Ehrenamtler bewirtschaften den Hirschgarten auf Gut Leidenhausen ökologisch und fördern Umweltbewusstsein durch Workshops und Projekte.
Hirschgarten macht Lust aufs GärtnernEhrenamtler bewirtschaften Fläche auf Gut Leidenhausen

Auf der 2000 m² großen Parzelle kann jeder ein eigenes Stück bewirtschaften, es gibt aber auch gemeinschaftlich gepflegte Bereiche
Copyright: Beatrix Lampe
Goldgelb und rot leuchten die Mangoldstiele in der Morgensonne, daneben sprießen in zartem Grün die jungen Rucola-Pflänzchen und weiter hinten prangen fette Muskatkürbisse, fast versteckt im dichten Blattwerk der Mutterpflanze. Es ist Erntezeit im Hirschgarten auf Gut Leidenhausen, und täglich können die ehrenamtlichen Gärtnerinnen und Gärtner jetzt die Früchte ihrer Arbeit zusammentragen.
Dass sich all das Umgraben, Düngen, Säen, Vereinzeln, Ausgeizen, Unkrautjäten gelohnt hat, ist dem abwechslungsreich gestalteten Gemüsegarten durchaus anzusehen. Besucher auf Gut Leidenhausen, die durch den Zaun den Gärtnern bei der Arbeit zusehen und die Vielfalt bestaunen, fühlen sich oft an dörfliche Nutzgärten ihrer Eltern oder Großeltern erinnert. Hinter der essbaren Pracht steckt aber ein gewaltiger Arbeitsaufwand, fast das ganze Jahr hindurch.

Buntstieliger Mangold und Edamame-Bohnen gehören zu den Raritäten, die Rolf Kiemes und Gabriele Wiemer anbauen.
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Vom Roden zum gemeinsamen Genießen
Rolf Kiemes und Gabriele Wiemer gehören zu den derzeit acht Gärtnerinnen und Gärtnern, die seit vier Jahren das Gelände gleich gegenüber dem Hirschgehege auf Gut Leidenhausen bewirtschaften. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hatte damals das Grundstück von der Stadt übernommen. Ein vorheriger Pächter hatte das Gelände verwildern lassen, nun standen dort Bäume und dichtes Gestrüpp.
„Im ersten Jahr haben wir nur gerodet und versucht, den Garten wieder urbar zu machen“, erinnert sich Rolf Kiemes. Mit Franz Tenberg gehörte er zu den Hirschgarten-Pionieren, in den Folgejahren kamen weitere Ehrenamtler von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) hinzu. Ihre Mission: sich für die Umwelt engagieren, auf dem Gut eine weitere Attraktion zum Bestaunen schaffen, alte Gartenkulturtechniken pflegen und mit Leckerem belohnt werden.
Sie bewirtschaften jetzt einen Teil des Gartens gemeinsam, jede und jeder hat aber auch eigene Parzellen, wo Obst und Gemüse nach persönlichen Vorlieben kultiviert werden. Da sind sie sehr probierfreudig. Gabriele Wiemer hat dieses Jahr ihre Tomaten mit einem rankenden Netz aus Oliven-Gurken überspannt, die winzigen glattschaligen Früchte erinnern tatsächlich an Oliven. Auf manchen Beeten wird mit Topinambur, Schwarzrettich, Palmkohl oder Edamame-Bohnen experimentiert. Wuchs- und blühfreudig erklimmt nebenan ein rankender Spinat das Haltegerüst.
Respekt vor der Gartenarbeit früherer Generationen
Dazwischen gedeihen aber ganz konventionell auch Karotten und Rote Bete, Wirsing und Kohlrabi, Kartoffeln und Liebstöckel. „Seit Mai lebe ich ausschließlich von den Früchten des Gartens“, sagt Rolf Kiemes, der saisonbedingt erst Salat, dann Gurken und Tomaten, später Zucchini und Bohnen geerntet und zubereitet hat. Für den Winter lagert er unter anderem Rote Bete in sandgefüllten Kisten im Keller ein.
„Für uns ist das ja vor allem ein wunderbares Hobby“, sagt Kiemes und denkt mit großem Respekt an frühere Generationen, da die Ernte aus dem eigenen Garten viele Familien ernähren musste. „Die konnten sich nicht einfach Gemüse aus dem Supermarkt kaufen“, sagt der Freizeitgärtner, „für sie war es eine Katastrophe, wenn zum Beispiel Wühlmäuse die Ernte vernichtet haben“.
Beim Biss in eine der sonnenwarmen Tomaten zeigt sich die Qualität der gartenfrischen Frucht. „Was wir hier ernten, schmeckt ganz anders als das, was man im Supermarkt kauft“, versichert Gabriele Wiemer. „Und weil wir alle verschiedene Sachen anbauen und uns austauschen, haben wir viel Abwechslung auf dem Tisch.“

In Rolf Kiemes’ Tomatenhaus wachsen die Früchte in Fülle. Die gefürchtete Braunfäule hat er mit Rhabarber-Sud bekämpft.
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Tricks gegen Schädlinge
Die Gartenbestellung folgt ökologischen Prinzipien, hier werden weder Kunstdünger noch Gift eingesetzt. Stattdessen besorgt sich das Gartenteam Pferdemist, hat einen großen Komposthaufen, düngt Tomaten mit Eierschalen und setzt natürliche Pflanzenbrühe zur Schädlingsbekämpfung an. Rolf Kiemes hat gerade mit Rhabarberblatt-Sud, den er gegen Braunfäule bei Tomaten gesprüht hat, gute Erfolge gehabt. Andere Gärtner haben ihre Kohlrabipflanzen mit einem Schneckenzaun gegen die gefräßigen Weichtiere verteidigt. Und Wiemer hat ihr Rucola-Beet sorgsam mit einem Netz überspannt. „Zuvor hatten mir die Tauben ein ganz frisch gesätes Beet leer gefressen“, sagt sie.
Zu allerlei gefürchteten Pflanzenkrankheiten, die gärtnerische Erfolge bedrohen, kommen hier in der Nähe des Waldes besonders viele Schnecken, Tauben und andere Vögel, die sich gern bedienen. „Meinen Spitzkohl hatten zuletzt Mäuse von innen total zerfressen“, berichtet Gabriele Wiemer. Und aus der Apfelernte wäre ohne Netze über den jungen Spalierbäumen auch dieses Jahr wohl nichts geworden. Wer gärtnert, muss relativ frustrationstolerant sein, sind sich die Ehrenamtler einig.
Die Ehrenamtler-Gruppe organisiert überdies die Verarbeitung des Gartenertrags. Ein nicht unwesentlicher Teil der Gartenarbeit findet schließlich in der Küche statt. Die SDW-Aktiven bieten Kurse an, in denen alte und neue Techniken zum Konservieren von Gemüse und Obst vermittelt werden. Ein Kimchi -Seminar und ein Einweck-Workshop haben zuletzt großen Widerhall gefunden.
Überhaupt steht den Gärtnern der Sinn danach, Menschen aus der städtischen Umgebung für Nutzgärten zu begeistern. Beim Tag der offenen Tür ist das zuletzt sehr gut angekommen, und interessanterweise wussten viele Kinder über die diversen Gemüse schon recht gut Bescheid. Als Nächstes werden sich die Hirschgarten-Ehrenamtler beim Apfeltag auf Gut Leidenhausen engagieren. Am 21. September geht es beim Fest an diversen Informations- und Verzehrständen um dieses vielseitige Obst. Und dafür bereiten die Gärtnerinnen und Gärtner allerlei Leckeres vor.