Schlicht und schnörkellosWas das Kölner Sterne-Restaurant „Zur Tant“ besonders macht

Lesezeit 5 Minuten
Thomas Lösche steht in seinem Sternerestaurant "Zur Tant" in Köln. Die Einrichtung ist schlicht und dominiert von der Farbe Weiß.

Thomas Lösche, Geschäftsführer und Küchenchef des Kölner Sternerestaurants „Zur Tant“.

Das „Zur Tant“ gehört zu den unbekannteren Kölner Sternerestaurants. Das liegt zum einen an der Lage in Porz-Langel. Aber auch daran, dass das Gourmet-Restaurant einige Dinge anders macht.

Von außen betrachtet, gibt das alte Fachwerkhaus in der Rheinbergstraße in Porz-Langel kaum einen Hinweis darauf, was sich darin befindet. Wer das „Zur Tant“ nicht kennt, vermutet hier womöglich ein unspektakuläres gutbürgerliches Lokal. Mit Radfahrern, die auf ihrer Tour entlang am Rhein auf ein schnelles Kölsch oder eine kleine Stärkung einkehren. Oder mit Porzer Familien, die hier für runde Geburtstage oder andere besondere Anlässe zu Gast sind.

Spektakulär ist das Restaurant auch von innen nicht. Besonders ist es aber trotzdem. Denn das „Zur Tant“ steht für Gourmetküche. Seit 2016 hält es einen Michelin-Stern und ist damit eines von nur zwei besternten Adressen im Rechtsrheinischen.

Wer sich vor einem Besuch über das Gourmet-Restaurant „Zur Tant“ erkundigen will, der muss schon genau suchen, um mehr zu finden als das aktuelle Menü. Die Homepage wurde im vergangenen Jahr zwar modernisiert, in den sozialen Medien wird das neue Menü zumindest manchmal veröffentlicht. „Wir halten das sehr dezent“, sagt Thomas Lösche, Geschäftsführer und Küchenchef.

„Zur Tant“ in Köln: Ein Gegenentwurf zu vielen jungen Sterne-Restaurants

Lösche, geboren in Dresden und seit 2006 in Köln, ist mit seinem klassischen Gourmet-Restaurant eine Art Gegenentwurf zu den vielen jungen Spitzenköchen, die linksrheinisch für Aufsehen sorgen. Auf Hochglanz polierte Instagram-Kanäle, innovative Konzepte mit immer kleinteiligeren Menüs, rein vegane Angebote, abgefahrene Zubereitungsarten oder der Trend zum Restaurantbesuch als eine Art Theaterstück – all das ist nicht seine Welt.

Unspektakulär ist das Kölner Sterne-Restaurant „Zur Tant“ von außen.

Unspektakulär ist das Kölner Sterne-Restaurant „Zur Tant“ von außen.

„Das sind nicht wir. Wir sind ganz bodenständig“, meint der Gastronom. In die Öffentlichkeit gedrängt habe er sich nie. An den letzten Besuch eines Journalisten in seinem Restaurant kann er sich beim besten Willen nicht erinnern.

Auch Bilder vom neuen Interieur, vor ein paar Jahren generalüberholt, finden sich online nicht. Die aus der Zeit gefallene rote Polsterung der Stühle, die bunt gesprenkelten Vorhänge und die bodenlangen Tischdecken sind mittlerweile einer etwas moderneren und deutlich schlichteren Einrichtung gewichen. Minimalismus ist auch bei der Tisch-Deko angesagt: Teller, Besteck, ein gelbes Blümchen und eine Kerze. „Ich würde uns niemals als modern bezeichnen“, sagt Lösche. „Wir sind, wie wir sind. Und das wissen unsere Gäste zu schätzen.“

So klassisch wie das Interieur ist auch die Küche des gebürtigen Dresdners.
Der Guide Michelin in seiner Bewertung von Thomas Lösches „Zur Tant“.

Lösche ist kein Mann der großen Worte, wenn es um sein Restaurant geht. „So klassisch wie das Interieur ist auch die Küche des gebürtigen Dresdners“, schreibt der Guide Michelin in seiner Sterne-Bewertung von 2022.   Auch von „schnörkellos“ ist die Rede. Damit könne er sich identifizieren, sagt Lösche. „Gute Produkte, saisonal und regional, auf den Punkt gebracht, gutes Handwerk. Alles, was eben dazu gehört“, fügt er dann doch noch hinzu.

Mehr über sein Degustationsmenü zu erzählen, fällt Lösche schwer. Vermutlich auch, weil die einzelnen Gänge viel mehr Erklärung gar nicht nötig haben. Aktuell Teil des Menüs: Kaninchen mit Spitzkohl und Dörrobstchutney, Rotbarbe mit Fischrahm und Artischocke oder Salzwiesenlamm mit Wirsing und Kartoffel. Zwischen 105 und 125 Euro kosten die wahlweise vier, fünf oder sechs Gänge. Der Schwerpunkt der Weinkarte liegt in Österreich.

2012 kam Lösche als Sous Chef ins „Zur Tant“, das schon damals eine Institution im beschaulichen Porz-Langel war. Als die Inhaber Franz und Petra Hütter 2014 nach 38 Jahren in Ruhestand gingen, übernahm Lösche gemeinsam mit seiner Frau die Geschicke. „Erstmal haben wir nicht viel verändert. An einen Stern haben wir zu keinem Zeitpunkt gedacht“, erinnert sich Lösche. „In kleinen Schritten haben wir neue Gerichte ausprobiert und die Karte schlanker gemacht.“

Michelin-Stern kam 2016 völlig überraschend

Das kam bei den Gästen an und offenbar auch bei den Testern des Guide Michelin. Als 2016 der Anruf mit der frohen Botschaft kam, glaubte Lösche zunächst an einen Scherz von Freunden. „Wir haben gut gearbeitet, das wussten wir. Aber mit dieser Auszeichnung haben wir niemals gerechnet.“

Dass der Stern seit 2016 geblieben ist, sei eine große Herausforderung gewesen. Während der Corona-Zeit erkrankte Lösches Frau schwer und kann seitdem nicht mehr im Restaurant mitarbeiten. Mit einem Außer-Haus-Angebot schlug er sich durch die Pandemie. Schon lange vorher kämpfte er mit Personalmangel. In der Kölner Peripherie sei das ein noch viel größeres Problem als in der Innenstadt.

Dazu treffen ihn wie alle anderen die Energiekrise, höhere Löhne und Lebensmittel-Kosten. „Wir können dankbar sein, dass alles trotzdem noch funktioniert“, sagt Lösche. „Ohne unsere tollen Mitarbeiter, Gäste, Lieferanten und die Familie hätte das Ganze nicht funktioniert.“

Und, wird das „Zur Tant“ am Dienstag seinen Stern behalten? „Das kann man nie einschätzen“, sagt Lösche bescheiden. „Wir haben unser Bestes gegeben und schauen, was passiert.“


Sternevergabe des Guide Michelin

Der Guide Michelin vergibt am Mittwoch erneut seine begehrten Sterne. Die feierliche Zeremonie steigt ab 17 Uhr in Karlsruhe.

13 Sternerestaurants gibt es in Köln. Elf davon im Linksrheinischen und zwei weitere rechtsrheinisch. Neben dem „Zur Tant“ in Porz-Langel ist „La Cuisine Rademacher“ in Dellbrück die zweite durch den Guide Michelin besternte Adresse auf der Schäl Sick.

Zwei Kölner Restaurants hat der Guide Michelin aktuell mit gleich zwei Sternen bewertet. Das seit Jahren wohl beste Restaurants Kölns ist das „Le Moissonnier“ auf der Krefelder Straße im Agnesviertel. Seit 1997 hält Patron Vincent Moissonnier dort den ersten Stern, seit 2007 den zweiten. In der vergangenen Woche kündigten Moissonnier und Küchenchef Eric Menchon überraschend an, dass das Restaurant Ende Juni schließt. Das „Ox & Klee“ ist das zweite Zwei-Sterne-Restaurant in Köln. Angesiedelt in einem der Kranhäuser im Kölner Rheinauhafen, hat Spitzenkoch Daniel Gottschlich sein Konzept nach der Corona-Pause radikal verändert. Das Menü mit zwölf oder acht Gängen – genannt „Experience Taste“ ist ein kulinarisches Theaterstück mit interaktiven Elementen.

Elf Mal vergab der Guide Michelin 2022 eine Ein-Sterne-Bewertung nach Köln. Alle prämierten Restaurants behielten damit ihre Auszeichnung von 2021. Neben „La Cuisine Rademacher“ ist das Pottkind in der Südstadt das jüngste Kölner Sterne-Restaurant. Den Stern gab es 2021.

Die weiteren Kölner Sternerestaurants: das „Alfredo“ von Alberto Carturan, „Astrein“ von Eric Werner, das „La Société“ auf der Kyffhäuser Straße, das „Maibeck“ in der Altstadt am Rhein, „Maitre“ im Landhaus Kuckuck, das „Maximilian Lorenz“, das „Neobiota“ und das „Taku“ im Hotel Excelsior Ernst. 

Rundschau abonnieren