„Wir hängen an ihm“Kleingärten in Köln-Raderthal sollen bis Ende November geräumt werden

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Kleingärtner Klaus Waskow in seinem Kleingarten in Köln-Raderthal

Klaus Waskow in seinem Kleingarten in Köln-Raderthal

Die Unsicherheit über die Zukunft machen den Kleingärtnern in Köln-Raderthal zu schaffen. Sie hoffen nun, dass eine Klage gegen die Stadt zu ihren Gunsten ausfällt.

Sanfte Herbstsonne fällt in den Schrebergarten von Klaus Waskow in Raderthal. Knollensellerie, Brokkoli, Wirsing, Endiviensalat und Palmkohl gedeihen noch prächtig, auch am Mispelbaum hängen noch die Früchte. Aus ihnen wird der 74-Jährige mit seiner Frau Marmelade machen. Tomaten, Gurken, Zucchini, Äpfel, Pfirsiche und Feigen und so manches mehr haben die beiden schon längst geerntet und verarbeitet.

„Der Herbst ist die beste Zeit, um den Garten zu genießen. Die meiste Arbeit ist getan, es ist noch warm und die Herbststimmung wunderbar“, sagt Waskow. Mit dem Genießen ist es aber dieses Jahr so eine Sache, denn Anfang des Jahres kündigte die Stadt Waskows und zehn weitere Gärten in der Anlage Faßbenderkaul des Kleingartenvereins Köln Süd e.V. Sie verkaufte die Grundstücke an die WvM-Immobilien GmbH, die hier Wohnungen bauen will.

„Ich verstehe, dass Wohnungen gebraucht werden, aber es gibt Alternativen. Man kann mehr in die Höhe bauen oder versiegelte Flächen nutzen“, meint Waskow. Der KGV Süd wie auch der Kreisverband der Kölner Gartenfreunde halten die Kündigung der Stadt für nicht rechtens. Es liege kein erforderlicher Bebauungsplan vor, alles sei ohne Beteiligung der Öffentlichkeit geschehen, kritisiert Vereinssprecher Simon Burger. Im September reichte der Kreisverband Klage gegen die Kündigung ein.

Kreisverband der Kölner Gartenfreunde reicht Klage gegen Stadt ein

Laut der Kündigung sollen die Pächter ihre Gärten bis Ende November verlassen. Dass sie aber wirklich bis dahin wegmüssen, glauben weder Kreisverband noch Verein. „Nachdem das Liegenschaftsamt uns zugesagt hatte, die Pächter hätten bis zum November 2023 Zeit, teilte die Stadt zuletzt mit Schreiben vom 28.7.2022 mit, dass sie die Räumung zum Ende November dieses Jahres verlangt“, berichtet Burger. Um aber die Gärten per Zwangsvollstreckung räumen zu können, müsse die Stadt ihrerseits vor Gericht einen Räumungstitel erwirken, sagt er.

Das sei bisher nicht geschehen. Die Stadt selbst äußert sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht dazu. Für Waskow und die anderen gekündigten Kleingärtner war es trotz guter Ernte eine belastende Gartensaison. „Wir haben den ganzen Keller voll eingekochtem Apfelmus – ein tolles Gefühl. Aber die ganze Zeit über schwang die Unsicherheit mit“, berichtet der Rentner. „Wenn ich die Bäume ansehe und denke, da kommt bald ein Bagger – das will ich mir gar nicht vorstellen“, sagt er.

Wegen der unsicheren Situation hätten sie nicht planen können und dieses Jahr nur einjährige Pflanzen eingebracht. Nach der Kündigung hatten er und seine Frau überlegt, sich in anderen Anlagen umzusehen. „Davon sind wir aber schnell abgekommen. Erst mal gibt es keine freien Gärten und außerdem hoffen wir, dass wir hierbleiben können. Wir haben jahrzehntelang intensive Arbeit in unseren Garten gesteckt, wir hängen an ihm“, so Waskow.

Stadt Köln soll Pächter bei Suche nach anderen Gärten unterstützen

Man habe mit der Stadt vereinbart, die gekündigten Pächter – falls gewünscht – bei der Suche nach anderen Gärten zu unterstützen, berichtet Michael Franssen vom Kreisverband. „Es ist deswegen aber noch niemand auf uns zugekommen“, sagt er. Allein eine Pächterin habe ihren Garten verlassen. Diesen wolle man wieder verpachten. „Dabei werden wir natürlich auf die besondere Situation hinweisen. Aber die Parzelle soll weiter bewirtschaftet werden“, so Franssen.

Die Stadt ließ bei neun der gekündigten Pächter eine Wert-Ermittlung über den Pflanzenbestand und die Lauben durchführen. Dabei habe man eine „grundsätzliche Bereitschaft, eine einvernehmliche Lösung zu finden“ wahrgenommen, teilt eine Stadtsprecherin mit. „Dass die Pächter die Schätzung nicht verweigert haben, heißt nicht, dass sie ihre Gärten aufgeben wollen“, betont jedoch Franssen. Auch Entschädigungen überwies die Stadt bereits an den Kreisverband.

„Das geschah ohne Abstimmung. Wir parken dieses Geld und überweisen es nach dem Urteil, das hoffentlich zu unseren Gunsten ausfällt, an die Stadt zurück“, erklärt Franssen. Das Angebot der Stadt von Ersatzgärten in Immendorf hält er für unrealistisch. „Abgesehen von der Entfernung gibt es diese Anlage noch gar nicht. Das dauert noch Jahre. Zudem ist es gerade für die älteren Pächter keine Option, ein leeres Grundstück erst zu einem Garten zu machen“, so Franssen.

„Einen neuen anlegen, das schaffen wir nicht“

„Wir möchten nicht ohne Garten sein, aber einen neuen anlegen, das schaffen wir nicht. Ich bin 74, meine Frau ist 69“, bestätigt Waskow. Zudem gehe es auch nicht nur um elf Pächter, sondern auch um das Grün in der Stadt, findet er. So sehen es auch Verein und Kreisverband. Der Ernährungsrat Köln und der BUND unterstützen den Kampf um die Gärten. Letzterer hebt die ökologische Bedeutung der Kleingartenanlagen für das Klima und die Lebensqualität in der Stadt hervor.

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