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„Müssen uns zu lange gedulden“Menschen mit Behinderung stellen OB-Kandidaten in Köln zur Rede

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OB-Kandidat Markus Greitemann (CDU) spricht mit Menschen mit Behinderung in der Diakonie Michaelshoven.

Im Gespräch: OB-Kandidat Markus Greitemann (CDU) spricht über Inklusion und Barrierefreiheit. 

In der Diakonie Michaelshoven haben Menschen mit Behinderung am Dienstag persönlich mit OB-Kandidaten und Parteivertretern gesprochen. Dabei ging es vor allem um Barrierefreiheit und Inklusion in Köln. 

Was für die einen ärgerlich ist, stellt für andere ein großes Hindernis dar. So wie die Brücke an der Haltestelle „Michaelshoven“ in Rodenkirchen. „Die Brücke ist sehr steil und glatt“, schildert Volker Schmitz. Er lebt in einer besonderen Wohnform für Menschen mit Behinderung im Kölner Süden. „Außerdem hat sie viele Bauschäden, weswegen manche Leute schon gestürzt sind.“ Schmitz wendet sich an Timon Marland (SPD) von der Bezirksvertretung Rodenkirchen und fragt: „Wann wird die Brücke umgebaut?“

Die Diakonie Michaelshoven hat im Rahmen des Wahlkampfs die OB-Kandidaten Markus Greitemann (CDU) und Hans Mörtter (parteilos) sowie die Parteivertreter Floris Rudolph (Grüne) und Timon Marland (SPD) eingeladen. Diese haben mit Menschen mit Behinderung gesprochen, die in verschiedenen Einrichtungen im Kölner Süden wohnen. Vor allem haben die Themen Barrierefreiheit und Inklusionsbetriebe in Köln eine Rolle gespielt.

In Rodenkirchen soll neuer Bahnübergang gebaut werden

„Wir haben uns durchgesetzt, eine neuen Bahnübergang hinzubauen“, antwortet Marland, Bezirksvertreter in Rodenkirchen, auf Schmitz' Frage. „Das ist ein Erfolg von allen Parteien.“ Die Brücke werde abgerissen, hin komme ein ebenerdiger Bahnübergang. Die Menschen müssen sich nur etwas gedulden: „Ein Umbau kann erst ca. 2030 umgesetzt werden“, so Marland.

Ein weiteres Problem sei die Verständlichkeit der Fahrpläne. Es gebe zu viel kleingedruckten Text. Die Bewohnenden wünschen sich einen Knopf, der ihnen vereinfacht die Informationen vorliest. Auch Greitemann findet die Idee gut. Der 65-Jährige habe selbst Schwierigkeiten, den Text zu lesen. „Andere Städte haben bereits so ein Angebot, wo das funktioniert“, sagt Greitemann. Er weist auf die Dringlichkeit der Digitalisierung hin: „Wenn Brücken erst 2030 umgebaut werden können, dann müssen wir uns damit noch länger gedulden.“

Auch Rudolph orientiert sich an den Angeboten anderer Städte: „Wir sind im Gespräch mit Organisationen wie der Lebenshilfe. Wir hatten die Idee, dass jede Linie ihre eigene Farbe bekommt, an der sich Menschen orientieren können.“ Städte wie Hamburg oder Paris haben dieses System bereits eingeführt.

Es sollte selbstverständlich sein, dass Menschen mit Behinderung dazu gehören. Das gilt auch für das Arbeitsleben.
Hans Mörtter, Parteiloser OB-Kandidat

Sonja Kirz ist Rollstuhlfahrerin und weist auf die Haltestellen Barbarossaplatz und Chlodwigplatz hin. Auf zwei Gleisen fahren die Bahnen dort Trittstufen zum Aussteigen aus. Eine Rampe gibt es nicht. „Die Haltestellen sind nicht barrierefrei. Wir Rollstuhlfahrer kommen nicht aus den Bahnen raus“, so Kirz. Zudem sei die Situation auch für Personen mit Kinderwagen oder ältere Menschen schwierig.

Thomas Wenzel arbeitet bei den Gemeinnützigen Werkstätten Köln (GWK). Er fordert mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung im Süden der Stadt. „Wir haben zum Teil sehr lange Pendelwege, weil viele Standorte im Norden sind“, schildert der Sürther. „Wir brauchen mehr Struktur und dementsprechend mehr Geld für Inklusion“, sagt Mörtter. Der Kandidat macht auf die Akzeptanz in der Gesellschaft aufmerksam: „Es sollte selbstverständlich sein, dass Menschen mit Behinderung dazu gehören. Das gilt auch für das Arbeitsleben.“

Mehr Inklusionsbetriebe in Köln

Rudolph und Marland sprechen sich für mehr Inklusionsbetriebe in Köln aus. Das sind Unternehmen, in denen Menschen mit oder ohne Behinderung zusammen arbeiten. „Wir sehen Werkstätte für behinderte Menschen kritisch“, so Rudolph. „Menschen mit Behinderung sollten in regulären Berufen tätig sein können.“ Die Inklusionsquote im allgemeinen Arbeitsmarkt in Köln sei gut, aber es gebe noch Luft nach oben. Marland ist derselben Meinung: „Wir wollen nicht ausgrenzen, sondern inklusiv denken.“ Die Etablierung von Inklusionsbetrieben würde laut Rudolph gegen Diskriminierung und niedrige Löhne in Werkstätten helfen.

Für Mörtter und Greitemann gehören Werkstätte für behinderte Menschen sowie Inklusionsbetriebe gleichermaßen auf den Arbeitsmarkt. „Nicht alle Menschen können in regulären Berufen tätig sein“, so Greitemann. Der Kandidat nennt ein Beispiel aus seiner Familie: „Mein Cousin hat Down-Syndrom und wäre im allgemeinen Arbeitsmarkt untergegangen. Er hat in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet und ist darin aufgeblüht.“ Man solle den Menschen die Wahl lassen, wo sie arbeiten möchten.