Ende 2020 fällte eine Gartenbaufirma in Marienburg rund 20 alte Laubbäume – ohne Genehmigung. Fast fünf Jahre später sind die Folgen erstaunlich mild.
Baumfällungen ohne GenehmigungKaum Konsequenzen nach illegalem Kahlschlag in Marienburg

Auf dem Grundstück im Schillingsrotter Weg 6 in Marienburg wurden Ende 2020 ungenehmigt rund 20 geschützte Bäume gefällt. Hier werden zwei Wohngebäude errichtet.
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Kurz nach Weihnachten 2020 wurde es laut auf dem Schillingsrotter Weg in Marienburg. Arbeiter einer Selmer Gartenbaufirma waren mit Motorsägen angerückt und starteten einen Kahlschlag auf dem Grundstück der Hausnummer 6. Jahrzehntelang hatte die 4.000 Quadratmeter große Fläche mit einer seit langem leerstehenden, maroden Villa und dem verwilderten Garten im Dornröschenschlaf gelegen. Kurz nach dem Verkauf des Grundstücks an den Rodenkirchener Unternehmer Georgios Margaritis fielen plötzlich die Bäume – ohne jede Ankündigung.
Nachbarn wurden misstrauisch. Auf dem Grundstück standen zahlreiche alte Laubbäume, Lebensraum für viele Vögel, wie – den Anwohnern zufolge – für einen Mäusebussard, Eulen und einen Buntspecht. Sie informierten das Ordnungsamt, das schickte einen Tag später Mitarbeiter raus, die – wie Nachbarn schilderten – von den Arbeitern der Gartenbaufirma beleidigt wurden und die das Umweltamt einschalteten.
Schnell war klar: Für die Fällungen lag kein Antrag vor. Zu dem Zeitpunkt waren aber bereits mindestens 20 Bäume abgeholzt, vorwiegend Laubbäume – Birken, Ahorne, Esche und Buchen – die unter die Baumschutzsatzung der Stadt fallen.

Ein Bild von Februar 2021, als noch die marode Villa stand.
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„Besonders dreister Fall von Baumfrevel“
Die Nachbarn informierten ebenfalls Bezirksbürgermeister Manfred Giesen. Er kontaktierte die ausführende Gartenbaufirma. Deren Inhaber Patrick Wilke, zeitweise Vorstand des Dortmunder AfD-Kreisverbandes, habe ein extrem rüdes Verhalten an den Tag gelegt und ihm und seiner Familie gedroht, berichtete Giesen damals. Der Kölner Baumschützer Harald von der Stein sprach von einem besonders dreisten Fall von Baumfrevel. Der Zeitpunkt für die Fällungen sei clever gewählt gewesen, nämlich als die Verwaltung durch die Weihnachtstage nur auf Sparflamme arbeitete, mutmaßte er.
Wilke sah sich im Recht, die Bäume seien angeblich kipp gefährdet gewesen. Eine Prüfung der Stadt jedoch ergab: 16 der 20 gefällten Bäume seien standsicher gewesen. „Bei den Maßnahmen handelt es sich um Verstöße gegen die Baumschutzsatzung. Sie stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die nach § 78 Landesnaturschutzgesetz (LNatschG) NRW mit Bußgeldern bis zu 50.000 € geahndet werden können“, teilte die Stadt damals mit.
Harte Konsequenzen gefordert – bisher vergeblich
„In Zeiten des Klimawandels und eines wachsenden ökologischen Bewusstseins ist das bewusste Fällen von geschützten Bäumen nicht nur über eine Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Dieser Vorgang muss für die Beteiligten darüberhinausgehende Konsequenzen haben“, forderte Giesen vehement. Auch von der Stein verlangte eine empfindliche Strafe.
Doch heute, mehr als viereinhalb Jahre später, zeigt sich: Von harten Konsequenzen keine Spur. „Es wurde eine Überkompensation des Schadens mit Ersatzpflanzungen auf dem Grundstück gefordert“, teilt die Stadt auf Nachfrage dieser Zeitung mit. Diese Ersatzpflanzungen sollen nach Abschluss des Bauvorhabens erfolgen – auf dem Gelände entstehen derzeit zwei Wohngebäude.
Verstöße gegen Baumschutzsatzung dürfen sich nicht lohnen
„Dies ist weder ausreichend noch zufriedenstellend. Illegale Fällungen müssen viel härter sanktioniert werden, sonst können Investoren solch läppische Überkompensationen leicht in die Baukosten einkalkulieren“, kritisiert der Bezirksbürgermeister scharf. Er habe damals lediglich erreichen können, dass der ausführende Unternehmer auf eine städtische Ausschlussliste gesetzt wurde, so Giesen. Er fordert mehr Mut zu klaren Konsequenzen. „Warum in solchen Fällen nicht auch eine erteilte Baugenehmigung wieder einziehen? Verstöße gegen die Baumschutzsatzung dürfen sich einfach nicht lohnen“, betont er.
Im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben wurden zwischenzeitlich drei weitere Bäume gefällt – mit Genehmigung.
Die Baugrube für die Wohngebäude ist ausgehoben, bis Mitte des Jahres soll der Rohbau laut Investor fertig gestellt sein. Zum weiteren Zeitplan kann er erst im Frühjahr Auskunft geben.