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Suche nach den WurzelnSo sensibel unterstützt Bianca Behnke Adoptierte in Köln

5 min
Bianca Behnke zeigt viel Einfühlungsvermögen.

Bianca Behnke zeigt viel Einfühlungsvermögen.

Bianca Behnke hilft Adoptierten, die auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern sind.

„Es ist oft wirklich sehr berührend. Ich muss manchmal auch meine Tränen wegwischen“, sagt Bianca Behnke über ihre Arbeit. Es ist eine Aufgabe, in der sie aufgeht. „Weil sie so menschlich ist und weil so viele echte Begegnungen dadurch möglich werden.“ Die Diplom-Sozialpädagogin unterstützt beim Jugendamt der Stadt Köln Adoptivkinder, die ihre Eltern finden wollen und Eltern, die sich auf die Suche machen nach ihrem Kind, das zur Adoption gegeben wurde. Seit 2012 beantwortet Bianca Behnke ihre Fragen, recherchiert, begleitet und hilft, Kontakte herzustellen.

Rund 50 Adoptierte und etwa zehn Eltern oder Geschwister melden sich jährlich. „Bei den Eltern ist es meist der Wunsch, zu erfahren, was aus ihrem Kind geworden ist. Bei den Kindern ist die Suche nach der eigenen Identität das häufigste Motiv. Sie haben irgendwann erfahren, dass sie adoptiert wurden, und möchten mehr über ihre Herkunft wissen“, sagt Behnke. Nicht immer erzählen Adoptiveltern die kompletten Hintergründe einer Adoption. „Dabei ist es wichtig, keine Geheimnisse zu haben. Denn dass etwas nicht stimmt, spüren Kinder. Wir raten Adoptiveltern, offen mit der Situation umzugehen und die Kinder so früh wie möglich über ihre Adoption aufzuklären“, sagt Behnke.

Geheimnisse schaffen Probleme

In der Pubertät seien Adoptierte mit der Offenbarung oft überfordert, was zu einer Identitätskrise und zum totalen Bruch führen kann. „Manchmal erfahren Menschen auch erst, wenn sie heiraten wollen und ihre Originalgeburtsurkunde brauchen, dass sie adoptiert wurden“, sagt die Sozialpädagogin.

Eine Mutter hält ihr Kind an der Hand.

Die Bindung zwischen Mutter und Kind ist tief.

Grundsätzlich steht fast jeder, der sich an Bianca Behnke wendet, unter einem hohen emotionalen Druck. Schuldgefühle, Zerrissenheit, Verletzungen, offene Lebensfragen. Sie versucht, dabei zu helfen, dass sich Wunden schließen können. Das Ziel ihrer Arbeit nennt sie „Heilung“. Und die kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen.

Behutsames Vorgehen

In jedem Fall braucht die Vermittlerin Fingerspitzengefühl, Geduld, Behutsamkeit und Menschlichkeit. „Vor allem ist es wichtig, nicht zu werten“, sagt Bianca Behnke. Nicht selten stehen in den Akten, die sie hervorsucht, schlimme Dinge. Vernachlässigung, Herausnahme aus den Familien, Missbrauch. Die Mutter kann eine suchtkranke Straffällige oder eine gutsituierte Frau, bei der ein Kind nicht ins Lebenskonzept passte, gewesen sein.

Längst nicht immer kommt ein Kontakt zustande. „Für die Adoptierten ist es wichtig, erst mal wirklich die Information zu kriegen, was tatsächlich in der Akte steht“, weiß Behnke. In ihrem Büro teilt sie den Adoptierten mit, was über ihre Herkunft bekannt ist. Dann lässt sie ihnen Zeit. Meist wochenlang. Oft sogar viel länger. „Sie müssen sich sortieren, abwägen, ob sie wirklich Kontakt wollen oder ob die Geschichte doch zu belastend ist.“ Oft genüge es auch schon, zu wissen, was die Hintergründe der Adoption waren. Nicht selten ist die innere Verletzung und das Gefühl des Abgelehntwordenseins so groß, dass die Kinder keinen Kontakt zu den Eltern wünschen. Und auch nicht jeder Elternteil, den Behnke anschreibt, meldet sich zurück oder möchte Kontakt. „Jeder muss seinen eigenen Weg finden“, ist sie überzeugt.

Wahrhaftigkeit ist wichtig für „Heilung“

Auch wenn der Kontakt zu den leiblichen Eltern nicht gewünscht ist, gibt es häufig ein Interesse am Kontakt zu Geschwistern. So wie bei der jungen Frau, die bei ihr im Büro erfuhr, dass sie noch sieben Geschwister hat. Zu einem nach dem anderen nahm Bianca Behnke über einen Brief Kontakt auf. Schrittweise über eine lange Zeit nährte sich die Adoptierte ihren Wurzeln. Irgendwann war sie dann bereit, sich mit ihrer Mutter zu treffen.

„Sie hat der leiblichen Mutter aber mitgeteilt, dass ein Kontakt nur möglich ist, wenn sie nichts beschönigt und ihr vollends aufrichtig begegnet.“ Die leibliche Mutter beherzigte das. „So etwas finde ich total schön. Da kann ein Stück Heilung passieren. Egal wie schlimm es war, wenn man authentisch ist, kann man das händeln“, ist Behnke überzeugt.

Je nachdem, wie ein Fall gelagert ist, nimmt sie am ersten Treffen teil. „Dann findet es hier im Büro statt. Ich koche Kaffee, besorge Kuchen“, sagt Bianca Behnke. Außerdem gibt es noch zwei Dinge, die bei einem solchen Treffen niemals fehlen: Ganz viel Zeit. Und jede Menge Taschentücher.


Rechte und Pflichten

Grundsätzlich haben Adoptierte das Recht zu erfahren, welche Hintergründe über ihre Adoption und ihre Eltern bekannt sind. Dazu gehören Familienstand, Geschwister, Beruf und auch Krankheiten. Die Kontaktdaten werden nur nach Einwilligung der leiblichen Eltern weitergegeben.

16 Jahre ist das Mindestalter, um als adoptierte Person Auskünfte einzuholen. Die älteste adoptierte Person, die sich an Bianca Behnke wandte, war Ende 70. Häufig warten die Menschen aus Loyalität mit der Suche nach ihren Wurzeln, bis ihre Adoptiveltern verstorben sind. Die Adoptionsakten müssen ab Geburt des Kindes 100 Jahre aufbewahrt werden.

Bei den leiblichen Eltern ist das Recht auf Auskunft über ihr Kind erst seit der neuesten Rechtsprechung gegeben. Doch auch, wer sein Kind vor vielen Jahrzehnten zur Adoption freigegeben hat, darf nachfragen. „Allerdings sind sie dann auf das Wohlwollen ihrer Kinder angewiesen“, sagt Bianca Behnke. Nur wenn diese einer Weitergabe von Informationen zustimmen, haben die Eltern die Möglichkeit, etwas über den Lebensweg ihres leiblichen Kindes zu erfahren. Ihrer Erfahrung nach stimmen die meisten Kinder jedoch einem Kontakt zu.

Anfragen zur Adoption sind per E-Mail möglich: adoptionsvermittlung@stadt-koeln.de.