Die diesjährige Hochzeitssaison läuft auf Hochtouren. Eine Kölner Hochzeitsplanerin erklärt, wie junge Paare eigene Traditionen schaffen.
Weniger Glaube, mehr FreiheitDarum heiraten junge Paare in Köln mit Pizza statt Torte

Hochzeitsplanerin Marie Mika (l.) mit einer glücklichen Braut.
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Reis-Attacke auf der Kirchentreppe, Begrüßungsmarathon bis zum entferntesten Verwandten, Kampf um die Oberhand beim Torte Anschneiden: Die Liste von Hochzeitstraditionen ist lang - aber längst nicht alles davon ist bei jungen Brautpaaren beliebt.
Die Hochzeitsplanerin Marie Mika verhilft mit ihrer Agentur „Mikado Hochzeitsplanung“ in Zollstock hauptsächlich Menschen zwischen Ende 20 und Anfang 30 aus Köln und Umgebung zum schönsten Tag ihres Lebens. Auch in der aktuellen Hochzeitsaison merkt sie, dass diese Altersgruppe von Traditionen abweicht. Statt einer prunkvollen Torte gab es da auch schon mal Pizza.
„Wir sind mittlerweile in einer Generation, die sich viel mehr davon löst, was früher gang und gäbe war“, erklärt die Hochzeitsplanerin Marie Mika. Der auffälligste Unterschied zu traditionellen Hochzeiten liege bei den Feiern ihrer Paare dort, wo sich die Verliebten außerhalb des Standesamtes das Ja-Wort geben. „Die Kirche fällt größtenteils weg“, stellt Mika fest. Freie Trauungen seien hingegen „das Ding“. Für die Hochzeitsplanerin hat das einen einfachen Grund: „Wir haben im Durchschnitt nicht mehr einen so großen Bezug zum Glauben.“
Bereits vor der Trauung ein Blick auf die Braut
Die freie Trauung ist wie ihre kirchliche Alternative nicht rechtskräftig, bietet dem Hochzeitspaar aber mehr Freiheiten für individuelle Wünsche. Für eine intime Stimmung ist es dabei auch möglich, dass Freunde oder Familienmitglieder die Zeremonie durchführen.
„Ich betreue auch viele gleichgeschlechtliche Paare“, erzählt Mika. Für diese Menschen müsse es in vielen Fällen eine freie Trauung sein. Bei der katholischen Kirche dürfen sie nicht getraut werden. Bei der evangelischen Kirche in Köln und Region ist das hingegen seit 2016 möglich.
Sich vor der Trauung zu sehen, soll dem Brautpaar laut Tradition großes Unglück bringen. Ein Trend aus Amerika sieht das anders: Beim „First Look“ (erster Blick) treffen die Verliebten schon vor dem Ja-Wort aufeinander - und das ohne Publikum. „Viele wünschen sich so einen intimen Moment für sich, weil nach der Trauung super viel Programm kommt“, erklärt Mika. Momente, um in Zweisamkeit zu genießen, blieben auf der Feier meistens aus.
Eine Hochzeit ohne Torte
Verhandelbar ist für junge Brautpaare auch das traditionelle Glanzstück der Hochzeitsfeier: „Die Torte ist etwas, das viel kleiner ausfällt und meistens zum Dessert angeschnitten wird oder eben komplett dadurch ersetzt wird“, erklärt Mika. „Wenn keiner von den beiden Kuchen mag, braucht man sie ja auch einfach nicht.“
Die Kölnerin ermutigt ihre Kundinnen und Kunden erfolgreich zu mehr Individualität. „Es gibt auch Paare, die sich bei einer Pizza kennengelernt haben und deshalb statt einer Torte eine Pizza anschneiden.“
Ein individueller und zusätzlich schlichter Stil liege aktuell im Trend. An prunkvoller Deko werde deshalb meistens gespart, erklärt Mika. Dieser Minimalismus gelte auch für die Gästeliste. „Die Leute laden viel bewusster ein“, sagt die Hochzeitsplanerin. „Meine Eltern mussten noch die Großtante zehnten Grades einladen“, vergleicht sie schmunzelnd.
Mit Geldsorgen durch die Inflation habe der schlichte Trend weniger zu tun. Nach wie vor liege das Budget der Hochzeiten unter Mikas Planung durchschnittlich bei 25.000 bis 30.000 Euro. Sie sei vielmehr ästhetische Vorliebe oder Ausdruck des Wunschs nach mehr Intimität. Vorbild für die minimalistische Optik seien vor allem die sozialen Medien.
Kölner „Villa Boisserée“ im Trend

Romantisch gelegen: Die Eventlocation Villa Boisserée in Köln Bayenthal.
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Neben dem Festessen verplanen Mikas Paare im Schnitt am meisten Geld für die „Location“, also den Ort der Feier. Kölner Paare ziehe es oft ins Umland. „Manchmal ist schon die Parksituation ausschlaggebend“, erklärt Mika vielsagend. In der Umgebung von Köln gebe es Orte, die so gut wie immer ausgebucht sind. Dazu gehören das Ballhaus „La Redoute“ in Bonn oder das „Landgut Stüttem“ in Wipperfürth.
„Viele wünschen sich etwas ausgefalleneres oder oft auch etwas, das im Grünen liegt“, sagt die Hochzeitsplanerin. Auch in Köln gebe es eine beliebte Location dieser Art: Die „Villa Boisserée“ in Bayenthal liegt am Rhein und ist gesäumt von Bäumen.
Die Hochzeitssaison sei bei Mika bis Ende September voll im Gange. Aktuell finde fast jede Woche eine Feier statt. Für ihre Arbeit, die definitiv Multitasking-Fähigkeit und Stressresistenz erfordere, wird die Hochzeitsplanerin am Tag der Trauung belohnt: „Ich bin einfach ein Fan von Liebesgeschichten und ganz besonderen Momenten“, schwärmt sie. „Zu sehen wie andere Menschen den bisher schönsten Tag ihres Lebens feiern und zu wissen, dass ich dazu beitragen konnte, macht mich glücklich.“