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Kölner EhrenamtspreisAnne Merkenich setzt sich seit über 50 Jahren für ihre Mitmenschen ein

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Anne Merkenich widmet ihr Leben den Seniorinnen und Senioren Kölns. Unter anderem durch ihre ehrenamtliche Arbeit beim Demenznetz Rodenkirchen.

Anne Merkenich (74) widmet ihr Leben den Seniorinnen und Senioren Kölns. Unter anderem durch ihre ehrenamtliche Arbeit beim Demenznetz Rodenkirchen. 

Die Kölnerin erhält für ihr langjähriges Engagement den Sonderpreis der diesjährigen Ausgabe von „KölnEngagiert“. 

Anne Merkenich ist eine Frau, die nicht stillstehen kann – auch wenn ihr Körper sie immer häufiger dazu zwingt. Die 74-Jährige engagiert sich seit mehr als 50 Jahren in Köln für andere. Ihr Ehrenamt ist mehr als nur eine Nebentätigkeit – es ist ein Lebenssinn und Ablenkung. Über die Jahre hat sie sich ein Netzwerk an Kontakten aufgebaut und ist so zur Brückenbauerin geworden. Dafür wird sie nun mit dem Sonderpreis des Kölner Ehrenamtspreises ausgezeichnet. Merkenich ist vor allem dort zu Stelle, wo die Hilfe leise gesucht wird: im Alter, in der Einsamkeit, in der häuslichen Pflege.

Fragt man Merkenich nach ihrer Motivation für das Ehrenamt, sagt sie mit nahezu kindlicher Freude: „Die Neugier.“ Dann wird sie ernster und fügt hinzu: „Aber ich bekämpfe mit der Ablenkung auch meine Schmerzen. Nur zu Hause sitzen, würde mir nicht bekommen.“ Merkenich leidet unter chronischen Schmerzen und ist in ihrer Bewegung eingeschränkt. Trotzdem nimmt sie wöchentlich zahlreiche Termine wahr, trifft sich mit anderen Helfenden und unterstützt, wo sie nur kann. Ihr Einsatzort ist der Kölner Süden.

In Rondorf ist Merkenich bekannt. Das „kölsche Mädche“ ist in dem Kölner Vorort aufgewachsen und wohnt bis heute dort. Als sie 15 Jahre alt war, übernahmen ihre Eltern eine Gastwirtschaft im Ort. Schon während der Schulzeit stand Merkenich bis spät abends hinter der Theke. Ein Jahr vor dem Abitur ging sie von der Schule ab, um Vollzeit in der Gaststätte zu arbeiten.

Später absolvierte sie eine Ausbildung zur Wirtschaftskorrespondentin. Als 1975 ihr Sohn geboren wurde, musste sie beruflich kürzertreten. „Wenn ich heute zurückblicke – ich weiß gar nicht, wie ich das früher gemeistert habe“, wundert sie sich. Nach einer Stelle bei der Caritas, arbeitete sie bis zur Rente 2016 rund 25 Jahre für die Katholische Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) im Generalvikariat. Die kfd war und ist ein großer Bestandteil in Merkenichs Leben. „Die Arbeit dort war eine Herzensangelegenheit“, erinnert sie sich.

Der Verein Demenznetz Rodenkirchen hilft bei der Vermittlung vom Heimplätzen

Jetzt liegt ihr Fokus auf dem Demenznetz Rodenkirchen und dem Förderkreis Kölner Senioren Netzwerke. Das Demenznetz ist ein Kölner Netzwerk aus Beratungsstellen und Pflegediensten, die Betroffene und ihre Angehörigen unterstützen. Merkenich hat den Verein 2018 mit aufgebaut. „Mich hat der Bereich gereizt, weil es ein Tabuthema ist“, erklärt sie. Ihr Ziel ist es, Menschen für das Thema zu sensibilisieren und es in die Kölner Veedel zu tragen. Am Anfang lief es schleppend, inzwischen organisieren sie regelmäßig größere Veranstaltungen. So stand Merkenich vor einigen Wochen gemeinsam mit dem 99-jährigen Ludwig Sebus beim Senioren-Infotag in Rodenkirchen auf der Bühne.

„Die Vereine schätzen die Kontakte, die ich habe“, berichtet Merkenich. Bei ihr rufen Menschen an, die nicht mehr weiterwissen. Insbesondere beim Thema häusliche Pflege oder der Suche nach einem Heimplatz bitten sie Betroffene um Rat. Merkenich vermittelt sie dann weiter, selbst Tipps geben möchte sie aber nicht. „Ich bin Türöffnerin und Brückenbauerin“, beschreibt sie sich selbst. Sie wünscht sich auch mehr Wertschätzung für pflegende Angehörige. Merkenich weiß, wovon sie spricht, denn sie ist eine von ihnen.

Ein weiteres Herzensprojekt ist der Förderkreis Senioren Netzwerk Köln für die 68 Netzwerke in Köln. Merkenich betreut zwölf von ihnen im Kölner Süden und organisiert personelle Unterstützung sowie Fördergelder. Meist geht es um Beiträge für Ausflüge, die sich manche Senioren nicht selbst finanzieren können. „Es ist unglaublich wichtig, dass alte Leute nicht zu Hause sitzen, sondern rauskommen und noch was erleben.“

Sorge um mangelnden Nachwuchs im Ehrenamt

Bei all den Tätigkeiten stets an Merkenichs Seite – ihr Mann Jochen Brillinger. Sei es als Fahrer zu Veranstaltungen des Demenznetzwerkes oder als Begleitung zu Abendterminen. Brillinger stärkt seiner Frau den Rücken und unterstützt sie, wo er es kann. „Er baut mich liebevoll auf, wenn meine chronischen Schmerzen mir das Leben wieder schwer machen“, erzählt sie.

Das Thema „Altern in Köln“ liegt Merkenich am Herzen. Von 2017 bis 2021 war sie für Rodenkirchen Mitglied der Seniorenvertretung der Stadt Köln. Themen wie Barrierefreiheit standen auf der Agenda. Aber auch zum Thema Hitze hat sie sich im Auftrag der Stadt Schattenplätze organsiert und Trinkbrunnen geplant. Und auch das Demenznetz wird von der Seniorenvertretung unterstützt. Merkenich hätte gerne noch weitergemacht, sich aber aus gesundheitlichen Gründen nicht erneut aufstellen lassen.

Die 74-Jährige sorgt sich um die Zukunft des Ehrenamtes. Es werde immer schwieriger, Nachwuchs zu finden. Umso mehr hat es sie gefreut, dass die jungen Kolleginnen des Demenznetzes die Bewerbung für sie beim Ehrenamtspreis eingereicht haben. Allein das sei schon eine Ehre für sie gewesen. Als sie dann erfahren hat, dass sie den Preis der Kategorie „über 25 Jahre Engagement“ verliehen bekommt, sei überrascht gewesen. „Damit habe ich niemals gerechnet“, bekräftigt sie. Und ans Aufhören denkt Merkenich noch lange nicht: „Ich hoffe, dass ich trotz der Einschränkungen noch viel bewegen kann.“