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250. GeburtstagJane Austen fand Bath langweilig – und wird dort gefeiert

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Sonnenaufgang in Bath im Südwesten von England.

Sonnenaufgang in Bath im Südwesten von England.

Bath zelebriert Jane Austens Erbe mit einem Festival, während eine Ausstellung ihre Abneigung gegenüber der Stadt beleuchtet.

Es ist ein sonniger Sonntagnachmittag in Bath. Ein milder Wind zieht durch die Gassen der südwestenglischen Kurstadt, die wegen ihrer historischen Architektur zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Vor dem Jane-Austen-Center stehen zahlreiche Touristen. Viele posieren für ein Foto neben einer lebensgroßen Figur der Schriftstellerin, die in Bath einige Jahre ihres Lebens verbracht hat, von 1801 bis 1806.

Jane Austens Erbe in Bath: Ein jährliches Festival

Bis heute wird die ehemalige Bewohnerin verehrt. Jährlich findet in ihrem Angedenken ein Festival statt. Dann stehen unter anderem Kostümumzüge, Tanzabende, Vorträge und Führungen auf dem Programm. Eine Audiotour führt zu Stationen ihres Aufenthalts. In diesem Jahr wird Austen, deren Romane heute zur Weltliteratur zählen, besonders ausgiebig gefeiert: Ihr Geburtstag jährt sich zum 250. Mal.

Berühmt wurde Austen mit Romanen wie „Stolz und Vorurteil“, „Emma“ oder „Verstand und Gefühl“, auch bekannt als „Sinn und Sinnlichkeit“. Darin schildert sie die ständische Gesellschaft ihrer Zeit, in der Herkunft und Heirat über das Leben – besonders das der Frauen – bestimmten. Sie tat dies mit Ironie und psychologischem Gespür.

Doch auch wenn sich Bath an diesem Sonntag von seiner besten Seite zeigt, Austen selbst mochte die Stadt nicht leiden. Als sie 1801 im Alter von 25 Jahren mit ihrer Familie dorthin zog, schrieb sie in einem Brief an ihre ältere Schwester Cassandra, dass ihr „erster Blick auf Bath bei schönem Wetter“ enttäuschend gewesen sei. „Die Sonne war hinter allem verschwunden“, schrieb sie, und der Anblick der Stadt „bestand nur aus Dunst, Schatten, Rauch und Verwirrung.“ Austen fühlte sich in Bath nie wohl. Die Gesellschaft erschien ihr oberflächlich, das Stadtleben einengend.

Ausstellung: Jane Austen & Bath

Zu finden ist dieses Zitat in der Ausstellung im „Museum No. 1 Royal Crescent“ in einem georgianischen Stadthaus in der Kurstadt. Die Schau mit dem Titel „Der langweiligste Ort der Welt: Jane Austen & Bath“ setzt sich explizit mit der negativen Haltung der Autorin gegenüber der Stadt auseinander.

„Bath ist bekannt für Jane Austen – und praktisch jede Institution hier, auch wir, profitiert von diesem Ruf“, sagt Kuratorin Izzy Wall. „Aber die Wahrheit ist: Sie mochte das Leben hier nicht.“ Und sie hatte „wenig Schmeichelhaftes über die Stadt geschrieben.“

Im Jane-Austen-Centre, das auch an diesem Sonntag viele Fans der Autorin anzieht, wird deren kritische Haltung gegenüber Bath nur am Rande gestreift.

Im Mittelpunkt steht das Eintauchen in ihre Welt: Besucher schlüpfen in historische Kleidung – von kurzen Damenjacken im Stil der Zeit und Bonnet-Hauben bis zu Fräcken, Westen und Zylindern –, schreiben mit der Feder oder lassen sich mit lebensgroßen Figuren ihrer Romane fotografieren. Eine Schauspielerin in hellblauem Regency-Kleid führt durch das Leben der Autorin, von den Jahren in Bath bis zu ihren literarischen Erfolgen.

Geboren 1775, wuchs Austen in der ländlichen Idylle von Hampshire auf. Ihr Vater war Pfarrer, ihre Mutter stammte aus einer angesehenen Familie mit adligen Wurzeln und schrieb gelegentlich Gedichte. Beide förderten Janes literarisches Talent. Austen entwickelte so schon früh ihren eigenen Stil und arbeitete in ihren Zwanzigern an den ersten Fassungen unter anderem von „Verstand und Gefühl“ und „Stolz und Vorurteil“.

Austens unfreiwilliger Umzug nach Bath

Als ihr Vater sich 1801 zur Ruhe setzte und die Familie deshalb nach Bath übersiedelte, war Austen tief getroffen. Einer Anekdote zufolge soll sie sogar in Ohnmacht gefallen sein, als sie die Nachricht vom Umzug erhielt. In Bath kam ihre schriftstellerische Arbeit weitgehend zum Erliegen. Trotz der kreativen Flaute war Austens Zeit in Bath keineswegs fruchtlos: „Die Skandale und Oberflächlichkeiten der Stadt nährten Austens Zynismus und Witz. Nichts entging ihrem scharfen Blick“, schreiben die Ausstellungsmacher.

Der Titel der Ausstellung in Bath stammt aus einem Zitat in „Die Abtei von Northanger“: „Für sechs Wochen, gestehe ich, ist Bath ganz angenehm. Aber darüber hinaus ist es der langweiligste Ort der Welt.“

Austen verließ Bath 1806 und zog zunächst nach Clifton nahe Bristol, dann nach Chawton, einem Dorf im Süden Englands. Sie begann wieder zu schreiben und vollendete ihre berühmtesten Werke.