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Streit um StraßenreinigungDarum sind Kölns Kleingärtner auf dem Baum

Lesezeit 4 Minuten
Kleingärten am Pfälzischen Ring in Köln.

Einigen Kölner Kleingartenvereinen, wie hier am Pfälzischen Ring, drohen stark steigende Kosten.

Die Stadt Köln plant, Kleingärtner für die Straßenreinigung bezahlen zu lassen, was zu deutlichen Kostensteigerungen führen könnte. Es hagelt Protest.

Kölns Kleingärtner sind auf dem Baum. Denn die Stadt will ihnen ans Geld. Sie sollen für ihre Anlagen künftig Straßenreinigungsgebühren bezahlen. Dagegen wehren sich die Laubenpieper. Ihre Dachorganisation, der Kreisverband der Kölner Gartenfreunde e. V. (KGV), hat einen offenen Brief an die Politiker im Liegenschaftsausschuss und im Umweltausschuss geschrieben.

Darin betont der KGV, in Köln sei es seit 30 Jahren gute Tradition, dass die Stadt darauf verzichtet, die Kosten für die Straßenreinigung von den Kleingärtnern zurückzufordern. Dass solle auch weiterhin so bleiben, denn Kleingärten würden insbesondere Familien aus einfachen sozialen Verhältnissen ein „kleines Stück Freiheit im Grünen“ bieten, das „sich auch Menschen mit geringem Einkommen noch leisten können“. Kleingärten trügen erheblich dazu bei, „dass Köln eine lebenswerte Stadt ist“. Auch mit Blick auf ihre positive Wirkung auf das Klima und die Artenvielfalt in der Stadt.

Straßenreinigung für Kleingärtner: Um welche Kosten geht es?

Laut KGV-Geschäftsführer Michael Franssen geht es um rund 164.000 Euro pro Jahr, die Stadt Köln bestätigte die Zahl auf Nachfrage.

Bei etwa 13.000 Kleingärtnern in Köln erscheint das wenig – pro Kopf gerade mal 12,62 Euro jährlich. Doch so einfach sei es nicht, meint Franssen. Denn nach Bundeskleingartengesetz könne der Verpächter, also die Stadt Köln, zwar verlangen, dass der KGV als Pächter die öffentlich-rechtlichen Lasten des Grundstücks trage. Doch der Kreisverband könne die Kosten der Straßenreinigung nur an jene Kleingartenvereine weitergeben, bei denen sie tatsächlich entstehen. Besonders betroffen seien Vereine, die an größeren Straßen liegen, die häufig gereinigt werden. „Hier drohen in Einzelfällen enorme Steigerungen, die zu einer Verdoppelung der Kosten für die Pächter führen würden“, so Franssen.

Als konkretes Beispiel nennt er den Kleingartenverein Buchforst am Pfälzischen Ring. Hier würden jährlich rund 20.000 Euro Straßenreinigungsgebühren anfallen. Würde man sie auf die dortigen Kleingärtner umlegen, käme das einer Verdoppelung der Pacht gleich, so Franssen. Im Brief an die Ratspolitiker heißt es dazu: „Wie Sie sicher wissen, wohnen in diesem Bereich von Köln zwischen Deutz und Mülheim überwiegend Menschen aus der unteren Einkommensgruppe, für die eine derartige Erhöhung nicht zu leisten ist.“ Daher rufe man die politischen Vertreter auf, „sich einer weiteren Verteuerung der Kleingärten in Köln entgegenzustellen. Kleingärten sollen auch in Zukunft vor allem für Menschen aus einfacheren sozialen Verhältnissen erschwinglich bleiben. Da schon ohnehin die Mieten für Wohnraum in den letzten Jahren enorm angestiegen sind, sollten wir gemeinsam versuchen, die Kosten für die Kleingärten nicht überproportional in die Höhe zu treiben.“

In der Politik sorgte der Hilferuf der Kleingärtner für gemischte Reaktionen. „Ich halte das, gelinde gesagt, für eine Schnapsidee. Das ist ein völlig falsches Signal in der heutigen Zeit“, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD, Rafael Struwe. Kleingärten hätten viele positive Wirkungen für die Stadt und würden häufig von Menschen mit geringem Einkommen genutzt, die ohnehin unter steigenden Kosten leiden würden. Diese Menschen solle die Verwaltung jetzt nicht noch zusätzlich belasten. Den städtischen Haushalt (knapp sechs Milliarden Euro pro Jahr, Anmerkung d. Red.) werde das gewiss nicht sanieren.

„Eine faire und zumutbare Lösung“

Dagegen sagte der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Robert Schallehn, die schwierige Haushaltslage erfordere es, dass die Verwaltung nach Einsparmöglichkeiten suche. Nach Auskunft des Liegenschaftsamts sei es durchaus möglich, die Straßenreinigungsgebühren gleichmäßig auf alle 13.000 Kleingärtner zu verteilen. Das sei zu prüfen, denn es gelte, soziale Härten zu vermeiden. „Wenn die Kosten auf alle Pächter umgelegt werden können, wäre es eine faire und zumutbare Lösung“, so Schallehn. Sollte dies nicht möglich sein, wären auch andere Wege denkbar – etwa auf die Gebühren zu verzichten, aber die Pacht zu erhöhen, um alle an den Kosten zu beteiligen.

Jedoch liegt die Pacht für Kleingärten in Köln laut KGV-Chef Michael Franssen bereits an der Obergrenze dessen, was das Bundeskleingartengesetz zulasse. Ihre Höhe dürfe maximal das Vierfache der Pachtpreise im gewerblichen Obst- und Gemüseanbau betragen.

Momentan zahlen Kleingärtner, die in Köln eine städtische Parzelle bewirtschaften, jährlich 45 Cent Pacht pro Quadratmeter Nutzfläche. Hinzu kommen 11 Cent für Instandhaltung und 7 Cent für Verwaltung. Bei einer typischen Gartengröße von 300 Quadratmetern sind das 189 Euro pro Jahr. Weitere Kosten fallen für Vereinsbeiträge, Versicherung, Wasser etc. an. Die Gesamtkosten eines durchschnittlichen Kleingartens belaufen sich laut Franssen auf rund 350 Euro im Jahr. Sollte die Stadt dabei bleiben, die Straßenreinigungsgebühren künftig von den Kleingärtnern zu erheben, wolle der KGV-Vorstand einen Beschluss der 115 Kleingartenvereine in Köln erwirken, die Kosten solidarisch auf alle 13.000 Kleingärten umzulegen. Das würde einer Erhöhung der Pacht für alle Pächter um rund 10 Prozent entsprechen.

Ein konkretes Votum der Politik ist für den 1. Oktober geplant. Dann soll der Stadtrat den neuen Generalpachtvertrag zwischen der Stadt Köln und dem Verein Kölner Gartenfreunde absegnen.