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Kölner Hospizverein unterstützt„Paul hat nur das eine Leben“ – Mutter schildert ihre Erfahrungen

Lesezeit 3 Minuten
Die Hände eines Kindes, welches im Rollstuhl sitzt, halten eine Hand eines Erwachsenen.

Begleitet werden die Familien ab der Diagnose: im Leben, im Sterben und über den Tod der Kinder hinaus.

Am 10. Februar ist der Tag der Kinderhospizarbeit. Eine Kölner Mutter erzählt, wie sie den Alltag mit einem Kind mit lebensverkürzender Erkrankung erlebt und berichtet von der Unterstützung, die sie durch den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst erfährt.

Im März wird Paul fünf Jahre alt. Er ist keiner, der sich schnell aufregt. Er lacht gerne, und die Kinder aus seiner Kita haben ihn längst ins Herz geschlossen. Doch Paul ist permanent auf die Hilfe anderer angewiesen. Er kann nicht alleine sitzen, nicht stehen und nicht gehen. „Vor etwas mehr als einem Jahr haben wir erfahren, welches Ausmaß seine Behinderung hat“, sagt Pauls Mutter. Eine seltene genetische Veränderung ist dafür verantwortlich, dass nicht nur sein Bewegungsapparat gestört ist, sondern sich auch Teile seines Gehirns zurückbilden. Seit der Diagnose der lebensverkürzenden Erkrankung wird die Kölner Familie vom ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst begleitet.

Auch Zeit fürs Geschwisterkind

„Wenn Mira da ist, ist hier alles etwas entspannter“, sagt Pauls Mutter. Mira ist Ehrenamtlerin beim ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst in Köln, hat gerade ihr Studium abgeschlossen und besucht die Familie jedes Wochenende für zwei Stunden. „Wir gucken zusammen, was gerade anliegt. Manchmal spielt sie mit unserer großen Tochter, beschäftigt sich mit Paul oder hilft mir, ihm Nahrung über seine Magensonde zu geben“, erzählt die 40-jährige Mutter. „Es tut gut, dass sich jemand nur Zeit für uns nimmt.“ Diese Zeit kann sie für sich selbst nutzen, sei es nur fürs in Ruhe Kochen. „Denn wenn Paul nicht in der Kita ist, haben wir keine Pause.“ Dass Mira auch für die siebenjährige Ida da ist und sich bewusst Zeit für sie nimmt, ist der Familie wichtig. „Im Alltag ist es schon eine Herausforderung, auch dem gesunden Kind immer gerecht zu werden.“

Begleitet werden die Familien oft über Jahre

Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst wird anders als in der Erwachsenenmedizin schon ab einer Diagnose aktiv und begleitet Familien oft über Jahre. Er vermittelt auch Kontakte zu anderen in ähnlichen Situationen. „Unsere Sozialkontakte sind weniger geworden. Im Freundes- und Bekanntenkreis gab es nur wenige, die das mit uns tragen konnten“, sagt Pauls Mutter. Seit einem Jahr tauscht sich die Familie mit anderen in einer WhatsApp-Gruppe aus, über Ärzte und praktische Tipps, aber auch über Schicksalsschläge. „Es haben uns seitdem vier Nachrichten erreicht, dass Kinder gestorben sind. Das ist besonders schlimm. Aber man weiß auch: Man ist nicht allein.“

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es nicht schwer wäre.
Mutter von Paul

Pauls Mutter möchte nicht zu viel in die Zukunft schauen. „Paul hat nur das eine Leben, wir haben nur das eine Leben. Wir versuchen jeden Tag das beste daraus zu machen“, sagt sie. „Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es nicht schwer wäre.“ Es helfe, sich nicht mit anderen zu vergleichen, zu gucken, was bei anderen möglich ist. Denn auch sie haben einiges bewegt im letzten Jahr: Dazu gehören die Besuche von Mira, aber auch der barrierefreie Umbau ihres Zuhauses und die Anschaffung eines behindertengerechten Lastenrads, in dem Pauls Rollstuhl transportiert werden kann. „Ich sehe das Ganze als einen Weg. Und wir haben schon ein gutes Stück geschafft.“


Ansprechpartner für Tod und Trauer

Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst Köln bietet kostenlose Unterstützung an: 140 ehrenamtliche Mitarbeiter begleiten aktuell 85 Kölner Familien im Alltag. Sie helfen beim Knüpfen von Kontakten, begleiten Freizeitaktivitäten und sind Ansprechpartner für Themen wie Tod und Abschied.

Anfang 2023 wurde der Kreis der Berechtigten erweitert. Die gesetzlichen Krankenkassen ermöglichen nun mehr Familien mit schwer erkrankten Kindern eine hospizliche Begleitung. Jegliche lebensverkürzende Erkrankung eines Kindes wird nun berücksichtigt.

Bei den Maltesern können sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene auch digital und anonym über Trauer informieren oder per E-Mail individuell beraten lassen. www.via-trauerbegleitung.de

Der 10. Februar ist der bundesweite Tag der Kinderhospizarbeit. Unter dem Motto „Wir stehen zusammen“ sind verschiedene digitale Aktionen geplant. www.deutscher-kinderhospizverein.de