Pullman KölnCharly Fukuhara – eine Legende hinter der Bar der Hofburg
Köln – Wer genau hinsieht, kann die Gravur auf den silbernen Bechern lesen: „Zaubertrank – Hustensaft“. Die Becher des aktuellen Dreigestirns thronen auf einem kleinen Podest hinter der Theke, drumherum sind die der vorherigen Dreigestirne drapiert. „Hier stehen die Becher bis 1994“, erklärt Barchef Charly Fukuhara, „es gibt aber noch mehr.“ Der Japaner kennt ihre Besitzer alle persönlich: Fukuhara arbeitet seit mehr als 35 Jahren in der Hofburg des Dreigestirns. Heute wird er 70 Jahre alt.
Im Pullman ist Charly, wie er allseits genannt wird, eine Institution des Karnevals. Wenn er – wie beim Einzug des designierten Dreigestirns in die Hofburg – auf der Bühne steht, bekommt nur der Prinz mehr Applaus. Jedes Jahr verwandelt sich seine Bar im Erdgeschoss Anfang Januar in den Szene-Treff des kölschen Fastelovends. In seinem Spind bewahrt der Barchef mehr als ein Dutzend Karnevalsmützen auf – je nachdem welche Gesellschaft mal wieder eine Sitzung im Saal hat, wird gewechselt. Mit einem Problem: „Ich habe so einen dicken Kopf, die Hälfte der Mützen ist mir zu eng.“
Seit den 90ern Barchef
Im Alter von 21 Jahren kam Fukuhara nach Köln. Nach Stationen in den Niederlanden, Belgien und der Schweiz kehrte er 1981 zurück ins Pullman, damals noch ein Interconti-Hotel. Mehr als zehn Jahre führte er den Nachtclub in der zwölften Etage. „Eine gute Zeit“, erinnert er sich. „Es gab kein Kölsch, sondern Champagner. Bei uns haben sogar die amerikanischen Filmstars gefeiert.“
Mitte der 90er Jahre wurde er Barchef im Erdgeschoss – und damit im Karneval bekannt wie das Colonia Duett. Seinen eigentlichen Vornamen Kaoru wurde er schnell los. „Ein Gast nannte mich Charly, weil es für ihn einfacher war“, erzählt der Barchef. Karnevalisten rufen ihn auch Karl-Heinz. Er höre auf beides, sagt der Jubilar amüsiert. Nach so langer Zeit in Deutschland sei er kein richtiger Japaner mehr, so der Hotelfachmann. Bewahrt hat er sich aber die Zurückhaltung und Diskretion seiner Landsleute. Jecke, die im Eifer des Gefechts versuchen auf der Theke zu tanzen, bittet er höflich zurück auf die Tanzfläche. Und aus dem Nähkästchen plaudere er nie, so „Karl-Heinz“ – das mache nur Schwierigkeiten und er sei ja schließlich Gastgeber.
Hustensaft – Asbach mit Cola
Dabei könnte er wohl so mache pikante Geschichte erzählen. Denn Kölsch fließt in der Bar in rauen Mengen, ebenso der besagte „Zaubertrank“. Der Begriff Hustensaft – Asbach mit Cola – sei eine Erfindung des früheren Prinzenführers Helmut Urbach. Beliebt ist an der Theke des Pullman auch „Knallgas“: Wodka mit Tonic-Wasser. Karnevalisten, die diese Drinks der Gewohnheit nach in anderen Kneipen bestellen, ernten dort regelmäßig ratlose Blicke.
Nach der Session brauche er fast eine Woche, um sich wieder auf den regulären Hotelbetrieb einzustellen, sagt Fukuhara. Statt Kölschkranz werden die Getränke dann wieder auf dem Tablett serviert. Am Aschermittwoch soll aber nun endgültig Schluss sein. „Ich möchte Platz für Jüngere machen“, sagt Charly. Denn die Arbeit – Stress und musikalische Dauerbeschallung – hinterlässt auch ihre Spuren: Einen Hörsturz hat der 70-Jährige schon hinter sich, nur noch auf dem rechten Ohr hört er gut. „Man muss ein Nachtmensch sein“, so der Barchef, der die alten Krätzchen von Willi Ostermann liebt. Am Wochenende fängt er in der Session gegen 21 Uhr an, die letzten Gäste gehen erst um fünf Uhr morgens.
Aber ob es dies wirklich seine letzte Session ist? Hoteldirektor Henk van Oostrum hat „Karl-Heinz“ bereits angeboten, auch in der kommenden Session noch mal hinter der Theke zu stehen und den Karnevalisten kräftig einzuschenken. Ganz abgeneigt ist der nicht: „Es könnte passieren, dass ich noch mal da bin.“