Man kennt Richard Bargel als erfolgreichen Bluesmusiker oder Theatermenschen. Jetzt bringt der Kölner ein Fotobuch über die Pandemie heraus.
StraßenfotografieRichard Bargel hält 1111 Augenblicke der Pandemie in Köln in Fotobuch fest

Bargel Richard ist Sänger und Slidegitarrist, Komponist, Autor, Schauspieler, Sprecher und Fotograf.
Copyright: Thomas Banneyer
Ein Rentner überquert mutterseelenallein den Clodwigplatz. Die Severinstraße fast menschenleer, die Geschäfte geschlossen. Mit Toilettenpapier und Maske kehrt ein Kölner in seine Wohnung zurück. All das sind Szenen, die Richard Bargel (72) während der Corona-Pandemie eingefangen hat. Fast täglich war er von Anfang 2020 bis Frühjahr 2022 in der Südstadt unterwegs. Notgedrungen.

Rentner auf dem Clodwigplatz.
Copyright: Richard Bargel
„Denn Kulturveranstaltungen gab es ja kaum. Ich war, wie so viele, auf mich selbst zurückgeworfen“, sagt Bargel, der sich als Musiker, Schauspieler und Autor einen Namen gemacht hat. „Erst im Lockdown habe ich angefangen mit der Fotografie“, sagt er. Mit dem Handy hielt er fest, wie die Kölnerinnen und Kölner in der Südstadt auf die Ausnahmesituation reagierten. Er sammelte Augenblicke, blickte in Augen, die angesichts der durch Masken verhüllten Mundpartien auf einmal so viel bedeutsamer geworden waren.
Isolation aber auch Optimismus
Bargels Schwarz-Weiß-Bilder erzählen vom anfänglichen Schock und der Angst vor dem unbekannten Virus, von Lockdowns und geschlossenen Geschäften. Aber nicht nur Isolation, Angst und Lähmung dokumentiert das Buch, sondern auch Humor, Optimismus, Menschlichkeit und Überlebenswillen. Zu sehen sind einsam umherlaufende Menschen, aber auch Kneipenfreunde, die sich auf Abstand draußen ihr Kölsch gönnen. Oder Karnevalisten, die ob der ausgefallenen Session eine eigenwillige kleine Parade auf E-Scootern durch die Stadt starten.
Mit vielen Bildern der großen Friendsdemonstration gegen den Krieg in der Ukraine endet die Dokumentation, die kölsches Lebensgefühl, Herz und Eigenart auf bestechende Weise festhält. Leise, mit einem liebevollen Blick für Details und Wesentliches.

Die Severinstraße beim Lockdown.
Copyright: Richard Bargel
Positive Rückmeldung in Sozialen Medien
Ursprünglich postete Bargel die Kölner Szenen und Eindrücke kontinuierlich auf Facebook. „Bei den Rückmeldungen ist mir aufgefallen, dass die Fotos die Leute ansprechen“, erzählt er. Immer wieder hörte er den Vorschlag: „Mach doch ein Buch.“
Genau das hat Bargel nun getan. Und zwar in gewaltigem Umfang. Auf 332 Seiten, mit qualitativ hochwertiger Fadenheftung kommt sein Hardcover-Fotobuch daher. „Ein dickes Buch“, staunt er selbst, „Es zeigt ein Stück Stadtgeschichte.“ Aus über 4000 Fotos hat Bargel ausgewählt und seine Bildershow zusammengestellt.

Corona-Performance auf der Severinstraße.
Copyright: Richard Bargel
Immer wieder gibt es Fotoabfolgen, die wie ein kleiner Film wirken. Freunde und Weggefährten, „Südstadt-Gewächse“ wie er selbst sind porträtiert. Wer sich durch die Seiten blättert, trifft auf bekannte ebenso wie unbekannte Gesichter. Gerd Köster, Marion Radkte, Klaus der Geiger, Lale Akgün oder Wilfried Schmickler sind ebenso vertreten wie Yusuf aus der Küche von Bargels Stammlokal Filos.
Ergänzt wird die Dokumentation durch Texte, die Bekannte von Bargel beigesteuert haben. Es schreiben: Hülya und Martin Wolf von der Torburg, Rolly Brings, Wilfried Schmickler, Gerd Köster, Peter Pauls, Hans Mörtter, Cornel Wachter, Bömmel Lückerath, Rich Schwab und Lale Akgün.

Passant mit Toilettenpapier.
Copyright: Richard Bargel
Gerade die persönlichen Bekenntnisse ergänzen den Bilderbogen wunderbar. Politikerin Akgün beispielsweise schreibt über ihre Versuche, zu kochen und zu backen - und schließt: „Danke Lockdown, für diesen Einblick in mein Innerstes.“ Die Wolfs bekennen über den ersten Lockdown: „Die ersten zwei Wochen waren eine Zeit der Erholung und Besinnung. Trotz der Existenzängste, die viele Menschen in dieser Zeit hatten, erlebten wir diese Phase als sehr kreativ und intensiv.“ Bömmel Lückerath freut sich sehr authentisch darüber, dass sie Leute auf ihren Balkonen gemeinsam während der Lockdowns zum Mutmachen „En unserem Veedel “ sangen.
Pfarrer Mörtter erinnert an einen „Kollateralgewinn“, den die Pandemie brachte. „Kollateralgewinn nenne ich die Freundschaften, die neu entstanden sind mit Menschen, die anriefen und mailten, um zu helfen“, schreibt er und schließt: „Ich hoffe, wir haben aus dieser Zeit gelernt - Zukunft geht nur zusammen! Ist dran!“

Buchcover 1111 Augenblicke.
Copyright: Richard Bargel
Die Buchpräsentation „1111 Augenblicke. Pandämonische Szenenbilder aus Köln“ findet am Freitag, 24. November, von 16 bis 18 Uhr, im Foyer des Comedia Theaters, Vondelstraße 4-8, statt.
Eine Ausstellung mit Fotografien aus dem Buch findet in der Comedia Wagenhalle statt. Sie startet ebenfalls am 24. November und läuft bis zum 30. Dezember dieses Jahres.
Die Öffnungszeiten der Fotoausstellung sind Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 24 Uhr.
Verkauft wird das Buch zu einem Preis von 39 Euro. Den Druck finanziert Richard Bargel größtenteils über Crowdfunding.