Zukunft auf Zuwanderung und Zuzug angewiesen sein“, so Steinmeier bei der Feier, an der auch NRW-Familienministerin Josefine Paul teilnahm, weiter. „Ohne Einbürgerungen wäre unser Land in vieler Hinsicht ärmer.“ Zur Einbürgerung gehöre auch das feierliche Bekenntnis zu unserer Verfassung und den Werten, die sie zum Ausdruck bringe, so der Bundespräsident. Das bekräftigte jede und jeder der zehn Kölnerinnen und Kölner mündlich, bevor Steinmeier ihnen ihre Einbürgerungsurkunde überreichte.
Die Staatsbürgerschaft bedeutet für mich Zugehörigkeit. Und die Sicherheit, bleiben zu können.
Das war nicht nur für die achtjährige Nazrawit ein sehr bewegender Moment. Sie kam mit ihrer Mutter Eden Serzu Gebremariam aufs Podium und nahm ihre Urkunde mit sichtlich großer Freude in Empfang. Ihre Mutter war vor 2014 vor dem Krieg in Eritrea geflohen, ihre Tochter kam in Oldenburg zur Welt. Seit 2019 leben die beiden in Ehrenfeld, Nazrawit besucht eine Grundschule im Veedel, die 42-Jährige arbeitet als Pflegeassistentin. Sie ist sehr dankbar, auch für die Unterstützung durch die Ehrenamtlichen im Ehrenfelder Allerweltshaus. „Jetzt sind wir sicher, jetzt dürfen wir bleiben“, sagte sie.
Das ist auch für Abdullah Hassan sehr bewegend. 2013 ist er vor dem Krieg in Syrien geflohen, er arbeitet als Hausmeisterhelfer in Rodenkirchen, und auch seine beiden kleinen Töchter leben mit ihrer Mutter in Köln. „Die Staatsbürgerschaft bedeutet für mich Zugehörigkeit. Und die Sicherheit, bleiben zu können.“
Wieder anders ist die Geschichte von Ana Shaveshovi, die mit ihrer Schwester zur Feier gekommen war. Die im georgischen Tiflis geborene 24-Jährige lebt mit ihrer Familie in Porz und studiert Psychologie. „Meine Eltern arbeiten als Köche, meine Schwester studiert Soziale Arbeit“, sagt sie. Wie ihre Schwester liebt sie den Dom und das Rheinufer. Die Englischlehrerin Bnar Alomarknbdy ist 2019 im Zuge der Familienzusammenführung aus dem Irak zu ihrem Mann nach Deutschland gekommen; heute wohnt die 34-jährige Kurdin mit ihrem Mann, der seit 20 Jahren in Köln lebt und ein Taxiunternehmen gegründet hat, und zwei Kindern in Porz. „Wir sind sehr glücklich, dass es diese Möglichkeit für uns gab“, sagen beide. „Das soll ja bald nicht mehr gehen.“

Glücklich zeigen Eden Gebremariam und ihre Tochter Nazrawit ihre Urkunden, Bundespräsident und OB freuen sich mit.
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Sichtlich groß ist die Freude auch bei dem gebürtigen US-Amerikaner Nicholas John Brezovar. Der Versicherungsmathematiker stammt aus Milwaukee in Wisconsin. „Ich habe mich in Europa verliebt, als ich jünger war. Mit Anfang 20 bin ich im Zug und mit Rucksack durch Europa gereist. Es hat mich fasziniert, wie viele unterschiedliche Länder mit wie vielen Kulturen es hier gibt.“ Europa ließ ihn nicht mehr los, vor zwölf Jahren verwirklichte er seinen Traum, in Europa zu leben, zusammen mit seiner Frau, einer Irin. „Ich bin Amerikaner, aber ich fühle mich genauso als Europäer, Deutscher und Kölner“, sagt er lachend.
Wenn sich gerade jetzt immer mehr Menschen einbürgern lassen, ist das auch ein Zeichen dafür, dass sie diesem Land und dieser Gesellschaft vertrauen. Das ist eine wunderbare Botschaft für uns alle, auf die wir auch ein wenig stolz sein können.
Glücklich ist auch Jhojen Gonzaga Carbonell, der mit seinem Mann Alexander Moog zur Einbürgerungsfeier gekommen ist. Der gebürtige Philippine ist Filialleiter eines Modeunternehmens und lebt in Nippes. Nach Köln gekommen ist er der Liebe wegen. Das Paar strahlt, gleich geht es zum Feiern ins Brauhaus Peters, zusammen mit Moogs Eltern. „Wir fühlen uns jetzt ein bisschen sicherer, wenn man sieht, welche unsäglichen Tendenzen es in unserem Land gerade gibt“, sagt Alexander Moog. „Und es gibt bei den Wahlen eine Stimme mehr gegen diesen Wahnsinn.“
Hass und Diskriminierung müsse entschieden entgegengetreten werden, hatte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Beginn der Feierstunde gesagt. Und: „Wenn sich gerade jetzt immer mehr Menschen einbürgern lassen, ist das auch ein Zeichen dafür, dass sie diesem Land und dieser Gesellschaft vertrauen. Das ist eine wunderbare Botschaft für uns alle, auf die wir auch ein wenig stolz sein können.“
Zahlen und Voraussetzungen
3400 Menschen wurden 2024 in Köln eingebürgert. 20,6 Prozent dieser Menschen stammen aus dem Irak, jeweils 14,8 Prozent aus Syrien und der Türkei, 6,3 Prozent aus dem Iran und 4,8 Prozent aus Russland. Im Jahr 2023 gab es 3800 Einbürgerungen, 2022 waren es 3500 und 2021/20 jeweils 2400. Bis zum Jahr 2021 stammte das Gros der eingebürgerten Menschen aus der Türkei, Syrien, dem Iran und dem Irak, mit jeweils wechselnden Anteilen.
Voraussetzungen der Einbürgerung sind: Fünf Jahre in Deutschland, Identitätsnachweis, eine auf Dauer angelegte Aufenthaltserlaubnis, ausreichende Sprachkenntnisse, Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und in der Regel eigenständiger Lebensunterhalt. Nach dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht, das seit dem 27. Juni 2024 gilt, können langjährig hier lebende ehemalige Gastarbeiter oder Menschen, die in Vollzeit arbeiten, auch dann eingebürgert werden, wenn sie Sozialleistungen beziehen. Die Einbürgerung kostet für Erwachsene 255 Euro.
Alle Rechte und Pflichten eines deutschen Staatsangehörigen bekommt man mit der Einbürgerung – unter anderem das aktive und passive Wahlrecht, Zugang zu Berufen auch in staatlichen Einrichtungen, EU-Bürgerschaft, Schutz des Staates.
Die doppelte Staatsbürgerschaft ist seit der Änderung des Staatsbürgerschaftsrechtes 2024 erlaubt. Auch zuvor konnten Einbürgerungswillige sie in Deutschland etwa dann behalten, wenn ihr Herkunftsstaat nicht bereit war, sie aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit zu entlassen. Das trifft etwa auf die Länder Syrien und Afghanistan zu.
232.908 Personen ohne deutschen Pass lebten Ende 2024 in Köln; die Gesamtbevölkerung belief sich zu dem Zeitpunkt auf 1.092.519 Personen. Die größte Gruppe machten die türkischstämmigen Kölner und Kölnerinnen aus (49.271), gefolgt von den Italienern (17.962), Ukrainern (16.286), Bulgaren (10.023)und Irakern (9247).