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Kommunalwahl-SerieKölns Problem: Wohnungsnot - „Es ist wirklich frustrierend“

5 min
Sandra Byna und Lukas Koschmieder mit Tochter Leni.

Wünschen sich mehr Platz: Sandra Byna und Lukas Koschmieder mit Tochter Leni.

Wohnraum ist in Köln Mangelware, insbesondere wenn er bezahlbar sein soll. Sandra Byna, Mutter einer anderthalbjährigen Tochter, berichtet von ihrer jahrelangen, erfolglosen Suche nach etwas mehr Wohnraum für ihre Familie.

Im Wohnzimmer liegt eine bunte Puzzlematte auf dem Boden. Darauf spielt Leni mit ihren Duplo-Steinen und dem Motorik-Würfel. Um die Anderthalbjährige herum ist wenig Platz. Auf der einen Seite die Schlafcouch, auf der anderen sofort der Esstisch. Mama Sandra Byna (37) kocht gerade Kaffee in der kleinen Kochnische direkt daneben. Papa Lukas Koschmieder (36) wird gleich von der Arbeit nach Hause kommen.

Auf 49 Quadratmetern lebt die kleine Familie in einer Wohnung im dritten Stock unweit des Klingelpützparks in der nördlichen Altstadt. Neben dem Wohnzimmer haben sie für die 740 Euro Warmmiete noch ein Schlafzimmer, in dem sie aktuell zu dritt schlafen. Kleine Kochnische, kleines innenliegendes Bad, kleiner Balkon, kleiner Kellerraum. „Ich bin hier Anfang 2019 als Single eingezogen“, erzählt Sandra Byna. Dann lernte sie ihren Lebensgefährten kennen, er zog zu ihr. „Als wir im Juni 2023 erfahren haben, dass ich schwanger bin, haben wir direkt angefangen, eine größere Wohnung zu suchen“, erinnert sich die 37-Jährige. Bis heute ohne Erfolg.

Die Nachfrage ist riesig

Die Wohnungsnot in Köln steigt von Jahr zu Jahr. Beim bezahlbaren Wohnraum sieht es noch schlechter aus. Die Nachfrage ist riesig, das Angebaut reicht bei weitem nicht. Und auch in Sachen Wohnungsbau kann die Stadt den Trend nicht stoppen. So wurden in Köln 2024 so wenig Wohnungen fertiggestellt wie zuletzt 1990, gerade einmal 1819 Einheiten (die Rundschau berichtete). Zudem stieg der sogenannte Bauüberhang, also die Zahl genehmigter, aber noch nicht fertig errichteter Wohnungen. Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein verwies in diesem März auf eine andere Studie beauftragt vom NRW-Landesverband des Bundesverbands freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), wonach Köln 90.000 Wohnungen bis 2040 brauche. Im vergangenen Herbst bestimmte das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie den Wohnungsbedarf und teilte mit: „Unter den sieben größten deutschen Städten ist die Differenz zwischen dem Bedarf an Wohnraum und den fertiggestellten Wohnungen in Köln bundesweit am größten, die Stadt konnte den Bedarf in den vergangenen drei Jahren gerade einmal zu 37 Prozent decken.“

Wie Sandra Byna und ihrer Familie geht es also vielen. Dennoch war sie zu Beginn ihrer Wohnungssuche ganz optimistisch: „Ich dachte, wir stehen gut da.“ Insbesondere wegen ihrer finanziellen Lage. Immerhin haben beide Führungspositionen im Gebäudemanagement. Sie richtete sich einen Premium-Account bei Immobilienscout ein und checkte bei jeder Push-Nachricht nur kurz die Eckdaten, bevor sie antwortete. „Es geht um Schnelligkeit“, dachte Byna. Doch es klappte nicht. 

Mehr als 200 Anfragen rausgeschickt

So stellten sie kurz vor Lenis Geburt im Januar 2024 die Suche erst einmal ein. Aber nach wenigen Monaten als Eltern war ihnen klar, mittelfristig brauchen sie mehr Platz. Und so startete Byna ab Frühjahr vergangenen Jahres wieder mit der Immobiliensuche - zeitintensiv, mit viel Aufwand. Mehr als 200 Anfragen hat sie inzwischen rausgeschickt. Manchmal kamen Absagen, ab und zu Besichtigungseinladungen, häufig gar keine Antwort. Byna schaltete eine Zei­tungs­an­non­ce, schaute bei Wohnungstausch-Plattformen, schrieb Hausverwaltungen an und kümmerte sich alle drei Monate um eine aktuelle Schufa-Auskunft. Sie wurde Mitglied in diversen WhatsApp-Gruppen zum Thema Immobilien und setzte auf Mund-zu-Mund-Propaganda bei Freunden, Bekannten und in der Nachbarschaft.

Und natürlich sahen sie sich auch einige Wohnungen im Laufe der Zeit an, aber die Konkurrenz sei einfach riesig. „Neulich waren wir mit so vielen Menschen bei einer Besichtigung in Nippes, dass wir in der Wohnung kaum Platz zum Stehen hatten“, erzählt Byna. Sie hätten den Vermieter nicht einmal ausfindig machen können, so voll sei es gewesen. Aber es gab auch immer mal Momente der Hoffnung. Über eine Bekannte hatten sie zuletzt von einer Wohnung erfahren, die sehr gut gepasst hätte. „Gedanklich war ich schon umgezogen“, sagt Byna. Aber schlussendlich entschied sich der Vermieter für ein kinderloses Paar mit doppeltem Einkommen. 

Familien benachteiligt

„Ich habe das Gefühl, dass wir weniger attraktiv sind, weil ich zurzeit noch in Elternzeit bin“, erzählt die 37-Jährige. Zwar boten sie auch immer an, ihre gemeinsamen Ersparnisse offenzulegen, aber bislang brachte das nicht den erwünschten Erfolg. Byna hofft auf Besserung, wenn sie ab November wieder arbeiten geht. Denn ab Ende August geht Leni in die Kindertagesstätte nahe ihrer aktuellen Wohnung, ebenfalls nach schwieriger Suche ein Sechser im Lotto in Köln. „Aber das bindet uns natürlich auch wieder räumlich“, ist sich Byna bewusst.

Aktuell suchen sie mindestens zwischen Nippes und Sülz. Drei Zimmer, 80 Quadratmeter wären schön. „Wenn wir umziehen, wollen wir ja auch eine Weile bleiben“, sagt Byna. Vom Fenster im Bad oder Platz in der Küche haben sie sich gedanklich schon verabschiedet. Der Umkreis und das Budget wurden immer größer. „Wir haben uns nach und nach realistisch eingependelt“, sagt Byna. Von anfänglich 1400 Euro warm sind sie inzwischen bei 1700 Euro warm. Auch etwas mehr wäre noch möglich. „Aber wir wollen ja auch noch Urlaub machen können“, gibt sie zu. 

Würden gerne in der Innenstadt bleiben

„Sucht doch außerhalb der Stadt!“, raten ihnen viele. Für die Zukunft schließt Byna das inzwischen auch nicht mehr aus, aber noch will sie die Hoffnung nicht aufgeben. „Wir fühlen uns hier sehr wohl, wir würden einfach gerne in der Kölner Innenstadt bleiben“, sagt Byna. Sie kennt Familien, die mit noch mehr Kindern auf noch weniger Platz leben und möchte nicht jammern. „Ich brauche keine riesige Wohnung“, sagt Byna. Aber mal wieder das Schlafzimmer zu zweit oder das Wohnzimmer frei von Spielzeug zu haben, wäre schon schön. Über eine Spielküche oder einen Kaufmannsladen würde sich Leni sicher freuen, aber wohin damit? Später wird das Töchterchen mal Freunde zum Spielen zu Besuch haben, an Kindergeburtstage gar nicht zu denken. Und die Oma in Rente würde auch länger zu Besuch bleiben, wenn es nicht so beengt wäre. Außerdem: „Leni soll kein Einzelkind bleiben“, sagt Byna mit Blick in die Zukunft.

„Aber langsam sinkt unsere Hoffnung“, gibt sie zu. „Es ist wirklich frustrierend. Egal, was man macht, es reicht einfach nicht.“ Von der Politik würde sie sich wünschen, dass Familien stärker in den Blick genommen würden. Und was kann sie selbst noch tun? Byna überlegt: „Ich werde vielleicht noch Aushänge im Veedel machen. Das ist das einzige, das ich noch nicht versucht habe - und ich habe ja nichts zu verlieren.“