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Grüne Oasen, feste RegelnSo begehrt sind Kölns Schrebergärten

Lesezeit 4 Minuten

Michael Negele (r.) und sein Bruder Wilfried freuen sich über die Sommerernte: Der Kopfsalat ist im Juni ebenso reif wie die Kirschen und der Rhabarber.

Schrebergärten in Köln sind heiß begehrt, mit Wartezeiten bis zu sieben Jahren. Sie bieten städtische Oasen und Gemeinschaft. Ein Besuch in Kölner Kleingärten

Hier findet Köln Ruhe in erholsamer Umgebung, auf ein paar Quadratmetern grüner Oase: im Schrebergarten. Hier treffen Immis auf Ur-Kölner, und junge Familien auf rüstige Gartenfreunde. Hier freut man sich über einen Plausch mit dem Nachbarn, übers Abschalten bei der Gartenarbeit oder auf einen Grillabend. Egal ob in Ossendorf, Nippes, Vingst oder Zollstock - Kleingärten erfreuen sich immer noch in ganz Köln großer Beliebtheit, die weiter wächst. Manche sprechen sogar von einem Kleingarten-Boom. Einst als Inbegriff der Spießigkeit verschrien, sind Schrebergärten aktuell so beliebt, dass die Parzellen rar geworden sind.

So auch beim KGV Butzweiler III im Kölner Norden: Die Gartenanlage des Vereins liegt idyllisch zwischen Bilderstöckchen und dem Bürgerpark Nord. Hier verteilen sich 108 Gärten auf einer Gesamtfläche von 35.568 Quadratmetern. Die einzelnen Gärten sind zwischen 260 und 380 Quadratmeter groß. Rot-weiße Kölner Fahnen wehen neben internationalen Flaggen aller Art, in der Sommerhitze spielen Kinder im Planschbecken, während die Eltern den Grill anwerfen. Die Pächter sind ein Querschnitt durch die Stadtgesellschaft und sehr aktiv, wie der erste Vorsitzende des KGV, Michael Negele, betont: „In Schrebergärten hat man einen Anlaufpunkt, wenn man am Wochenende Langeweile hat. Hier kann man seine Gartenliebe ausleben und nette Menschen treffen.“

Liebevoll gestaltete Kleingärten findet man fast überall.

Negele ist als Vorsitzender sowohl gute Seele des Vereins als auch wachsamer Wächter über Recht und Ordnung auf der Anlage. Schon seine Eltern gehörten bei der Gründung 1972 zu den ersten Pächtern. Wie in vielen Kölner Kleingartenvereinen ist es aktuell hier nicht einfach, eine freie Gartenfläche zu finden: „Kleingartenvereine kann man jederzeit besuchen, wir freuen uns über Interessenten bei unseren Festen – jeder ist willkommen. Allerdings können wir aktuell keine Anfragen annehmen, unsere Warteliste ist voll“, erklärt der 59-jährige Negele. Laut dem „Landesverband Rheinland der Gartenfreunde“ ist vor allem bei jungen Familien das Interesse an Schrebergärten äußerst groß – viele stehen jedoch zunächst vor verschlossenen Gartentoren.

Kölner Scherbergärten mit langen Wartelisten

Wer in Köln eine Parzelle sucht, muss sich in fast allen Kleingartenvereinen sehr gedulden. Michael Negele ist sich sicher, dass die Pandemie die Nachfrage nach Kleingärten noch mal entscheidend in die Höhe getrieben hat, und dass Kleingärten eine ganz besondere Rolle im Stadtleben einnehmen: „Im Grunde geben die Kleingärten den Städtern das, was ihnen fehlt – ein Leben wie auf dem Dorf, wo man den anderen kennt, eine Gemeinschaft bildet und zur Ruhe kommt.“ Bei „Schlössers Gärten“ zwischen Subbelrather Straße und Takustraße gibt es ebenfalls noch eine Warteliste, auf dieser wartet man allerdings im Schnitt fünf bis sieben Jahre. Den Ehrenfelder Verein gibt es bereits seit über 100 Jahren, er ist damit einer der ältesten in Köln. 1921 wurde die Kleingartenabteilung der Stadt Köln im heutigen Amt für Landschaftspflege und Grünflächen eingerichtet.

In Schrebergärten hat man einen Anlaufpunkt, wenn man am Wochenende Langeweile hat. Hier kann man seine Gartenliebe ausleben und nette Menschen treffen.
Michael Negele, 1. Vorsitzender des KGV Butzweiler III

Um ein friedliches Miteinander zu ermöglichen, gelten in den Schrebergärten verschiedene Gesetze, Verordnungen und Richtlinien. Die Stadt Köln bittet Anwärter, das Bundeskleingartengesetz und die Kölner Gartenordnung zu beachten, bevor man einen Kleingarten pachtet. „Die wenigsten lesen sich diese jedoch wirklich genau durch“, schmunzelt und bemängelt Michael Negele zugleich.

Auch in Butzweiler herrschen genaue Regeln: Die Heckenhöhe darf höchstens 1,50 Meter betragen, der Rasen darf in der Woche nur bis 19 Uhr gemäht werden, am Wochenende sogar nur bis 17 Uhr. Jeder Pächter muss sechs Gemeinschaftsstunden auf der Anlage ableisten – wer sich nicht daran hält, muss pro nicht abgeleisteter Stunde 20 Euro zahlen. Denn so ein Schrebergarten bedeutet nicht nur eine ruhige Zeit im Grünen — es bedeutet oft auch viel Arbeit für die Pächter. Kleingartenvereine sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass auf jeder Parzelle zu mindestens einem Drittel Obst und Gemüse angebaut wird – und kontrollieren das auch scharf. „Das schmeckt aber um so besser, wenn man selber erntet – ganz anders als das Billiggemüse aus dem Supermarkt“, sagt Negele. Unter anderem habe er eine drei Kilo schwere und rund 50 Zentimeter lange Zucchini ernten können, sein Bruder Wilfried einen fünf Kilo schweren Spitzkohl.


Kleingärten in Zahlen

1921 wurde die Kleingartenabteilung der Stadt im heutigen Amt für Landschaftspflege und Grünflächen eingerichtet.

625 Hektar Kleingartenfläche verteilen sich auf städtischem Gebiet – die größte Fläche in allen Gemeinden in NRW. Dies entspricht rund 1,5 Prozent des Kölner Stadtgebietes. Seit 1999 sind die Flächen von Kleingärten in NRW um rund 37 Prozent gestiegen.

120 Vereine pachten diese Flächen vom Generalpächter, dem Kreisverband Kölner Gartenfreunde.

13.000 Kleingärtnerinnen und Kleingärtner gibt es in Köln.