Mittlerweile hat sie sich etwas daran gewöhnt, aber so richtig hinsehen mag sie immer noch nicht: Wenn Jennifer Kattwinkel morgens vor sechs Uhr zur Arbeit in den Rewe-Markt an der Schönhauser Straße/Ecke Bonner Straße kommt, lächelt sie sich selbst überlebensgroß von der Außenwand entgegen und auch im Laden begegnet sie ihrem Porträt. 

Denn die 37-Jährige wurde dieses Jahr als beste Marktleiterin Deutschlands ausgezeichnet. „Es fühlt sich ein bisschen komisch an, aber die Auszeichnung ist gut für unseren Markt und für die Mitarbeiter“, sagt Kattwinkel. Seit knapp zwei Jahren ist sie Filialleiterin des Rewe-Marktes in Bayenthal. Den Titel „bester Marktleiter/beste Marktleiterin des Jahres“ vergibt die „Lebensmittel Zeitung direkt“, das Branchenblatt des deutschen Lebensmittelhandels.

Die Jury besteht aus Vorstandsmitgliedern verschiedener Supermärkte wie Edeka, Wasgau, Coca-Cola und Rewe. Die Kriterien des Wettbewerbes sind soziales Engagement und Vernetzung im Stadtteil, Zufriedenheit der Mitarbeiter und Zufriedenheit der Kunden. Den Titel gewann Kattwinkel, weil sie mit „Herzblut und persönlichem Einsatz“ dabei sei, so die Jury. Seit die Bonnerin Anfang 2020 im Bayenthaler Markt startete, führte sie einige Neuerungen ein.

Kattwinkel ist Mitglied der Aktionsgemeinschaft rund um Bonner Str./Chlodwigplatz und nimmt mit ihrem Team am Südstadtfest der AG teil. Der Verkaufserlös, den der Markt hier macht, geht an den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst am Bonner Wall. Auch die Schulen in der Nachbarschaft unterstützt die Filialleiterin und stellt kostenlos Getränke und Obst bereit, wenn ein Sponsorenlauf oder eine Martinsfeier ansteht.

Ebenfalls beteiligte sie sich mit einer stattlichen Summe an der Weihnachtsbeleuchtung für die Bonner Straße. „Als Filialleiterin kann ich selbständig über das Budget entscheiden, in einem gewissen Rahmen natürlich“, erklärt Kattwinkel. Auch den „Veedelsmarkt" führte die ideenreiche Kauffrau ein, einen Schrank, in dem kleine Einzelhändler aus der Umgebung im wöchentlichen Wechsel ihre Produkte präsentieren können.

Für die Kunden installierte sie eine „Mümmelkiste“, in die diese überzählige Blätter von Gemüse und Obst werfen können. Auch einen Bücherschrank stellte sie auf, und für Anregungen und Kritik liegt ein Gästebuch aus. Ganz oben steht für die gelernte Einzelhandelskauffrau aber die Zufriedenheit ihres Teams. „Ich habe immer eine offene Tür und ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter. Oft erzählen sie auch Privates, dann kann ich nicht immer helfen, aber es tut meist schon gut, wenn man sich etwas von der Seele reden kann“, sagt Kattwinkel.

Wertschätzung und klare Kommunikation seien ganz wichtig, betont sie. „Man muss respektvoll miteinander umgehen. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, passiert das in fairer Art und unter vier Augen. Jemand vor versammelter Mannschaft rundmachen – das gibt es nicht“, erklärt sie energisch. Der Rewe-Markt in Bayenthal hat eine Verkaufsfläche von knapp 2000 Quadratmetern und beschäftigt 103 Mitarbeiter, inklusive Aushilfen.

Der Lockdown sei eine harte Zeit für alle gewesen. „Aber keiner hat gemeckert, alle haben mitgezogen. Das war toll“, berichtet Kattwinkel. Da im ersten Corona-Winter die Weihnachtsfeier ausfiel, wurde im vergangenen Jahr umso größer gefeiert. Kattwinkel organisierte einen Phantasialand-Besuch für die ganze Crew mit anschließendem Essen. Dieses Jahr geht es aufs Schiff zu einem Adventsbrunch. „Sicher gehen wir danach noch zusammen in die Altstadt“, meint die beste Marktleiterin Deutschlands 2022. Der Titel, findet sie, gehöre dem ganzen Team.