Abo

Hohe Kosten gefährden WohnungsbauKölner Genossenschaften fordern Unterstützung von der Stadt

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann mit längerem grauen Haar steht vor einer abgezäunten Wiese, Er hält einen großen Bauplan in den Händen.

Ralf Leppin vor dem Grundstück, auf dem 15 Häuser entstehen sollen.

Fünf bis zehn Millionen Euro zusätzliche Unterstützung benötigt etwa die Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg, um 107 Wohnungen in Zollstock zu bauen.

„Unsere Finanzierung stand und wäre bis zum Januar 2022 auch noch umsetzbar gewesen. Das sieht jetzt anders aus, denn im vergangenen Krisenjahr sind unter anderem wegen Materialknappheit und Lieferschwierigkeiten die Baukosten erheblich gestiegen“, berichtet Ralf Leppin, Vorstandsmitglied der Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg eG.

Die 2017 gegründete Genossenschaft will auf einer Grünfläche in Zollstock gegenüber des Südfriedhofes 15 Häuser mit 107 Wohnungen unterschiedlicher Größe errichten – allesamt sozial gefördert und von Menschen mit Wohnberechtigungsschein zu günstigen Preisen zu mieten, mit einer Mietpreisbindung von 50 Jahren. Auch eine Kita soll im Rahmen des Bauvorhabens entstehen. Die Stadt will der Genossenschaft das Grundstück im Erbbaurecht für rund 75.000 Euro im Jahr für 99 Jahre überlassen.

Die Landesmittel waren bisher ausreichend, aber jetzt fehlen uns fünf bis zehn Millionen Euro.
Ralf Leppin, Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg

Im bisherigen Finanzierungsplan ging die Genossenschaft von 34 Millionen Euro Gesamtkosten für ihr Projekt aus. Diese Summe wollte sie zum großen Teil mit einem günstigen Darlehen des Landes, das dieses für soziale Bauvorhaben bereitstellt, stemmen. „Die Landesmittel waren bisher ausreichend, aber jetzt fehlen uns fünf bis zehn Millionen Euro, je nachdem, wie sich die Baukosten entwickeln“, erklärt Leppin. Die erschwerten Bedingungen – auch die Zinsen für Kredite sind gestiegen – betreffen auch andere Genossenschaften und Vereine in Köln, die soziale Bauvorhaben realisieren wollen.

Kölner Genossenschaften haben sich zusammengeschlossen

Sechs von ihnen haben sich zu einem Arbeitskreis zusammengeschlossen. Wolfgang Kiehle, der die Mietergenossenschaft seit Beginn in Finanzierungsfragen berät, und Jörg Frank, ehemaliges Ratsmitglied der Grünen, arbeiteten ein Konzept aus, mit dem die Finanzierungslücken geschlossen werden sollen. Ihre Forderung: Wenn die Landesmittel nicht ausreichen, soll die Stadt unterstützen. „Es gab von 2016 bis Ende 2021 ein städtisches Wohnraumförderungsprogramm. Das ist ersatzlos ausgelaufen. Dieses Programm muss dauerhaft wieder aufgelegt werden“, verlangen sie.

Ihr Konzept sieht einen Kredit mit günstigen Konditionen vor, der 15 Jahre zinsfrei laufen soll, bei einem Prozent Tilgung. „Damit sollen vorrangig junge Genossenschaften und ähnliche Vereinigungen unterstützt werden, denn sie verfügen noch nicht über viel Eigenkapital“, erklärt Kiehle. Das sei ein Anreiz, damit mehr soziale Bauprojekte entstehen könnten, und die würden dringend benötigt. „Der Bedarf an günstigem Wohnraum ist riesig“, so Kiehle und Frank.

Zügiger Beschluss der Stadt Köln gewünscht

Nur 6,7 Prozent des gesamten Kölner Wohnbestandes sei sozial gefördert, aber fast jeder zweite Kölner Haushalt habe Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Die Förderung soll ihrer Ansicht nach unterschiedlich hoch sein, je nachdem, ob ein Bauvorhaben 30 oder 60 Prozent geförderten Wohnraum schaffen will. Die Mietpreisbindung soll auf 60 Jahre festgelegt sein. Dazu gaben der Arbeitskreis und die Konzeptentwickler in der vergangenen Woche eine Pressekonferenz, jetzt wollen sie mit ihrem Vorschlag an die Oberbürgermeisterin und die Ratsfraktionen gehen.

„Hier muss es zügig einen Beschluss geben, noch in diesem Quartal, denn es besteht akuter Handlungsbedarf“, betont Frank. Zudem sei möglicherweise noch einiges von den 33 Millionen Euro, die in dem Topf für städtische Wohnraumförderung waren, vorhanden, vermutet Frank. Die Zollstocker Mietergenossen können ihre Bindung von 50 Jahren nicht einfach auf 60 Jahre ändern, da in allen veröffentlichten und beschlossenen Planungsunterlagen von 50 Jahren die Rede ist.

Neubau am Kalscheurer Weg in Zollstock soll noch in diesem Jahr starten

„Wenn die Stadt auf die Forderung nach Förderung eingeht, müssen wir sehen, wie wir das Darlehen in Anspruch nehmen können. Wir sind auf jeden Fall bereit, uns für 60 Jahre zu verpflichten“, sagt Ralf Leppin. Ihr Eigenkapital von 1,1 Millionen Euro haben die Mietergenossen weitgehend für Planungen, Gutachten und weitere Vorbereitungen für das Bauvorhaben aufgebracht. Sie wollen jetzt noch einmal alle Pläne auf Einsparmöglichkeiten durchgehen.

Außerdem warten sie gespannt auf die diesjährige Höhe der Landesförderung. Denn diese wird jährlich neu angepasst, im Februar wird sie bekannt gegeben. „Dann werden wir eine neue Kosten-Finanzierungs-Belastungsrechnung erstellen und damit in die weiteren Gespräche mit den Banken gehen“, so Leppin. Trotz erschwerter Bedingungen hofft die Mietergenossenschaft, noch in diesem mit dem Bau am Kalscheurer Weg starten zu können.


Geplante Wohnprojekte

Sechs genossenschaftliche Wohnprojekte haben sich zusammengeschlossen, um ihrer Forderung nach Unterstützung durch die Stadt Nachdruck zu verleihen: Rondorf: Hof der Familie eG, Müngersdorf: Machbarschaft Köln eG i.Gr. (Petershof), Zollstock: Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg eG, Dellbrück: Tausendsechs e.V, Innenstadt: Verein Ludolf-Camphausen-Straße 36 e.V., (LC36) Nippes: Woge Köln eG.

Rundschau abonnieren