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„Müssen dringend aufklären“Kölner Ärztin will durch neues Frauen-Herzzentrum in Porz Leben retten

4 min
Eine Frau misst ihren Blutdruck am Handgelenk.

Durch die Wechseljahre entwickeln viele Frauen Bluthochdruck, erklärt Dr. Conchita Ruiz-Mohné. Jedoch würden das die wenigsten wissen. 

Die Herzen von Frauen werden laut Dr. Conchita Ruiz-Mohné oft behandelt wie die von Männern – mit schweren Folgen. 

Als sie noch ein kleines Mädchen war, erfuhr Dr. Conchita Ruiz-Mohné etwas, das ihr gesamtes Berufsleben prägen sollte. Ihre Großmutter erzählte ihrer Enkelin von einem aufwühlenden Erlebnis. Sie fühlte sich eines Tages plötzlich stark unwohl. „Ihr war übel, sie hatte Rückenschmerzen und bekam schwer Luft“, erinnert sich die Kölner Fachärztin für Innere Medizin. „Sie selbst hatte eine Eingebung und sagte, dass sie einen Herzinfarkt hat.“ Nur wollte das der alten Dame keiner glauben.

Herzinfarkt bei Frauen mit anderen Symptomen

Angekommen in einer Klinik, wurde der Verdacht abgetan. Doch sie ließ sich nicht von ihrer Intuition abbringen – und rettete sich damit das Leben. „Meine Großmutter hatte recht und schlussendlich musste sogar eine Bypass-OP durchgeführt werden“, sagt Dr. Ruiz-Mohné. 

Dr. Conchita Ruiz-Mohné

Dr. Conchita Ruiz-Mohné

Es hatte einen Grund, dass kein Arzt auf die Diagnose Herzinfarkt kam. „In der Medizin war man sich damals kaum darüber bewusst, dass Frauen im Gegensatz zu Männern in so einem Fall eher diffuse Symptome haben.“ Nachhaltig davon geprägt, hat es sich Dr. Ruiz-Mohné zur Aufgabe gemacht, auf die Geschlechterunterschiede bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufmerksam zu machen, denn diese gebe es nicht nur in Sachen Herzinfarkt. Denn immer noch seien sich laut der Ärztin in der Bevölkerung sowie der Medizin zu wenige Menschen darüber bewusst.

Schon ihre Doktorarbeit schrieb sie deshalb zu diesem Thema. Nun vertritt sie ihr Spezialgebiet auch ganz offiziell an ihrem langjährigen Arbeitsplatz, dem Krankenhaus Porz. Seit August gibt es dort in der Kardiologie die Abteilung „Frauen-Herzzentrum“. Entstanden ist diese durch die Initiative der Kölner Medizinerin und dem Chefarzt der Kardiologie Dr. Marc Horlitz.

Dr. Ruiz-Mohné wolle durch die neue Abteilung nicht nur erreichen, die Behandlung der Patientinnen im Krankenhaus Porz zu optimieren. „Wir sind ein Lehrkrankenhaus und können Studierende nun noch effektiver für diesen Bereich sensibilisieren. Denn die Geschlechterunterschiede sind meistens noch nicht Teil der Lehrpläne“, erklärt sie. „In der Medizin findet aber nach und nach ein Paradigmenwechsel statt und wir wollen ihn vorantreiben.“

Frauen-Herz und der Risikofaktor Wechseljahre

Früher habe man gedacht, dass Frauenherzen einfach kleiner seien als Männerherzen. „Dabei gibt es eklatante Unterschiede.“ Nicht nur die Symptome, sondern auch die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sowie die Therapiemöglichkeiten seien anders als bei Männern. Der Grund: „Die weiblichen und männlichen Hormone haben einen großen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Daher kommen die Unterschiede.“

Ein großer Faktor für die Erkrankung von Frauenherzen seien deshalb die Wechseljahre, erklärt die Ärztin. „Östrogene haben einen schützenden Effekt auf die Arterien und dieser nimmt dann ab.“ Das könne zahlreiche Folgen haben, die oftmals unbemerkt bleiben.

„Vor dem 55. Lebensjahr haben wir vor allem Männer mit Bluthochdruck. Aber danach ändert sich das und mehr Frauen leiden darunter“, erklärt Dr. Ruiz-Mohné. Auch der Fettstoffwechsel ändere sich bei Frauen durch die Wechseljahre. So steigen bestimmte Cholesterinwerte bei ihnen oft stark an.

Eine greift sich an den Rücken und die Brust.

Der Griff ans Herz ist bei Frauen im Falle eines Infarkts eher selten, erklärt Dr. Ruiz-Mohné. Stattdessen stellen sich oft Luftnot, Übelkeit, Rücken- und Bauchschmerzen ein.

Um Frauenherzen medizinisch gut zu behandeln, brauche es oft zusätzliche Zeit, Recherche und eine gute Zusammenarbeit der Abteilungen. Wenn Ärztinnen und Ärzte sich bei ihren Patientinnen über relevante Vorerkrankungen informieren, stellen sie im besten Fall andere Fragen als bei männlichen Patienten. „Bei Frauen müssen wir da in den Bereich der Gynäkologie eintauchen. Fehlgeburten oder andere Komplikationen in der Schwangerschaft können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen“.

Die Medizin, das sei eine Welt, in der alles hoch strukturiert abläuft. „Es gibt Leitlinien für alles. Diese sind aber durch Studien entstanden, in denen hauptsächlich Männer vertreten sind. Meistens sind unter den Teilnehmenden nur rund 25 Prozent Frauen.“ Wegen mangelhafter Datenlage daure es deshalb unter anderem oft länger, für Frauen die richtige Dosis bestimmter Medikamente zu finden. 

Der Mann als Form, in die die Frau gepresst wird: Diesen jahrhundertelangen Status Quo in der Medizin aufzubrechen, dauere seine Zeit. „Mit dem Frauen-Herzzentrum gehen wir aber einen wichtigen ersten Schritt. Wir müssen dringend weiter aufklären, weil das im Ernstfall Leben retten kann.“


Alle Informationen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen gibt es auf der Website des Krankenhauses Porz am Rhein.