Bald starten wieder die Info-Abende für die weiterführenden Schulen. Realschulen haben dabei nur wenige Eltern auf dem Schirm.
Schattendasein?Was für eine Realschule spricht - Ortsbesuch in Köln

Überzeugt: Schulleiter Andreas Koch steht hinter dem Angebot Realschule.
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„Ich fühle mich hier wohl“, sagt Zehra. Die 15-Jährige besucht seit fünf Jahren die Johannes-Gutenberg-Realschule in Godorf. Im kommenden Sommer macht sie die Mittlere Reife. Danach möchte sie auf ein Gymnasium wechseln, Abitur machen und anschließend studieren. Auch ihre gleichaltrigen Mitschüler Lina, Mariano und Berdan sind zufrieden mit ihrer Schule. Lina könnte sich vorstellen, bei der Polizei zu arbeiten, Mariano möchte eine Ausbildung machen in einem Beruf, in dem er „viel erleben“ kann - und Berdan ist sich schon felsenfest sicher bei seiner Zukunft. „Ich will Friseur werden. Das ist meine Berufung“, sagt er fröhlich.
„Das Schöne nach einem Realschulabschluss ist, dass man viele Optionen hat“, sagt Schulleiter Andreas Koch. Doch obwohl das so ist, stellt er immer wieder fest, dass Realschul-Laufbahnen nicht stark im Bewusstsein der Eltern von Grundschülern verankert sind. An seiner Schule blieben zum vergangenen Schuljahr gut die Hälfte der 108 Plätze unbesetzt.

Sie finden ihre Realschule gut: Mariano, Lina, Berdan und Zehra (v.l.).
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Rund 350 Plätze an Realschulen blieben in diesem Jahr unbesetzt
Ein Trend, der an vielen der 18 städtischen Realschulen zu beobachten ist. Auch wenn es einige Schulen gibt, an denen Kinder, die in die fünfte Klasse wollten, abgelehnt wurden, blieben summa summarum über 350 Plätze an Realschulen im Kölner Stadtgebiet frei. „Eltern entscheiden aufgrund ihrer eigenen Schullaufbahn“, glaubt der Schulleiter, der selbst zunächst erst einmal einen Realschulabschluss machte.
Nicht nur deshalb steht er hinter seiner Schulform. Seine Argumente sind vielfältig. „Ich halte die Größe der Schulform für sehr sinnvoll“, sagt er einerseits. An der Johann-Gutenberg-Realschule gibt es rund 370 Schülerinnen und Schüler. Das ist übersichtlich und wird auch von den Jugendlichen durchaus wertgeschätzt. „Ich fühle mich hier wohler als auf dem Gymnasium“, sagen beispielsweise Lina und Marino, die erst später auf die Schule gewechselt sind, übereinstimmend. Das Schulklima und der Zusammenhalt untereinander seien gut und deutlich besser als an den Gymnasien, von denen sie abgegangen sind.
Intensive Beratung der Schülerinnen und Schüler
Ein weiteres Argument, das Schulleiter Koch für die Realschule anführt, ist die intensive Beratung der Schülerinnen und Schüler - in den Klassen 8,9 und 10. „Wir beraten die Kinder auf Neigung und Befähigung“, sagt er. Entscheidend sei, dass jedes Kind einen Platz in der Gesellschaft finde.
Und: „Es gibt immer Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Die Durchlässigkeit im dreigliedrigen Schulsystem ist absolut gegeben“, bekräftigt der Schulleiter. Rund 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die an seiner Realschule die 10. Klasse erfolgreich abschließen, haben die Qualifikation für das Gymnasium in der Tasche. Etwa 40 Prozent von ihnen, wechseln dann auch in die Oberstufe.
Rückkehr zu „G9“ von Vorteil für Realschüler
Während an Gymnasien G8, also ein Abitur nach der Jahrgangsstufe 12, galt, war ein Abitur für Realschulabsolventinnen und -absolventen in der Regel nur auf einer Gesamtschule möglich. Mit dem Abitur nach 13 Schuljahren am Gymnasium (G9) zum Schuljahr 2026/27 ist nach der Mittleren Reife auch wieder der Übergang auf ein Gymnasium möglich. „Die Möglichkeiten werden also durch die Rückkehr zu G9 wieder mehr“, sagt Andreas Koch. Aber ohnehin gäbe es eine Vielzahl an Möglichkeiten: Auch auf den Berufskollegs können Vollabitur oder Fachabitur absolviert werden. Mit dem Fachabitur kann man dann an einer Fachhochschule studieren. „Für Jugendliche, bei denen ihre Neigungen in eine bestimmte Richtung schon deutlich ist, kann ein Berufskolleg eine gute Möglichkeit sein“, sagt Koch.
Als Faustregel für einen erfolgreichen Übergang in die gymnasiale Oberstufe sieht er einen Notendurchschnitt von 2 bis 2,3. „Dabei richte ich mich nach den Rückmeldungen, die wir aus den Oberstufen bekommen“, sagt der Schulleiter, „Wer wechselt, gehörte bei uns an der Schule zum oberen Drittel.“ Grundsätzlich ist es möglich, mit einem Notendurchschnitt von 3 die Qualifikation für ein Gymnasium zu erhalten. Darüber, ob sie den Übergang auch für sinnvoll halten, beraten die Lehrkräfte an der Schule ausführlich.
Informationsabende an den weiterführenden Schulen finden in der Regel etwa ab Mitte November statt und werden auf der Homepage der Schulen mitgeteilt. Mit dem Halbjahreszeugnis der Klasse 4 erhalten die Eltern eine Empfehlung für den weiteren Bildungsweg ihres Kindes. Diese begründete Empfehlung soll ihnen helfen, die richtige Schulform für das Kind zu wählen und eine geeignete Schule zu finden. Bindend ist die Empfehlung nicht.
Der Schulpsychologische Dienst der Stadt Köln steht für Fragen von Eltern und Erziehungsberechtigten zum Übergang auf die weiterführende Schule unter den Telefonnummern 0221/221-29001 oder -29002 zur Verfügung.
Die Anmeldezweiträume für die weiterführenden Schulen sind Anfang des kommenden Jahres. Genau stehen sie noch nicht fest.
