Der Vorstand in Köln hat sich bei der Bundestagsverwaltung wegen einer 50.000 Euro-Spende der Gerchgroup im Jahr 2017 angezeigt.
SelbstanzeigeCDU Köln verdächtigt sich selbst der Korruption

Der Vorstand der Kölner Union. In der Mitte der neue Parteivorsitzende Karl Alexander Mandl.
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Die CDU Köln kommt nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Im August wurde öffentlich, dass den Christdemokraten 260 000 Euro an Mitgliedsbeiträgen fehlen, im September erklärte Schatzmeister Sebastian Benz, dass der Kreisverband eigentlich zahlungsunfähig sei und nun hat die Partei Selbstanzeige wegen Korruptionsverdachts bei der Bundestagsverwaltung eingereicht. Dabei geht es um eine Spende über 50 000 Euro von der Düsseldorfer Gerchgroup aus dem Jahr 2017.
„Die CDU Deutschlands hat am 28. September 2023 auf Wunsch und Hinweis des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und des Kreisverbandes Köln prophylaktisch Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung eingereicht“, bestätigt ein Sprecher der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin den Vorgang. Der Grund: „Im Rahmen einer Überprüfung hat der Vorstand der CDU Köln festgestellt, dass es sich bei der besagten Spende um eine möglicherweise unzulässige Spende nach Paragraph 25 gehandelt haben könnte.“ Im Parteigesetz gelten Spenden als verboten, „die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden“.
Selbstverständlich gab es keine Gegenleistungen und auch keine Erwartung einer solchen.
Der Landesverband NRW habe diesen Sachverhalt daraufhin unverzüglich zur weiteren Veranlassung an Berlin weitergeleitet. „Die Prüfung ist bisher nicht abgeschlossen, weswegen wir über etwaige Konsequenzen derzeit keine Auskunft geben können“, so der Sprecher weiter.
Warum hat gerade diese Spende ein „Geschmäckle“?
Auch das Pressereferat des Deutschen Bundestags bestätigt die Selbstanzeige der CDU gegenüber der Rundschau. Was nun geschieht, ist unklar. Es heißt lediglich: „Weitere Auskünfte werden während des laufenden Vorgangs nicht erteilt.“
Für die Kölner CDU erklärte der Parteivorsitzende Karl Alexander Mandl indes: „Der im März dieses Jahres neu gewählte Vorstand prüft (...) verschiedene Sachverhalte aus der Vergangenheit.“ Die Prüfung verlaufe gewissenhaft, weswegen sie Zeit benötige, so der Parteichef. Doch warum hat ausgerechnet diese Spende, die im Rechenschaftsbericht der CDU aus dem Jahr 2017 veröffentlicht wurde, ein „Geschmäckle“?
Laut einer Recherche der „Zeit“, gemeinsam mit dem ARD-Politikmagazin „Kontraste“ ging die Summe von 50 000 Euro im August 2017 bei der CDU Köln ein. Nur einen Monat später entschied der Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Köln über das Vorgehen für die Neubebauung zwischen der Straße Am Hof und dem Laurensplatz, dem heutigen „Laurenz Carré“ (siehe Infotext). Auf Drängen der SPD sollten 30 Prozent des Wohnraums als öffentlich geförderte Wohnungen entstehen. Das Düsseldorfer Unternehmen äußerte damals gegenüber der Rundschau, dass der Standort dafür nicht geeignet sei. Kurzum: Sie wollten dort keine sozial geförderten Wohnungen mit langfristig niedrigen Mieten bauen.
Ein Vorum als Gegenleistung?
Die CDU stimmte gegen die Forderung des öffentlichen Wohnungsbaus. Die Frage ist, ob dieses Votum als Gegenleistung im Sinne des Parteigesetztes verstanden werden kann. Die FDP stimmte übrigens ebenso dagegen. Allerdings ist bei der FDP im Rechenschaftsbericht, in dem alle Spenden in Höhe von 10 000 Euro oder mehr aufgelistet sind, im Jahr 2017 keine Spende der Gerchgroup zu finden, ebenso wenig wie bei den anderen Parteien der Ratsfraktionen.
Der damalige Schatzmeister der CDU Köln, der heutige Bürgermeister Ralph Elster, erklärt dazu: „Wir haben im Zuge des Bundestagswahlkampfes eine Spende in der genannten Höhe von der Gerchgroup erhalten. Das Verfahren wurde von allen zuständigen Gremien ordnungsgemäß durchgeführt. Auch die von uns beauftragten Wirtschaftsprüfer haben den Sachverhalt geprüft und für einwandfrei erklärt.“ Elster betont: „Selbstverständlich gab es keine Gegenleistungen und auch keine Erwartung einer solchen. Es ist uns nicht bekannt, auf welchen konkreten und belegbaren Sachverhalt der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäß behandelten Spende gestützt wird.“
Einige Zeit später bot die Gerchgroup der Verwaltung an, im Projekt Mülheimer Süden deutlich mehr sozial geförderten Wohnraum an anderer Stelle zu bauen, wenn sie am Dom darauf verzichten könnte. Der Stadtrat bügelte die Idee 2020 ab, auch die CDU stimmte gegen die Initiative des Investors.
Aus Parteikreisen der Kölner Union ist zu vernehmen, dass der Vorgang das nächste Kapitel des Lager-Streits zwischen Ex-Parteichef Bernd Petelkau, der auch 2017 Vorsitzender war, und der parteiinternen Bewegung „Zukunft Jetzt“ ist, die Karl Alexander Mandl repräsentiert. Doch egal, was den neuen Vorstand um Mandl zu dieser Selbstanzeige bewegt hat, die Folge des nächsten Image-Schadens ist nicht mehr abzuwenden.
Die wohl beste Lage der Stadt
200 Meter entfernt vom Kölner Dom soll das Laurenz Carŕe entstehen. Derzeit steht die Baustelle still, der Betrieb ruht. Die Gerchgroup hat Insolvenz angemeldet, besteht aber darauf, dass die Projektgesellschaften noch nicht insolvent seien. 2017 hatte der Düsseldorfer Projektentwickler das ehemalige WDR-Areal zwischen Roncalliplatz und Laurenzplatz dem französischen Konzern Klépierre abgekauft.
Was folgte, war die Debatte mit Politik und Verwaltung um den sozial geförderten Wohnraum. Der schien für den Investor nicht in das Gesamt-Ensemble zu passen. Hochwertige Büros sollten entstehen, ein Hotel und Wohnraum.
2021 sollte der Immobilienfinanzierer Corestate das Projekt per „Forward-Deal“ kaufen, doch nur anderthalb Jahre später stand der Käufer selbst vor der Insolvenz. Wie die Rundschau damals exklusiv berichtete, platzte der 360-Millionen-Euro-Deal, weil Corestate bereits die erste Teilrechnung von 130 Millionen Euro nicht beglich. Die Gerchgroup sah sich damals noch finanziell gut aufgestellt, doch dann kam der Angriffskrieg auf die Ukraine und mit ihm steigende Zinsen, parallel zu explodierenden Baumaterialpreisen. Beides führte dazu, dass der Investor in diesem Jahr überraschend ankündigte, den geplanten Wohnungsbau gar nicht mehr realisieren zu können. Wenig später folgte die Nachricht der Insolvenz. (rom)