Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Vandalismus in KirchenReliquienkreuz aus St. Andreas in Köln gestohlen

Lesezeit 5 Minuten
Auch die Goldene Kammer in St. Ursula wird durch den „Kirchenempfang“ um Pfarrer Dominik Meiering wieder mehr zugänglich.

Auch die Goldene Kammer in St. Ursula wird durch den „Kirchenempfang“ um Pfarrer Dominik Meiering wieder mehr zugänglich.

Die Kölner Innenstadtpfarrer kämpfen gegen Vandalismus und Diebstahl in Kirchen. Sicherheitsmaßnahmen für sakrale Gegenstände sind jetzt unausweichlich.

Er habe viel Resonanz auf das Interview erfahren, das er der Rundschau Mitte April gegeben hatte, berichtet der Kölner Innenstadtpfarrer Dominik Meiering. Ob aus Kirchenkreisen, der Gesellschaft oder aus dem Rathaus, die Menschen zeigten sich entsetzt über seinen Bericht, dass die Kirchen in der Innenstadt von einem stetigen Vandalismus betroffen sind. Urin, Exkremente, Drogenkonsum, Graffiti, Aufkleber – dem allen sind Kirchengemäuer und -innenräume ausgesetzt.

Und nun eine neue Eskalationsstufe. Offensichtlich gingen Diebe in den Kirchen der Innenstadt am vergangenen Samstag auf Beutezug: Aus St. Aposteln wurde ein goldenes Kreuz gestohlen. In St. Andreas wurden Türen in der Sakristei mit einer Axt aufgebrochen und ein Reliquienkreuz mit Kreuzpartikeln erbeutet.

Dieses Reliquienkreuz wurde aus St. Andreas gestohlen. Die Täter drangen mit einer Axt vor.

Müssen sakrale Gegenstände weggeschlossen werden?

„Es kommt wohl so weit, dass wir sakrale Gegenstände nicht mehr in den Kirchen stehen lassen können“, sagt Meiering in einer ersten Reaktion. Doch das wäre wohl der letzte aller denkbaren Schritte. Denn es ist ein Herzensanliegen von Meiering, dass die Kirchen in der Innenstadt so weit wie möglich zugänglich sind – und mit ihnen die sakralen Gegenstände, die oftmals eng zu ihrer Geschichte gehören. Doch uneingeschränkt kann das nicht mehr geschehen: „Die wirklich kostbaren Dinge müssen wir sichern und nur gegen Aufsicht sichtbar machen“, zieht der Innenstadtpfarrer traurige Bilanz. Denn der Raubzug vom vergangenen Samstag ist kein Einzelfall, sondern Höhepunkt einer traurigen Entwicklung. Bereits im Interview mit der Rundschau hatte Meiering darüber berichtet, dass in St. Agnes ein Kreuz vom Hochaltar gestohlen wurde. In anderen Kirchen kamen Kerzenständer weg.

Das Kreuz aus St. Andreas muss zu den etwas kostbareren Dingen gerechnet werden. Es ist aus Silber, teilweise vergoldet, mit Halbedelsteinen besetzt und geht auf das Jahr 1929 zurück. Das Reliquiar war in einem Wandschrank der Sakristei von St. Alban gelagert. Die Einbrecher hatten es wohl nicht gezielt auf das Kreuz abgesehen. Die Türen in der Sakristei wurden mit einer Axt aufgebrochen, alle Schränke durchwühlt. An einer Stahltür scheiterten die Einbrecher.

Im Bistum Münster wird wegen vermehrter Diebstähle darüber nachgedacht, alle sakralen Gegenstände katalogisieren zu lassen. Köln ist da schon weiter. „Wir haben vor Jahren ein Inventarverzeichnis angelegt“, berichtet Meiering.

Die freundlichen Gesichter der romanischen Kirchen

Es kann natürlich nicht ihre Aufgabe sein, aber es kann wohl sehr wohl als ein Aspekt ihres Ehrenamtes gesehen werden: In Kirchen, in denen Besucher von einem „Kirchenempfang“ begrüßt werden, wagen sich Diebe lieber nicht rein. „Kirchenempfang“, so nennt Meiering seine rund 200 Ehrenamtler, die in Kirchen Besucher begrüßen. Ein freundliches „Hallo“, Antworten auf interessierte Frage oder einfach den Raum und die Ruhe geben für ein Gebet. Das ist die Aufgabe der Frauen und Männer, die ganz im Sinne des Innenstadtpfarrers dafür sorgen, dass die Pforten der Kirchen in der Kölner Innstadt möglichst nicht verschlossen sind. Mit Konzentration auf den wohl größten   „Kirchenschatz“ Kölns, neben dem Dom: die   zwölf Romanischen Kirchen in der Innenstadt – in Fülle und Dichte nördlich der Alpen einmalig. Im Krieg wurden die meisten davon massiv zerstört. „Wir haben sie wieder aufgebaut, nun müssen wir sie auch wieder zugänglich machen“, lautet Meierings „Credo“. Für elf romanische Kirchen kann er das mit seinem 200-köpfigen Team zurzeit leisten. Doch für eine ideale Aufteilung der Dienste bräuchte es eigentlich rund 300 Ehrenamtler. Das Team des Kirchenempfangs ist also auf der Suche nach neuen Mitstreitern.

Eins ist Meiering im Zusammenhang mit den Diebstählen vom vergangenen Wochenende wichtig. Die Frauen und Männer vom Kirchenempfang sind kein Security-Dienst. Eine Aufgabe, die sich den Ehrenamtlern tatsächlich auch gar nicht stellt. Keiner aus dem Team kann berichten, jemals in eine brenzlige Situation gekommen zu sein. Im Gegenteil: „Was mich begeistert, ist die Internationalität der Besucher“, berichtet Hans-Otto Brinkkötter. St. Aposteln ist „seine “ Kirche. „Es ist dort ein Kommen und Gehen.“ Und er müsste lange überlegen, welche Nationalität ihm bei den Besuchern noch fehlt. „Besondere Freude bereitet es mir, wenn Jugendliche dabei sind“, sagt Brinkkötter. Gerade ihnen zeigt er dann die Spuren des Krieges in der wiedererrichteten Kirche am Rande des Neumarktes.

„Das ist keine verlorene Zeit“ pflichtet Leonore Kalmes ihrem Kollegen bei. Sie wartet in St. Gereon auf Besucher. Mit rund 25 Jahren in diesem Ehrenamt zählt sie zweifelsfrei zu den Dienstältesten. Ein Dienst, der die 89-jährige pensionierte Lehrerin offensichtlich jung hält. Was ihr dabei besonders gefällt: „Wer den Weg nach St. Gereon sucht, der ist an dieser Kirche auch wirklich interessiert.“ Und der findet in der kunstgeschichtlich interessierten Leonore Kalmes   eine adäquate Ansprechpartnerin. „Der Dialog mit den Besuchern bringt mir sehr viel“, zieht sie Resümee.

Wer sich fragt, ob dieser Dienst, Kölns einmalige kirchenhistorische Schätze zugänglich zu halten, auch für ihn etwas sein könnte, der hat bei eine Reihe von Terminen die Gelegenheit, hineinzuschnuppern.

Führungen für Kirchenempfänger und Interessierte: Freitag, 16. Mai, 15 Uhr, St. Aposteln; Samstag 17. Mai, 16 Uhr, St. Gereon; Sonntag 18. Mai, 12.30 Uhr, St, Maria im Kapitol; Montag 19. Mai, 16 Uhr, St. Maria in Lyskirchen.

Infoveranstaltung zur Arbeit im Kirchenempfang: Pfarrsaal St. Maria im Kapitol Freitag 16. Mai, 18 Uhr und Samstag 17. Mai, 14 Uhr, Dauer rund 90 Minuten.